Mobile Payment in Deutschland (3): Wie schnell wird der Markt wachsen?

Instore Payments

Die Nutzung von Proximity Mobile Payment in Deutschland ist noch sehr gering. Nicht mal die „Early Adopters“ haben die Vorteile bereits entdeckt, sondern vielmehr testen die „Innovators“ erst mal die verfügbaren Services. Dies war das Fazit des letzten Artikels in dieser Serie. Kann aber trotz allem ein Wachstum des Mobile Payment Marktes erwartet werden und wann genau?

Wachstum nach unten korrigiert

Es mangelt nicht an beeindruckenden Prognosen für den Mobile Payment und Mobile Wallet Markt. Kein Wunder, dass so manches Unternehmen ein Eldorado für die Geschäftsfelderweiterung entdeckt hat. Aber bislang konnten die Vorhersagen oftmals nicht ihre Versprechen halten. In 2013 hat so manches Analystenhaus seine Erwartungen für die nächsten Jahre deutlich nach unten korrigiert, Gartner beispielsweise reduzierte seine Prognose für NFC-Bezahldienste in 2017  um 40%. Die Verfügbarkeit der notwendigen Infrastruktur auf Konsumenten- sowie Händlerseite entwickelt sich deutlich langsamer, als ursprünglich antizipiert.

Aber jetzt: Bald geht’s los

Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben: die Zukunftskurven bleiben sehr vielversprechend, nur die Zeitachse sollte man wohl weiterhin besser mit einem vernebelten Blick betrachten.

Weltweite Wachstumszahlen sind oft wenig hilfreich, vermengen sie doch zu viele Märkte wie Asien, Afrika, Amerika, Westeuropa, Osteuropa, usw. in ein Gemisch aus Äpfel, Birnen und Pflaumen.

Folgend also ein Blick auf einzelne Regionen:

USA: Business Insider veröffentlichte kürzlich Zahlen zu den erwarteten Instore Mobile Payments und kommt bis 2018 auf ein signifikantes Wachstum.

Auch wenn die Zahl von 189 Mrd. US$ für 2018 sich im Vergleich zu Desktop  oder mCommerce (eCommerce über mobile Endgeräte) Payments bereits sehen lassen kann, ist sie im Vergleich zum gesamten stationären Handel immer noch klein. Javelin Strategy hatte im letzten Jahr ein Prognose vorgestellt, die für 2018 5,4 Mrd. US$ Instore Proximity Payments und somit einen Anteil von 0,13% am gesamten POS Einkaufsvolumen beträgt. 189 Mrd. dürften damit immer noch unter 5% liegen.

Forrester schätze im letzten Jahr das Marktvolumen für Proximity Payments in den USA für 2017 auf 41 Mrd. US$. Die Abweichungen der Zahlen bleiben also erheblich! Man ist sich aber einig über die Form der Wachstumskurve, die dieser Jahre sachte startet und bis 2020 überproportional abhebt.

Europa: Eine Wachstumskurve in gleicher Form hatte das Research Center for Financial Services der Steinbeis-Hochschule Berlin in Berlin bereits in 2012 in seiner Studie „Mobile Payment – wohin geht die Reise? Chancen und Risiken für Marktteilnehmer in Europa“ (siehe auch mz Studiendatenbank) berechnet. Diese beinhaltet neben Proximity Mobile Payments allerdings auch Remote Mobile Payments für 42 europäische Länder:

Deutschland: Im Juli 2014 veröffentliche PricewaterhouseCoopers eine Analyse des Mobile Payment Marktes in Deutschland (s. a. auch mz Studiendatenbank) in der die Anzahl der erwarteten Nutzer beziffert wird. Demnach haben in 2014 176.000 Konsumenten PayApps in Betrieb, bis 2020 soll diese Zahl auf über 11 Mio. Endverbraucher wachsen.

Show Stopper: Mangelnde Mehrwerte

Über das Wachstum ist man sich also einig. Mit welcher Geschwindigkeit dieses ansteigen wird, hängt mit Sicherheit auch von der Weiterentwicklung der PayApps ab. Die Anbieter sind gefordert, klare Mehrwerte für ihre Services aufzuzeigen und an den Endkunden und die Akzeptanzstellen (Händler) zu kommunizieren. Wie schnell diese Umsetzung erfolgen kann und welche Anbieter dazu in der Lage sein werden, bleibt heute noch im Nebel verborgen. Somit ist die Zeitachse der Prognosen – insbesondere für Deutschland – besser noch mit einem vernebelten Blick zu betrachten.

Gleichzeitig sollte jeder konservative Marktteilnehmer sich keine Hoffnungen machen, dass Mobile Payments, Wallets und Gedöns wieder verschwinden werden. So manche Traditionshändler hatten in der Vergangenheit prophezeit (bzw. sich gewünscht), dass eCommerce nur für einige Freaks geeignet ist und der Mensch immer lokal Einkaufen wird. 15 Jahre später wurden sie endgültig eines besseren belehrt: Menschen kaufen weiter lokal ein, aber die Umsatzrückgänge sind an vielen Stellen lebensbedrohlich geworden. So werden auch Zahlungsverfahren sich digitalisieren und auf unterschiedlichen mobilen Endgeräten, usw. ankommen. Es gibt keinen Weg zurück, es ist nur eine Frage der Zeit und der detaillierten Form.

Ein letzter Vergleich: auch die Umsatzkurve von Amazon sieht so aus wie die Prognosekurven für das Payment. Am Anfang flach, aber dann entwickelt sie sich mit Übermacht. Auffällig ist nur, dass sie zu Beginn länger flach bleibt, bevor sie abhebt.

Die Bruchstellen bedeuten Gefahr – das Ende für manchen Anbieter?

Jede Menge Mobile Payment Lösungsanbieter machen sich heute die Hoffnung, ihren Anteil an dieser Wachstumskurve abzubekommen. Wie viele am Ende übrig bleiben werden und tatsächlich ihr Kuchenstück verzehren können, bleibt fraglich. So  schätzt PwC in seiner oben genannten Studie, dass für Deutschland in 2020 nur noch 3-5 Anbieter übrig bleiben werden.

Der Rest wird in die tiefen Schluchten des High-Tech Marketing Models von Geoffrey A. Moore abstürzen (siehe vorheriger Artikel in dieser Serie). Und da Payment ein besonders komplexer und schwieriger Markt ist, sind schon in der Vergangenheit so einige Innovationsdurstige daran gescheitert. Mehr dazu in den folgenden Artikeln dieser Serie.

 

Alle bisher in den Mobile Payment Serien erschienen Artikel können hier aufgerufen werden:

Mobile Payment 2014 Serie: Übersicht aller Artikel

Mobile Payment SWOT 2013 (Serie)

Mobile Payment Update 2012 (Serie)

 

Über Maike Strudthoff 95 Artikel
Maike Strudthoff unterstützt Unternehmen Innovation neu zu denken, schneller zu agieren und sich konsequent auf den Nutzer-Kunden auszurichten. Ihr Schwerpunkt liegt auf digitalen Services sowie Commerce & Payment 4.0. Sie unterstützt seit über 8 Jahren Unternehmen in Europa, die Zukunft der Digitalisierung zu antizipieren und für sich zu gestalten – nahe am Kunden und mit schlanken Methoden (Design Thinking, Co-Creation, Lean Principles, …). Als Gründerin des JumpNext Netzwerks verbindet Maike Strudthoff Menschen mit unterschiedlichsten Perspektiven, um Inspiration für Neues entstehen zu lassen. Sie beobachtet und analysiert Innovationen und disruptive Unternehmen rund um die Welt. Sie trägt die Erkenntnisse in Workshops und Keynote Vorträgen weiter. Regelmäßig veröffentlicht sie Beiträge über Mobile Payment in Online und Offline Medien sowie Buchbeiträgen. Digitale Innovation ist nicht nur ihre Arbeit, sondern auch ihre persönliche Leidenschaft. Zuvor hat Maike Strudthoff 12 Jahre für eine führende Unternehmensberatung, in einer internationalen Bankgruppe sowie in einem Startup in London gearbeitet. Mehr über Maike auf XING, ihrer Website oder per Mail

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