Interview mit Sigurd Seifert: Warum können deutsche Arbeitnehmer HR-Verwaltungsaufgaben nicht online abwickeln?

Foto: SD Worx

Ob Gehaltsabrechnung, Urlaubsanträge, Änderung der Arbeitszeit oder Krankheitsmeldung, trotz mobile first können deutsche Arbeitnehmer eigenen Angaben zufolge keine grundlegenden HR-Verwaltungsaufgaben mit mobilen Geräten erledigen. 69 Prozent werden nach wie vor offline bearbeitet, nur sieben Prozent aller HR-Verwaltungsaufgaben lassen sich ausschließlich mit mobilen Geräten erledigen. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste Umfrage des Lohn- und Personaldienstleisters SD Worx. Die Untersuchung zum Umfang der Digitalisierung am Arbeitsplatz wurde in Belgien, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Österreich und U. K. durchgeführt. Deutschland schnitt mit dem niedrigsten Ergebnis aller untersuchten Länder ab. Im Interview mit mobile zeitgeist erklärt Dipl. Kaufmann Sigurd Seifert, woran das liegt.

mz: Warum sträuben sich deutsche Arbeitgeber davor, HR-Verwaltungsaufgaben mit mobilen Endgeräten anzugehen?

Sigurd Seifert: Warum in deutschen Unternehmen HR Prozesse und Aufgaben noch selten mit mobilen Endgeräten erledigt werden können, liegt zum einen daran, dass noch Angst vor mobilen Anwendungen im sensiblen HR Bereich herrscht. Viele Unternehmen sind sich noch nicht der Vorteile und Entlastungen bewusst, die dies bedeutet. Ein zweiter Grund ist häufig, dass viele HR Systeme in die Jahre gekommen sind und schlicht die Anforderungen an ein modernes HCM System nicht erfüllen. Sie sind nicht auf die Kommunikation über mobile Endgeräte ausgelegt und zudem fehlen die Apps mit denen man Arbeiten könnte. Dabei sind mobile Anwendungen in unserem privaten Umfeld immer mehr ein Standard. Vielleicht liegt es auch einfach an den Personalern selbst. Mobile HR bedeutet auch Digitalisierung und dies sorgt für Angst um den Arbeitsplatz, wie auch die Studie von SDWorx unter 1000 Personaler eindeutig gezeigt hat.

Die Unternehmen müssen in HR Systeme investieren

mz: Speziell in Deutschland ist das Erledigen von Aufgaben auf digitalem Wege nicht beliebt. Gerade mit der Nutzung von mobilen Endgeräten beschäftigen sich die deutschen Mitarbeiter nicht. Wie kommt diese Trennung von intensiver Smartphone-Nutzung im Privatleben und geringer Nutzung am Arbeitsplatz zustande?

Sigurd Seifert: Wie bereits erwähnt, ist in unserem privaten Umfeld die intensive Nutzung von Smartphones längst Normalität. Sie sind nicht mehr wegzudenken. Mitarbeiter erwarten auch von ihren Arbeitgebern zunehmend smarte Anwendungen. Hier ist insbesondere auch der HR Bereich betroffen. Viele HR Prozesse ließen sich so einfacher und mit geringerem Administrativen Aufwand erledigen. Die Unternehmen müssen investieren und zwar in HR Systeme, damit hier zunächst das Umfeld zur Nutzung von Smartphones möglich ist.

mz: Wie lässt sich der Umstand der geringen Nutzung von mobilen Endgeräten am Arbeitsplatz ändern?

Sigurd Seifert: Die eingesetzten HR Systeme müssen über die entsprechenden Möglichkeiten verfügen, entweder offen für digitale Assistenten sein oder aber selbst Funktionen zur mobilen Anwendung anbieten. Moderne Systeme, die SD Worx anbietet, verfügen über solche Möglichkeiten. Die Nachfrage steigt hier signifikant an. Unternehmen investieren hier auch zunehmend, wie die Nachfrage zeigt. Es hat sich jedoch bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass der HR Bereich immer etwas mehr Zeit benötigt als die wertschöpfenden Bereiche. Dies liegt auch an den Kosten für die Nutzung von KI, Analytics, mobile Anwendungen, die  zu Beginn der Innovationsphase hoch sind. Mit sinkenden Kosten werden aber innovative, digitale Anwendungen für diese Bereiche immer interessanter, das hier das Einsparungspotential enorm ist, vor allem aber Prozesse und Ergebnisse deutlich schneller, präziser und Mitarbeiter freundlicher sind.

KI Systeme werden auch den HR Bereich beeinflussen

mz: Wie wird die Digital-Nutzung sich allgemein und speziell bei HR-Verwaltungsaufgaben in den nächsten zehn Jahren entwickeln?

Sigurd Seifert: Digitale, smarte mobile HR Lösungen werden in 10 Jahren Standard sein. Ebenso Systeme, die von KI geprägt sind. Ich bin überzeugt, dass es diese Studie in 10 Jahren nicht mehr gibt. Die Entwicklung bei KI Systemen schreitet mit einer hohen Geschwindigkeit voran. Gerade der HR Bereich wird dies merken und dessen Auswirkungen spüren. Arbeitsfelder werden sich verändern. Kognitive Systeme zum Einsatz kommen. Die sogenannten „Verhinderer“ gehen in den Ruhestand und für die nachrückende Generation sind die Dinge, über die wir heute noch diskutieren, längst Realität.

mz: Vielen Dank für das Interview.

Über Carsten Thomas 236 Artikel
Autor und Gamingnerd. Stets interessiert an Tech-Innovationen, Medienwandel und Technikutopien. Redakteur bei mobile zeitgeist.

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