mobile zeitgeist: Ein großes Problem ist das Auseinanderlaufen der Zuständigkeiten zwischen der benötigten Hardware und einem entsprechenden Bildungsplan. Die technik-Verantwortung liegt beim Schulträger, dem Land obliegt die inhaltliche Zuständigkeit, die Schule bzw. Lehrer/innen zeichnen für die pädagogisch-didaktische Umsetzung verantwortlich. (Quelle: https://www.digitalisierung-bildung.de/2018/12/07/digitalisierung-in-schule-und-unterricht-ein-zwischenfazit/) Es muss daher immer auf drei Ebenen gearbeitet werden, die häufig erst am Ende mit einander verbunden werden. Und so kann es sein, dass eine Schule entweder in der Beschaffung, der Konzeption oder in der Ausbildung der Lehrer Defizite hat und somit ein weiterer Entwicklungsschritt verzögert wird. Welche Möglichkeiten gäbe es hier, um die Entwicklung zu homogenisieren?
Simone Fleischmann: Alles zu homogenisieren, zu parallelisieren und zu vereinheitlichen wird nicht klappen und es ist mehr als fraglich ob das wünschenswert ist. Was wir brauchen ist eine gute kooperation zwischen den einzelnen Ebenen, da hakt es auch im Jahr 2019 noch. Gleichzeitig benötigen die Schulen vor Ort endlich konkrete Aussagen, auf die sie sich verlassen können. Das Hin und Her in der Diskussion, z.B. um den Digitalpakt, bringt keinen weiter. Wir brauchen verbindliche Zusagen und konkrete Maßnahmen, damit die Schulen und die Lehrerinnen und Lehrer sich weiter auf den Weg machen und auch konkret umsetzen können was die Digitalisierung an chancen bietet. Ein Rumgeeiere zwischen Bund und Ländern brauchen wir nicht länger. Sonntagsreden zur digitalen Bildung helfen nicht – die Realität an den Schulen muss sich verändern können. Die Technik an den Schulen, der Support im Umsetzungsprozess und die Kompetenzen der Kolleginnen und kollegen: das sind die drei Säulen, die es gilt jetzt anzugehen. Alles andere bringt uns Lehrerinnen und Lehrer in der täglichen schulischen Praxis wieder nichts! Die Zeit läuft. Und wir wollen nicht abgehängt werden – wir wollen modernen Unterricht vorhalten können!
Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer in Schulen sind Teil des Medienkonzepts
mobile zeitgeist: Ich erinnere mich an die Zeit, als das iPad 2 gerade in die Verbreitung kam und in der industrie erkannt wurde, dass diese Art von Hardware gerade für Vertrieb und Kundenberatung relevant werden könnte. Es dauerte noch ca. 2 Jahre, bis man der Überzeugung war, dass dieses Gerät in Zukunft von Relevanz sein würde. Diese Erkenntnis verursachte bei zahlreichen unternehmen eine regelrechte Anschaffungsflut mit stattlichen Investitionen. Allerdings war man sich nicht im Klaren darüber, welche Anwendungen auf diesem Gerät laufen und wie z.B. der Vertrieb mit diesen veränderten Bedingungen arbeiten sollte. Dies nahm weitere Jahre in Anspruch. Ein ähnliches Phänomen lässt sich aktuell in der Bildungslandschaft beobachten. Internet und Tablets für alle, sind die am lautesten propagierten Forderungen. Entsprechend nachhaltige Konzepte kommen deutliche leiser daher. Welche Entwicklungen in diesem Bereich verdienen hier mehr Gehör und wo lassen sie sich finden?
Simone Fleischmann: Ich erlebe es nicht so, dass nur nach Internet und Tablets geschrieben wird und das wäre auch die falsche und sehr vereinfachte Richtung. Die braucht es natürlich auch an vielen Schulen, aber nicht nur. Und in den Medienkonzepten, die die Schulen in Bayern derzeit entwerfen, steckt mehr drin als nur digitale Hardware. Hier gehört die Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer der Schule genauso dazu, wie digitale Lernprogramme und Unterrichtsmaterialien die der Lehrkraft beim Unterricht helfen können. Wenn diese Medienkonzepte immanenter Teil des Schulentwicklungsprozesses sind, dann gelingt auch der Prozess der Digitalisierung nachhaltig. In Bayern gibt es viele Schulen, hochengagierte Lehrerinnen und Lehrer sowie Schulleitungen, die dafür sorgen, dass tolle Gesamtkonzepte, am roten Faden entlang entstehen.
Es gilt, digitale Lebenswelten zu thematisieren, nicht vorschnell zu urteilen oder zu verteufeln
mobile zeitgeist: Dauer-Zocken, permanentes Daddeln und exzessiver Social Media Konsum sind für viele die alptraumhafte Verzerrung von weiterer Digitalisierung. Daher ist es unabdingbar, in diesen Bereich der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrer zu investieren, um die Kluft zwischen dem eigenen digitalen Know-How und der quasi fast natürlichen Expertise der Schülerinnen und Schüler zu mindern. Sehen Sie eine Chance, dass dies in den jeweiligen Bildungseinrichtungen von innen heraus geschehen kann oder benötigt es dazu vielleicht auch die Unterstützung von Spezialisten aus der it?
Simone Fleischmann: Natürlich ist die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen heute stark geprägt von digitalen Medien. Da Schule auch immer ein Spiegelbild der gesellschaft ist, muss sie diese Lebenswelten thematisieren ohne vorschnell zu verurteilen oder zu verteufeln. Wichtig in diesem Zusammenhang ist insbesondere, dass die Schülerinnen und Schüler reflektiert, verantwortungsbewusst und nachhaltig den Umgang mit digitalen Medien lernen und auch leben können. Die Schule hat, wie auch in anderen Feldern, die Aufgabe, die Kinder fit zu machen für die Zukunft. Und diese Zukunft wird geprägt sein von der Digitalisierung in vielen Bereichen. Das heißt die Lehrerinnen und Lehrer müssen natürlich gut ausgebildet und fortgebildet werden. Aber: sie müssen dafür auch die notwendige Zeit zur Verfügung gestellt bekommen. Denn eines ist klar, es geht nicht immer alles on Top! IT-Spezialisten können hier als Unterstützung helfen. Für den Unterricht und die pädagogische Umsetzung liegt die Verantwortung allerdings bei der Lehrkraft.
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