Mobilfunk-Zukunft 5G nicht flächendeckend: Netzagentur legt sich fest

4G würde demnach als Standard völlig ausreichen

Die Mobilfunk-Zukunft heißt 5G. Doch Politiker der CDU sehen das anders.
Foto: pexels

Mobilfunk-Zukunft sieht anders aus. Eine Äußerung der Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat eine heftige Kritikwelle ausgelöst. 5G wäre demnach sicher nicht überall in Deutschland erforderlich. Genauer sagte die Politikerin, dass nicht an jeder Milchkanne 5G nötig sei. Dies hat nicht nur in der Opposition, sondern auch in Karliczeks eigener Partei für Unverständnis gesorgt. Bernd Althusmann (CDU) widersprach seiner Kollegin und sagte aus, die Zukunft sei digital, in jedem Bereich. Auch im ländlichen Raum. Landesweit hat Karliczeks Aussage ein Medienecho ausgelöst, ob sich Deutschland hier in Sachen Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit selbst ein Bein stelle.

Aber Karliczeks Position ist keinesfalls einseitig. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) befürwortete die Aussage der Bildungsministerin. In einem ZDF-Interview sagte Braun aus, dass es zwar wichtig sei, dass jeder Haushalt und jeder Straßenabschnitt mit Mobilfunk versorgt sei, man aber hier nicht von 5G sprechen würde. Genauer gehe es darum, 4G zu etablieren, also LTE. Dieser Standard, genauer die Größenordnung 450 Mbit/s, wäre laut Braun flächendeckend verfügbar. Zudem würde dies für Wirtschaft, Haushalte und Bürger ausreichen, um Telefonie und klassische Smartphone-Anwendungen anzuwenden.

Gebremste Mobilfunk-Zukunft

Brauns Aussage liefert noch mehr Anlass zur Kritik als Anja Karliczeks Milchkannen-Metapher. Zum einen ist eine Flächendeckung von 450 Megabit pro Sekunde, wie von Braun dargestellt, keinesfalls gegeben. Ballungsregionen wären versorgt, ländliche Regionen würden aber sicher nicht die volle Kapazität von 450 Mb/s erreichen. Zum anderen, und das wiegt schlimmer, verkennt Braun, dass 5G weit mehr als ein neuer Mobilfunkstandard ist. Vielmehr geht es um Deutschlands Position als Technik-Standort der Zukunft. Neue Technologien sind zwingend auf ein verbessertes Netz angewiesen, um erfolgreich zu sein: Autonomes Fahren, Smart Cities und Industrie 4.0 (Siehe: 5G: Die Mobilfunk-Zukunft steht auf wackeligen Beinen).

Bundesnetzagentur legt jetzt den Weg fest

Am gestrigen Montag hat die Bundesnetzagentur die Vergaberegeln für den Mobilfunk-Standard 5G definiert. Demnach ist der Weg frei für die Auktion der Frequenzen. Ob diese auch einen schnellen und bedarfsgerechten Ausbau der Mobilfunknetze in Deutschland ermöglicht, bleibt abzuwarten. Der Beirat stimmte mit einer Mehrheit von 23 Ja zu 7 Nein Stimmen für die 5G-Vergaberegeln (Siehe unten). Telekommunikationsunternehmen müssten ihre Netze demnach nicht für nationales Roaming öffnen. Dennoch hat die Bundesnetzagentur sie verpflichtet, mit den Wettbewerbern eine technische und vertragliche Kooperation einzugehen. Im Frühjahr 2019 soll die Frequenzauktion starten. Die Abdeckung mit dem schnellen mobilen Internet soll bis Ende 2024 erfolgt sein. Gerade für die Wirtschaft spiele 5G eine immense Rolle, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Für Privatkunden wäre allerdings weiterhin 4G (LTE) ausreichend, da die meisten Anwendungen ohnehin nur auf dem Standard laufen würden. 5G-fähige Phones gäbe es eh nicht auf dem Markt. Vor 2020 würde es auch nicht 5G-Verträge in Deutschland geben.

Ein flächendeckender 5G-Ausbau ist somit aktuell passé. Es ist auch nicht vorgesehen, dies zu erreichen. Mindestens 98 Prozent der Haushalte sollen bis Ende 2022 Zugang zu schnellen Mobilfunk haben. Deutschland wird demnach weiterhin ein Mobilfunkland mit Funklöchern bleiben.

Die Bundesnetzagentur beabsichtigt, den erfolgreichen Bietern der anstehenden Frequenzversteigerung nachstehende Versorgungsverpflichtungen aufzuerlegen:

  • Der flächendeckende Ausbau des Mobilfunks soll verbessert werden durch:
    • Versorgung von 98% der Haushalte in jedem Bundesland mit einer Übertragungsrate von mindestens 100 Megabit pro Sekunde im Antennensektor bis Ende 2022. D.h. eine Versorgung allein an der Antenne reicht nicht aus (bisher 50 Mbit/s).
    • Versorgung der Verkehrswege mit symmetrischen Auflagen:
    • Bundesautobahnen mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde bis Ende 2022 und Erweiterung um Vorgabe zur Latenz (10 ms), d.h. ein klares Signal für die 5G Zukunft.
    • Wichtigsten Bundesstraßen mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde bis Ende 2022 und Erweiterung um Vorgabe zur Latenz (10 ms).
    • Alle übrigen Bundesstraßen mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde bis Ende 2024 und Erweiterung um Vorgabe zur Latenz (10 ms).
    • Alle Land- und Staatsstraßen mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde bis Ende 2024. Auf Landstraßen ist die Verkehrsdichte i.d.R. geringer als auf Autobahnen und Bundesstraßen. Da sich die Nutzer die angebotene Datenrate teilen, ist die Versorgung je Nutzer auf Fernstraßen und Landstraßen vergleichbar.
    • Wasserstraßen (Seehäfen sowie das Kernnetz im Binnenbereich) mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde bis Ende 2024.
    • Schienenwege mit mehr als 2000 Fahrgästen pro Tag mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde bis Ende 2022. Die Orientierung am Fahrgastvolumen statt an Zugtypen (z.B. ICE) stellt sicher, dass der Nahverkehr einbezogen wird.
    • Alle übrigen Schienenwege mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde bis Ende 2024.
  • Jeder Netzbetreiber muss 1000 Basisstationen für 5G-Anwendungen im Bereich 3,6 GHz grundsätzlich bis Ende 2022 aufrüsten. Wird geeignete 5G-Technik erst später verfügbar, verschiebt sich die Frist auf 2024.
  • Aufbau von Basisstationen für den ländlichen bzw. unwirtschaftlichen („weiße Flecken”) Raum mit 500 Stationen pro Netzbetreiber mit einer Übertragungsrate von mindestens 100 Mbit/s bis Ende 2022. Die Auswahl der Standorte erfolgt auf Anforderung der Bundesländer (Weitergabe der Bedarfe der Gemeinden), ggf. unterstützt durch Auswertung der „Funkloch-App”.
  • Für Neueinsteiger gilt eine abweichende Versorgungsauflage. Diese haben
    • bis Ende 2023 mindestens 25 % der Haushalte und
    • bis Ende 2025 mindestens 50 % der Haushalte zu versorgen.
  • Neueinsteiger, die nur Frequenzen bei 3,6 Gigahertz erwerben, haben bis Ende 2025 mindestens 25 % der Haushalte zu versorgen.
  • Neueinsteiger, die Frequenzen bei 3,6 Gigahertz erwerben haben bis Ende 2022 1000 Basisstationen für 5G-Anwendungen in Betrieb zu nehmen.
  • Anrechnung der Versorgungsauflagen bei Verkehrswegen (ausgenommen Bundesautobahnen). Die Anrechnung der Versorgung durch andere Mobilfunknetzbetreiber sowie die erweiterte Kooperationsmöglichkeiten führt dazu, dass nicht jeder Netzbetreiber sämtliche Auflagen allein durch den physischen Ausbau seines eigenen Netzes vollständig umsetzen muss.
  • Wir erwarten und fördern Kooperationen der Mobilfunknetzbetreiber beim Ausbau der modernen Netze durch:
    • Verankerung eines Verhandlungsgebots bei
      • National Roaming
      • Diensteanbieterregelung
      • Überlassung von ungenutzten Frequenzen im lokalen Bereich, sofern dies technisch möglich und eine störungsfreie Frequenznutzung sichergestellt ist
      • Infrastruktur-Sharing
    • Schärfung der Schiedsrichterrolle der Bundesnetzagentur. Die Verhandlungen müssen diskriminierungsfrei sein.
    • Bei klaren Fällen von Diskriminierung eines Diensteanbieters gegenüber dem eigenen Vertrieb, wird die Bundesnetzagentur ihre gesetzlichen Möglichkeiten, Zwangs- und Bußgelder zu verhängen, ausschöpfen, um das Prinzip der Diskriminierungsfreiheit durchzusetzen.

Auszug aus Präsidentenkammerentscheidungen III und IV (Stand 15.11.2018)

Über Carsten Thomas 236 Artikel
Autor und Gamingnerd. Stets interessiert an Tech-Innovationen, Medienwandel und Technikutopien. Redakteur bei mobile zeitgeist.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


Ich bestätige, dass die hier von mir eingegebenen persönlichen Daten in der von mobile zeitgeist genutzten Datenbank bis auf Widerruf gespeichert werden dürfen.