Kampf der Plattformen aus Entwicklersicht (Teil 4)

Mobile Developer Tools Services Q

Zwei interessante Aspekte der „App-Ökonomie“ beleuchtet der vierte und letzte Teil unserer Serie zur Umfrage Developer Economics Q3 2013 von VisionMobile. Zum einen wird geklärt, wie wichtig Tools für den Erfolg einzelner Plattformen sind, zum anderen wird die Person der Mobile Developers selbst „durchleuchtet“. Zur Erinnerung: Teil 1 untersucht die Verbreitung der verschiedenen mobilen Plattformen, Teil 2 dreht sich um HTML5, und Teil 3 beantwortet die Frage, wie die Mobile Developer Geld verdienen.

Um die Entwicklung von Apps herum ist eine ganz neue Industrie mit hunderten Start-Ups entstanden, nämlich die Anbieter von Software Tools und Services für Mobile Developer. VisionMobile spricht von der „SDK Ökonomie“:

A storm of over 500 SDK startups and Enterprise IT incumbents, have emerged, starting in 2009, to help developers in everything from app prototyping and debugging, to user analytics, planning tools, and customer support.

Die Verfügbarkeit und die Qualität solcher Entwickler Tools sind mit entscheidend für den nachhaltigen Erfolg einer Plattform. Die Dynamik, die Smartphones und Apps auch in diesem angrenzenden Bereich jenseits der eigentlichen App oder mobilen Webseite ausgelöst haben, wird oft übersehen.

Professionalisierung der Softwareentwicklung und wirtschaftlicher Erfolg gehen Hand in Hand. Mag der einzelne, vor allem der noch unerfahrenere Mobile Entwickler, „seine“ App oder mobile Webseite noch ohne Tools entwickeln, pflegen und monitoren, kommt dies für den erfahrenen Entwickler und größere Unternehmen nicht mehr in Frage.

Effizienz und Effektivität von Plattformen basieren wesentlichen auf der Qualität und Quantität von Tools und Services. Letztlich setzen nur 14 Prozent der befragten Mobile Developer gar kein Entwicklungs Tool bzw. Service ein. Für Mobile Developer hat dabei laut Umfrage die Erfolgskontrolle die größte Bedeutung. Sie erst gewährt dem Mobile Developer bzw. seinem Auftraggeber Einblicke jenseits der reinen Downloadzahlen.

Immerhin fast ein Drittel der Mobile Entwickler setzen Cross-Plattform-Tools ein. Leider wird nicht näher aufgeschlüsselt, wie genau sich dies auf Tools wie PhoneGap, Sencha, Xamarin und RunRev aufteilt. Bei Cross-Plattform-Tools ist immer eine gewisse Skepsis angebracht, wie umfassend diese wirklich die unterschiedlichen Styles und APIs der Plattformen abbilden.

Eine geringe Rolle spielt für Mobile Developer das sogenannte Backend as a Service, also ein Dienst, der eine Entwicklungsumgebungen und weitere Ressourcen in der Cloud bereit stellt. Dies ist laut VisionMobile vor allem deshalb bemerkenswert, weil sich in diesem Toolbereich immerhin 48 Anbieter tummeln, diese aber offenbar auf eine vergleichsweise  geringere Nachfrage treffen.

VisionMobile hat die Toolnutzung darüber hinaus nach mobilen Plattformen aufgeschlüsselt. Auch hier zeigt sich wieder das übliche Bild: Die iOS Entwickler setzen am eifrigsten auf Tools. Dies mag ein Zeichen der hohen Professionalisierung gerade unter den iOS Entwickler sein und/oder auch ein Zeichen für die Qualität und Quantität der Tools für iOS.

Im Ergebnis verschafft dies jedenfalls der Plattform iOS aus Sicht von VisionMobile einen weiteren Wettbewerbsvorteil:

In today’s hyper-competitive app economy, developers can’t innovate without a supporting 3rd party tool ecosystem. In this economy, iOS developers have a clear advantage as being most advanced in tool use, and therefore having the infrastructure to innovate and differentiate.

Zum Abschluss dieser Serie noch ein Blick in die Seele der Mobile Developers. Oder jedenfalls auf seine Motivation und damit verbunden die Frage aus Sicht der Hersteller, wie sie Mobile Developer für ihre Plattform gewinnen können.

VisionMobile hat dafür eine eigene Typologie entwickelt, die sich an den Ergebnissen bzw. den Zielen der Entwickler orientiert. Normalerweise clustern andere Studien nach technischen Fertigkeiten, Positionen oder ähnlichem. VisionMobile orientiert sich bei seiner Clusterung nach eigener Aussage an der Jobs to Be Done Methodik des Havard Professors Clayton M. Christensen.

Auf diese Weise identifiziert VisonMobile insgesamt acht verschiedene Mobile Developer Typen: the Hobbyists, the Explorers, the Hunters, the Guns for Hire, the Product Extenders, the Digital Content Publishers, the Gold Seekers and the enterprise ITdevelopers. Daraus wiederum bildet VisionMobile drei Cluster, die jeweils den Plattformen zugeordnet werden.

Weiterhin hat VisionMobile die Mobile Developer direkt nach ihrer Motivation gefragt. Offenbar ist es auch im Jahr 2013 immer wieder bzw. immer noch notwendig zu unterstreichen, dass Geld nicht der Motivator ist, um Menschen dauerhaft für sich zu gewinnen. Weshalb Hersteller, die in erster Linie versuchen Mobile Developer über monetäre Anreize auf ihre Plattform zu locken, keinen nachhaltigen Erfolg haben werden.

Wer es noch ausführlicher haben möchte, kann bei VisionMobile kostenpflichtig die Studie Developer Segmentation erwerben.

Damit endet unsere kleine Serie zu den Developer Economics Q3 2013. Bestätigt hat die Studie die nach wie vor sehr starke Stellung von iOS. Daran können offenbar auch die eigentlich erdrückenden Verkaufszahlen von Android nichts ändern, jedenfalls nicht kurzfristig. Wenig bis kein Platz bleibt in nächster Zeit für weitere Plattformen. Hier hilft Microsoft und Co. nur Geduld und ein langer Atem, der zumindest BlackBerry gerade auszugehen scheint.

Über Jörg Ruwe 8 Artikel
Jörg Ruwe ist Experte für Digitale Strategien und hilft Unternehmen, ihren erfolgreichen Weg in das mobile Internet zu gehen. Er ist selbstständiger Berater und kennt den Mobile Markt seit den ersten Gehversuchen mit WAP im Jahr 1999. Unter anderem als Management Consultant für Kienbaum und zuletzt als Geschäftsführer von Sevenval hat er in über 200 Projekten erfolgreich digitale Geschäftsfelder erschlossen für namhafte Unternehmen aus Industrie, Medien, Handel und Finanzen.

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