Es ist wieder Zeit für eine Status-Analyse des mPayment im Deutschland. Schon in 2012 und 2013 habe ich im Juli in meine Geldbörse geschaut und gefragt, was nun bald alles in mein Smartphone wandern wird. Es sind Unternehmen der Größten und Besten zum Wettkampf angetreten, um meine Geldbörse bald überflüssig zu machen.
Den Sieger des letzten Fußball-WM-Wettkampfs kennen wir. Aber wie sieht es in 2014 im Mobile Proximity Payment aus? Gibt es bald Sieger und Verlierer?
Die Voraussetzungen für den Wettkampf scheinen à priori gut:
- Es gibt jede Menge Fans, d. h. Smartphone-Besitzer, die das Haus nicht mehr ohne Internet in der Hosentasche verlassen. 55% der Deutschen verfügen über ein Smartphone, 35% verbinden sich unterwegs mit dem Internet[1].
- Die Stadien brauchen Besucher, d. h. der Handel ist unter Druck: ¾ der Einzelhändler spüren sinkende Kundenfrequenzen an ihren Standorten (HDE Handelskonjunkturindex – siehe Grafik). Unter den kleinen und mittelständischen Händlern mit Innenstadtlagen beklagen sich 60% über Frequenzrückgänge (ECC Köln). Zudem prognostiziert das IHF Institut für Handelsforschung einen Umsatzrückgang von 10% bis 2020. So manche arbeiten daher zum Ausgleich mit Hochdruck an der Multichannel-, nein Crosschannel- bzw. Omnichannel-Umsetzung. Spätestens zur Letzteren gehören auch innovative mobile Services.
- Die Wettkampf-Teams haben trainiert, d. h. die Lösungsanbieter stehen bereit und überschlagen sich mit immer mehr neuen Funktionen in ihren Mobile Payment Lösungen bzw. Mobile Wallets. Eine vollständige + aktuelle Liste der Anbieter am deutschen Markt zu erstellen, ist fast unmöglich bei den ständigen Veränderungen – Jochen Siegert hatte in seinem Artikel im Mai 28 Anbieter gezählt.
Endspiel oder noch eine Vorrunde?
Geht der Wettkampf um die deutschen Ledergeldbörsen nun bald in die Endrunde und die Sieger werden im goldenen Glitter-Konfetti freudestrahlend feiern? Gibt es nun bald Klarheit, welche Mobile bzw. Crosschannel Zahlungsmittel zu den besten der Welt bzw. in Deutschland zählen und von den Fans in Massen beklatscht werden?
Ein Blick in meine Ledergeldbörse im Sommer 2014 verrät: Die sieht immer noch so aus wie letztes Jahr und wie vorletztes Jahr. Leichter ist sie bestimmt nicht geworden. Vielmehr könnten eine Reihe Plastikkarten hinzugekommen sein, die sich mit den Bezahl-Stickern ergänzen, die ich auf mein Handy kleben soll (aber nicht schön finde). Um auf meinen alltäglichen Wegen zahlungsfähig zu sein, kann ich heute noch auf keine der Karten bzw. das Bargeld verzichten.
Jetzt ein Blick in mein Handy: AHA! Hier ist so einiges passiert im letzten Jahr. Da befinden sich Apps mit Namen wie Orange Cash, die aber auch MyWallet, SmartPass, BASE Wallet oder so ähnlich heißen könnten. Apps von PayPal, Yapital, PowaTag, Netto, Edeka, La Brioche Dorée, McDo, RMV, Bahn, MyTaxi oder Startups wie SQWallet, PayCash, Paymey, paij, secucard, Veropay, usw. Diese Apps helfen mir Dinge zu bezahlen, die ich in der realen Welt entdecke, kaufe, nutze. Die Aufzählung ist natürlich nicht vollständig, das Reservoir der Möglichkeit ist unübersichtlich groß und wächst stetig. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Online, Mobile und Offline immer weiter.
Es lässt sich also feststellen:
- 2012 war das Jahr der vollmundigen Ankündigungen. Sozusagen die Vorbereitungsphase auf das Turnier.
- 2013 wurde es ernst, die Mobile Payment Lösungen sind am Markt bzw. auf dem Turnierplatz gestartet. Der Anpfiff zu den Vorrundenspielen ist erklungen.
- Ist 2014 das Jahr der Endspiele? Es sieht nicht so aus. Vielmehr scheint es, dass die Vorrunde wiederholt werden muss, da die Fans verpasst haben, zum Spiel zu kommen.
Sommer-Serie Mobile Payment in Deutschland
Auch dieses Jahr soll es auf mobile zeitgeist wieder eine Serie zum Mobile Payment Status geben. In den nächsten Wochen möchte ich hier näher beleuchten, wo der deutsche Markt heute steht und auch einige Blicke über die Grenzen werfen. Es sollen die positiven Entwicklungen analysiert werden, ebenso wie die enttäuschten Erwartungen, die enormen Herausforderungen und potentielle Lösungsansätze. Insbesondere möchte ich auch aus der Perspektive der Nutzer (Konsumenten sowie Händler) näher darauf eingehen, wo Mehrwerte aufzuspüren sein könnten. Wie immer freue ich mich über jedes Feedback, zusätzliche Inputs oder Perspektiven, die diese Serie anreichern können. Please join the conversation!
Das letzte Wort
Natürlich muss zu Beginn einer solchen Serie die Definitionsfrage beantwortet werden, damit wir uns alle einig sind, worüber wir diskutieren. Der Fokus dieser Serie liegt wieder auf „Mobile Proximity Payment“ bzw. die Mindestanforderung an die analysierten Zahlungsverfahren ist die Fähigkeit, dass Produkte oder Leistungen in einem Offline-Kontext (stationäre Geschäfte, Restaurants, Taxis, etc. ) bezahlt werden können.
Hier der Link zu der Mobile Payment bzw. Mobile Wallet Definition aus dem letzten Jahr, die weiterhin gültig ist.
Eine weitere Definition des Mobile Wallet von Dr. Matthias Terlau ist gestern auf mz erschienen und kann hier gelesen werden.
[1] Quelle: Bitkom, 55% der Deutschen nutzen Smartphones 6/2014, 35% verbinden sich unterwegs mobil mit dem Internet 3/2014.
Hallo Maike
der humoristisch-sarkastische Unterton deiner Analyse trifft die Situation recht gut. So ist es doch erstaunlich, dass es selbst einem „gestandenen Newcomer“ wie Yapital nicht gelingt seine Lösung in der Breite durchzusetzen ganz zu schweigen von den vielen innovativen Start-Ups oder lustigen Versuchen des „Bezahlens-mit-Gesichtserkennung“ a la Paypal.
Der Markt ist also weiter fragmentiert als noch im Jahr zuvor ( die Zeite der Vorrundenspiele ist noch längst nicht vorbei … ). Auch das Auftauchen möglicher Gamechanger wie bsw. Powa Tag ändert das nicht. Meines Erachtens wird in dem Umfeld noch viel zu viel technologisch gedacht und zuwenig in konkrete Projekte mit Consumer Experience & zu entwickelnden Ökosystemen zwischen Providern / Handel etc. gesteckt. Der Hauptgrund ist die vielverbreitete, lustige Auffassung: der Nutzen ist doch sonnenklar und deshalb muss sich die Lösung wie „geschnitten-Brot verkaufen“.
Irgendwie scheinen da einige Teams auf den Last-Man-Standing Effekt zu hoffen.