[Keynote] Der Nutzer ist die Bankfiliale (Teil 2/2)

Wie Smartphone und Co. die Kundenansprache verändern

nutzer ist bankfiliale

Der erste Teil der Keynote beim Karten-Forum 2016, in der ich einen Blick auf den mobilen Nutzer und was er von einem mobilen Bezahlsystem erwartet geworfen habe, ist am 16. Dezember 2016 erschienen. Hierin ging es um das veränderte (mobile) Nutzerverhalten, das auch zu stark veränderten Erwartungen an Banken und das geführt hat. In diesem zweiten Teil geht es um Handlungsoptionen für Banken, die anhand von Best Practices und Use Cases erläutert werden.

Wenn es keinen Mehrwert hat, kann es weg!

Um nun den im Grunde als unangenehm empfundenen Bezahlprozess für den Konsumenten angenehmer oder bequemer zu gestalten, braucht es einen spürbaren Mehrwert. Die bereits erwähnte Studie von Vocalink liefert hier einige Anhaltspunkte.

So wünschen sich über die Hälfte (56%) der deutschen Millennials ein Mobile Instant Payment und das Bezahlen von Rechnungen mit dem Smartphone. Im Bereich der Person-2-Person Payments (P2P) tummeln sich bereits verschiedene Anbieter, Banken und auch Start-ups. Sie versuchen dieses Feld möglichst früh zu besetzen.

Best Practice: Danske Bank

Die Danske Bank hat sehr schön gezeigt, wie eine Bank ein mobiles Bezahlverfahren erfolgreich etablieren kann. Im Mai 2013 startete sie ein P2P-Payment „MobilePay“ und war damals damit nicht der First Mover in Dänemark. Doch sie schaffte es, in nur drei Wochen 350.000 und nach vier Monaten 500.000 Nutzer von diesem Service zu überzeugen.

Heute hat MobilePay 3,5 Millionen aktive Nutzer, was bei einer Gesamtbevölkerung von fünf Millionen Dänen beachtlich ist. Täglich kommen 1.500 neue Nutzer hinzu und mittlerweile akzeptieren über 35.000 Shops das mobile Bezahlverfahren. Die MobilePay-App gehört nach der Facebook und der Facebook Messenger App in Dänemark zu den am meisten herunter geladenen Apps.

Jede Minute werden mehr als 85.600 DKK transferiert und 2016 wurden über 240 Millionen P2P-Transfers abgewickelt. Insgesamt beobachtet die Danske Bank weniger Fraud als bei Kartenzahlungen und ist mit seinem System rundum zufrieden. MobilePay kann heute auch in mobilen Apps anderer eingesetzt werden und hat bereits eine eigene Developer Community, die für den Aufbau eines Ecosystems rund um die eigenen Dienste unerlässlich ist.

Rechnungen bezahlen und Punkte sammeln

Auch bei der Funktion, eine Rechnung durch das Abfotografieren einfach und schnell zu erfassen und gleich eine Überweisung auslösen zu können, ist noch viel Raum für weitere Player.

Beide Funktionen punkten mit einem Mehr an Bequemlichkeit und Schnelligkeit und erleichtern den Nutzern die als lästig empfundenen Transaktionen.

Schnäppchen weiterhin interessant

Die Hälfte der Befragten wünschen sich Loyalty-Programme auf ihren Smartphones. Dies ist nicht neu, Preisnachlässe, und Schnäppchen gehören bei sehr vielen Menschen zu den begehrten Funktionen. Hier allerdings ist der Markt mit zwei großen Multi--Programmen (Payback und DeutschlandCard), den verschiedenen Handelslösungen und einer Handvoll Start-ups mehr als gut besetzt. Zumal die Konsumenten selten mehr als zwei bis drei solcher Systeme nutzen, meist eher weniger.

Für Banken, gerade die regional fest verankerten, heißt es also hier nicht, das Rad noch einmal neu zu erfinden und eigene Loyalty-Programme aufzusetzen. Es geht vielmehr darum, regional mit Handel, Städten, Gemeinden und lokalen Dienstleistern wie Ärzten, Notaren, Rechtsanwälten, Stadtwerken etc. zusammen zu arbeiten und Kundenbindungsprogramme zu entwickeln, die die Region stärken und die Frequenz in den Innenstädten steigern. Wie so etwas gehen kann, zeigt gerade die Future City Langenfeld, in der zurzeit verschiedene solcher Services ausgerollt werden.

Best Practice: Payback

Wie wichtig Reichweite, Vertrauen und Mehrwert bei einer mobilen Bezahllösung sind, hat das Multi-Partner Loyalty Programm Payback in diesem Jahr gezeigt. Im Juni erhielt die Payback App eine Bezahlfunktion, die es den Nutzer ermöglicht, in einem Prozess sowohl Punkte zu sammeln als auch den Einkauf gleich zu bezahlen.

Auf der einen Seite hatte Payback bereits über 28 Millionen Nutzer, auf der anderen arbeiteten sie mit mehr als 650 Partnerunternehmen zusammen. Auf beiden Seiten verfügten sie über das notwendige Vertrauen, einen solchen Service starten zu können. Insbesondere für die Nutzer ist der unmittelbare und kostenfreie Mehrwert erkennbar. Die Sicherheit wird durch Intercard gewährleistet, die Händler erhalten eine Zahlungsgarantie, da das Verfahren auf der Lastschrift beruht. Bei den Gebühren orientiert sich Payback nach eigenen Aussagen an den marktüblichen Preisen.

Zum jetzigen Zeitpunkt veröffentlicht Payback noch keine Nutzungszahlen, was eine Beurteilung noch schwierig macht. Auch ist es für ein abschließendes Urteil sicherlich nach nur fünf Monaten noch zu früh. Doch das Beispiel zeigt, dass der Mehrwert, der mit dem mobilen Bezahlen geliefert wird, für die Nutzer entscheidend ist.

Die Bots kommen

Nimmt man den Kundenwunsch nach Einfachheit und Bequemlichkeit ernst, muss man sich mit den (Chat-)Bots beschäftigen. Der Begriff „Bot“ stammt von „“ und die Ergänzung „Chat“ signalisiert, dass diese Bots in Messengern „leben“. Bots werden durch die implementierte künstliche Intelligenz mit der Nutzung immer „klüger“, soweit man davon bei diesen Programmen überhaupt sprechen kann. Ziel ist es, dass die Bots vom Verhalten und den Wünschen der Nutzer lernen und so im Lauf der immer bessere, weil passgenauere Angebote unterbreiten können.

Die in Deutschland bekanntesten Messenger kommen beide von Facebook: WhatsApp und der Facebook Messenger. Der Facebook Messenger hat jeden Monat mehr als eine Milliarde aktive Nutzer und diese senden monatlich über eine Milliarde Nachrichten an Seiten. Für den Facebook Messenger gibt es bereits mehr als 30.000 Bots und diese Zahl wächst rasant. Über WhatsApp wurden 2015 mehr als sieben Billionen Nachrichten versandt, um hier einmal eine Größenordnung des Chatdienstes zu geben.

Ein Vorteil der Bots ist, dass sie bereits über diese enormen Reichweiten verfügen, allein dadurch, dass sie innerhalb der etablierten Messenger funktionieren. Hier können sie auch für Banken einen Teil der Kommunikation übernehmen. Der Unterschied zu herkömmlichen Chats oder Email ist, dass die Kommunikation mit einem Bot meist natürlich sprachlich abläuft, zurzeit meist noch tippend, aber die Spracherkennung wird immer besser. In der Zukunft werden wir sicherlich etwas wie Concierge-Services sehen, die uns sehr individuell betreuen.

Use Case: MyKAI

MyKAI ist ein Chat-Bot der Kasisto aus New York, den es bereits für den Facebook Messenger, per SMS und für den Business-Messenger Slack gibt. Er bietet den Nutzern verschiedene Abfragen ihres Bankkontos, gesamt, nach Kategorie, Händlern oder bestimmten Zeiträumen. So kann man ihn zum Beispiel , wie viel man in den letzten vier Wochen für Restaurants ausgegeben hat und er liefert in einem Chat-Fenster die entsprechende Summe.

Auch kann man mit MyKAI P2P-Payment vornehmen. Hier kommt als Kooperationspartner Venmo zum Einsatz. Darüber hinaus gibt es noch ein Banking-Lexikon, das den Nutzern bei Fachbegriffen hilft.

MyKAI wird Banken als White-Label-Lösung angeboten. Diese können dann einen eigenen Bot anbieten, der mit einer vollständigen Anmeldung des Nutzers über den Bot weitere Services möglich macht. So können Push-Nachrichten an die Nutzer versandt werden, zum Beispiel bei Erreichen bestimmter Limits. Ein vollständiges Personal Finance Management ist dann ebenso möglich wie Überweisungen oder Kreditkarten-Zahlungen vorzunehmen.

Dieser Use Case soll zeigen, wohin die Reise bei der Kundenansprache hingeht. Selbstverständlich sind Lösungen wie MyKAI nur ein erster Schritt auf dem Weg. Doch sie zeigen heute bereits, dass nur eine Nutzerzentrierung den Erfolg beim Banking sichern kann.

Die vollständige Keynote

Ich habe meine Keynote noch einmal mit Spark in Szene gesetzt und dieses Format erfreut sich großer Beliebtheit. Bisher haben bereits über 800 Menschen die Keynote angeschaut. 23.01.2017: Mittlerweile sind es rund 1.400.

Der Nutzer ist die Bankfiliale

Der erste Teil dieses Artikels kann hier noch einmal gelesen werden.

Die Slides gibt es in meinem Account auf Slideshare.

Über Heike Scholz 429 Artikel
Nach über zehn Jahren als Strategieberaterin für internationale Unternehmen gründete die Diplom-Kauffrau 2006 mobile zeitgeist und machte es zum führenden Online-Magazin über das Mobile Business im deutschsprachigen Raum. Heute ist sie ein anerkannter und geschätzter Speaker und gehört zu den Köpfen der deutschen Internet-Szene. Weiterhin ist sie Beiratsmitglied für die Studiengänge Angewandte Informatik und Mobile Computing an der Hoschschule Worms. Als Co-Founder von ZUKUNFT DES EINKAUFENS, begleitet sie die Digitale Transformation im stationären Einzelhandel. Sie berät und trainiert Unternehmen, die sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen und fördert mit ihrem Engagement die Entwicklung verschiedener Branchen und Märkte.

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