5G: Die Mobilfunk-Zukunft steht auf wackligen Beinen

Der neue Mobilfunknetz-Standard als Antreiber der digitalen Zukunft?

5G als Mobilfunkstandard weckt viele Hoffnungen für das digitale Zeitalter
Quelle: pixabay, Carina Krammer

Ein schnelleres Mobilfunknetz ist der Traum von Politik und Wirtschaft. Der Standard 5G soll laut Koalitionsvertrag Deutschland weltweit an die Spitze der digitalen Infrastruktur befördern und endlich alle Funklöcher beseitigen. Doch aktuelle Entwicklungen deuten daraufhin, dass es vielleicht noch länger ein Traum bleiben wird.

In einem schönen, neuen Deutschland im Jahr 2022 soll 5G bei optimalen Bedingungen 20 Mal schneller Daten übertragen können als das aktuelle LTE-Netz und dabei zugleich nur ein Tausendstel der Energie pro übertragenem Bit verbrauchen. Mindestens 98 Prozent aller Haushalte sollen so mit nicht weniger als 100 Megabit pro Sekunde versorgt werden. Und dies wohlgemerkt deutschlandweit, sowohl in der Großstadt als auch auf dem Land.

Kanzleramtschef: “5G ist unfassbar teuer”

So zumindest stellen sich viele in der Politik die Zukunft vor. Doch gerade aus deren Mitte kommt nun Ernüchterung. Kanzleramtschef Helge Braun sagte, dass sich ein flächendeckender Ausbau als “unfassbar teuer” gestalten würde. Das ist leider keinesfalls übertrieben. Der weitläufige Breitbandausbau wird einerseits sicher einiges an Zeit beanspruchen, andererseits reichen die Kostenkalkulationen von immens bis unmöglich. Laut Teleónica wäre ein nach bisheriger Datenübertragungsrate von 300 MBit/s diskutierter 5G-Ausbau für 200.000 Mobilstandorte mit 76 Milliarden Euro Kosten praktisch unbezahlbar.

Auch der Plan des Bundes, durch Auktionen von Mobilfunknetzen im Frühjahr 2019 zwölf Milliarden Euro in die Kasse zu spülen, scheint nicht realistisch zu sein. Demnach dürften die Einnahmen sehr viel geringer ausfallen, da die Bundesnetzagentur viele Auflagen gegenüber den Netzbetreibern wie Telekom, Vodafone und Telefonica aufgesetzt hat.

5G als Antriebsfaktor für die digitale Zukunft

Das heißt im Endeffekt, dass ca. zwei Prozent an Haushalten verbleiben werden, die vorerst weiterhin mit ihren Funklöchern leben müssen. Dabei handelt es sich insbesondere um Standpunkte in ländlichen Gebieten, die schwer zugänglich sind. Weiterhin erscheinen aktuelle Kostenberechnungen astronomisch und ob die Funktionalität später wirklich gleichmäßig gegeben sein wird, scheint auch nicht sicher. Nur in einer Sache sind sich alle Befürworter einig. Der Mobilfunknetz-Standard 5G muss erreicht werden, insofern man die digitale Zukunft mit all ihren Teilbereichen weiter gestalten möchte. Denn vom Erfolg von 5G hängen viele technologische Innovationen ab.

Autonomes Fahren

Insbesondere Autobahnen und Bundesstraßen müssen 5G-fähig werden, da dies die Basis für das autonome Fahren bedeutet. Damit das Auto einfach von selbst fährt und man sich nicht über Staus, Routen und risikoreiche Verkehrs-Situationen Gedanken machen muss, ist eine hochkomplizierte Technik nötig. Diese muss jederzeit einwandfrei funktionieren, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten. Computer-gesteuerte Fahrzeuge müssen sich gegenseitig frühzeitig erkennen und ihre Absichten per Sensoren übertragen. Dies kann nur mit einem schnellen, störungsfreien Netz erfolgen, das immense Datenmengen stemmen kann.

Games-Streaming

Spotify und Netflix haben es vorgemacht, die Gaming-Industrie will nachlegen. Ziel ist es, neue, hochwertige Games allein über die Cloud verfügbar zu machen, die dann gestreamt werden. Grafisch opulente und rechenleistungs-hungrige Videospiele sind auf eine hohe Datenbandbreite angewiesen. Game-Streaming steckt noch in den Kinderschuhen, für neuen Aufschwung sorgt gerade Google, das mit seinem angekündigten Streaming-Dienst Project Stream einen ersten Schritt in Richtung Cloud Gaming unternommen hat. 5G wird auch hier Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg cloudbasierter Games als auch Virtual und Augmented Reality Spiele werden.

Smart Cities

Gerade in Hinblick auf infrastrukturelle Veränderungen in der Stadt sowie öffentlichen Einrichtungen und Verkehr ist ein 5G-Netzwerk unerlässlich. Nur mit überdurchschnittlich hohen Daten-Kapazitäten lässt sich eine Smart City realisieren. Dies umfasst beispielsweise intelligente Ampelschaltungen, Verkehrsschilder und Straßenlaternen, um den Verkehrsfluss automatisch zu steuern und zu optimieren. Dank einem intelligenten Stromnetz können Ressourcen eingespart und besser reguliert werden.

Industrie 4.0

Die vierte Industrielle Revolution umfasst die Verbindung industrieller Produktionsabläufe mit der Informations- und Kommunikationstechnologie. Digital vernetzte Systeme, bei denen Mensch, Maschine und Anlagen zusammen arbeiten und koopieren, verschmelzen zu einer selbstorganisierten Produktionskette. Dabei sind sowohl der Mensch durch seine Geräte wie Laptop oder Tablet als auch die Anlagen-Maschinen mit Chips und Sensoren miteinander orts- und zeitunabhängig vernetzt. So sieht zumindest die Idealvorstellung aus, die einige Digital Player bereits erfolgreich etabliert haben. Doch damit dies alles wirklich in Echtzeit funktioniert, braucht es abermals den 5G-Standard und dessen Kapazitäten.

Der Bedarf muss gegeben sein

Im Moment bewegt sich also etwas, doch steht noch viel Arbeit bevor, bis der 5G-Standard so erreicht werden kann, wie es sich viele ausmalen. Neben den beschrieben Hürden sorgt der Kunde selbst für ein Problem. Während einige User sich stets über das verbesserungswürdige Mobilfunknetz in Deutschland ärgern, kommen viele Menschen aktuell sehr gut mit den Leistungen von 4G zurecht. Für diese sind die gegenwärtigen Übertragungsgeschwindigkeiten ausreichend, um ihre Alltags-Anwendungen zu benutzen. Insofern sich dieser Zustand durch leistungsstarke Technologien und Anwendungen in Zukunft ändert, wird die Nachfrage nach 5G größer werden.

Quellen:

Sueddeutsche, 19.09.18

Businessinsider, 05.10.18

Deutschlandfunk, 17.09.18

aiomag, 24.09.18

t3n, 01.09.18

Über Carsten Thomas 236 Artikel
Autor und Gamingnerd. Stets interessiert an Tech-Innovationen, Medienwandel und Technikutopien. Redakteur bei mobile zeitgeist.

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