[Keynote] Der Nutzer ist die Bankfiliale (Teil 1/2)

Wie Smartphone und Co. die Kundenansprache verändern

nutzer ist bankfiliale

Schon seit Jahren wird der Durchbruch des mobilen Bezahlens prophezeit. Und doch hat man das Gefühl, es tut sich nicht viel. Woran liegt es, dass Deutschland beim Mobile Payment nur langsam voran kommt? Dies war das Thema meiner Keynote beim Karten-Forum 2016, in der ich einen Blick auf den mobilen Nutzer und was er von einem mobilen Bezahlsystem erwartet, geworfen habe. Dies ist der erste Teil, der zweite erscheint in den kommenden Tagen.

Niemand kann es mehr leugnen. Die Smartphones sind in unseren Lebenswelten angekommen und nehmen heute einen sehr großen Raum ein. 51 Millionen Deutsche besitzen ein Smartphone und 45 Millionen nutzen das mobile Internet täglich. Dies allein beeindruckt bereits. Doch betrachtet man, wie ausgeprägt die Nutzung mobiler Endgeräte mittlerweile ist, reibt sich mancher die Augen. Deutsche Mobilnutzer sind täglich durchschnittlich 160 Minuten mit ihren mobilen Geräten online. Fast drei Stunden, die sie zusätzlich mit Medien verbringen, denn es zeigen sich gegenüber den etablierten Medien kaum Kannibalisierungseffekte.

Diese intensive mobile Nutzung macht selbstverständlich auch nicht vor der Finanzwirtschaft halt. Und so gaben im Rahmen einer 2016 durchgeführten Europa-weiten Studie von Visa über die Hälfte (54%) der Befragten an, für Payment und Banking regelmäßig mobile Geräte zu verwenden. Im Vorjahr waren es noch 18 Prozent. Wir sehen hier also ein massives Wachstum, welches sich auch in Deutschland wieder spiegelt.

In Deutschland befragte Bain Company 2016 deutsche Millennials (18-24 Jährige) zu ihrem Verhalten. Hier gaben 60 Prozent an, Mobile Banking zu nutzen, ein Plus von 15 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Die gleiche Befragung ergab, dass 2015 bereits jede Fünfte (20%) aller Kundeninteraktionen beim Mobile Banking über mobile Geräte erfolgte. Auch hier mit einem enormen Wachstum von 19 Prozentpunkten innerhalb von nur drei Jahren. Diese Bewegung zum Mobile Banking hin erfolgt überwiegend vom Online Banking. Hier haben die Nutzer bereits gelernt und sind mit den Abläufen vertraut. Diese vom PC auf ein Smartphone zu übertragen, ist dann nur noch ein kleiner Schritt.

Veränderte Erwartungen an Banken

Betrachtet man die Vielzahl der Untersuchungen zu den Erwartungshaltungen von Konsumenten an Banken, trifft man auf immer wieder kehrende Aspekte:

  • Schnell und unkomplizierte Standard-Transaktionen, wie z.B. die Kontoeröffnung oder Überweisungen
  • Durchgängige, friktionsfreie Abläufe über alle Geräte hinweg (Omnichannel)
  • An die Lebenswelten der Menschen angepasste Öffnungszeiten
  • Kostenfreie Basisdienste wie z.B. die Kontoführung
  • Hohe Beratungs- und Servicequalität
  • Direkte Kontaktmöglichkeit über verschiedene Medien (Telefon, Mail, Video etc.)
  • Persönliche Ansprechpartner

Die mag sich ein wenig nach der „Quadratur des Kreises“ anhören. Daher lohnt sich ein Blick, woher diese Erwartungen kommen und von welchen Trends sie getragen werden.

Vernetzt und always-on

Es ist noch gar nicht so lange her, da galten nur die jungen Menschen, die Millennials, als diejenigen, die immer online wären, vertieft in ihre Smartphones. Doch heute sind dies eben nicht mehr nur die Jungen sondern wir alle. In einer zunehmend vernetzten Welt haben wir das Internet immer bei uns und nutzen es auch.

Dies führt dazu, dass wir fast alles immer sofort und unmittelbar tun können. Dieses Leben in Echtzeit ist neu und trägt sehr stark dazu bei, dass wir auch von Dienstleistern erwarten, dass wir ihre Leistungen sofort und unmittelbar nutzen können. Briefe schreiben oder mehrere Tage auf schriftliche Bestätigungen warten? Das sieht niemand mehr ein.

Unser Lifestyle ist digital und mobil geworden und damit höchst dynamisch. Nicht nur in den digitalen Weiten des Internets sind wir mobil, flexibel und anspruchsvoll. Die Möglichkeit, alles immer bei uns zu haben, verschafft uns neue Freiheitsgrade, die wir ausnutzen. So sind viele von uns nicht mehr an feste Arbeitsplätze gebunden, ebenso wenig an feste Arbeitsverhältnisse. Ein neuer Berufsstand hat sich heraus gebildet, die Digitalen Nomaden, die rund um die Welt reisen und von überall ihrem Broterwerb nachgehen.

Eng hiermit verbunden entstand die Entwicklung, dass Materielles an gefühltem Wert verloren hat. Vielen jungen Menschen ist die Wohnung, das Haus, das Auto nicht mehr so wichtig. Mehr zählt das Erlebnis, der besondere Moment im Leben. Angesichts einer sich so rasend schnell wandelnden Welt, ist die Zukunft in jedem Fall unsicher. Und in dieser unsicheren Welt bauen viele keine materiellen Sicherheiten mehr auf, sondern versuchen, den Augenblick zu erleben und für sich und andere fotografisch oder filmisch fest zu halten.

Erwartungen an Mobile Payment

Diese beschriebenen Entwicklungen haben natürlich auch Auswirkungen auf die Anforderungen an ein mobiles Bezahlen. Auch hier gilt, es muss einfach, sicher und schnell sein. Die empfundene Sicherheit eines Bezahlverfahrens wird überwiegend daran fest gemacht, wie groß das Vertrauen in den jeweiligen Anbieter ist.

Eine Studie der ING-Diba aus 2016 zeigte, dass 75 Prozent der befragten, europäischen Smartphone- und Tablet-Nutzer ihrer Bank vertrauen. Dieser Wert liegt neun Prozentpunkte unter dem des Vorjahres. Im Gegenzug haben Anbieter wie Google oder Apple im gleichen Zeitraum sechs Prozentpunkte zugelegt und kommen auf elf Prozent. Die Menschen vertrauen den digitalen Giganten durchaus ihre Daten an, aber (noch) nicht ihr Geld. Hier haben die Banken noch einen enormen Vorsprung, der es ihnen leichter macht, entsprechende Verfahren bei den Konsumenten zu etablieren.

Doch auch diese Position ist nicht unangefochten. Denn eine weitere Umfrage aus diesem Jahr von Vocalink unter deutschen Millennials ergab, dass bereits über die Hälfte (54%) PayPal gegenüber ihrer Bank vorziehen würden. Es zeigt sich, dass die subjektive Bequemlichkeit eines Verfahrens die Sicherheitsbedenken der Nutzer, zum Beispiel gegenüber US-amerikanischen Unternehmen, abschwächt. Im Falle von PayPal kommt noch eine bereits vorhandene Markenstärke hinzu, so dass die Akzeptanz bei den Millennials entsprechend hoch ist.

Heute bezahlt bereits ein Drittel (33%) der Deutschen mit einem mobilen Endgerät (Visa, 2016), doch dies bedeutet ebenfalls, dass es fast 70 Prozent eben nicht tun. Der Hauptgrund hierfür ist, dass ein mobiles Bezahlverfahren ein Problem löst, das in der Wahrnehmung der Konsumenten gar nicht existiert. Die Nutzer haben verschiedene Bezahlverfahren zur Auswahl und – ganz abgesehen von der deutschen Vorliebe für Bargeld – verspürt kaum jemand einen Leidensdruck, ein weiteres Verfahren hinzu nehmen zu müssen.

Die Keynote

Der Nutzer ist die Bankfiliale

Der zweite Teil dieses Artikels erscheint in den kommenden Tagen.

Die Slides gibt es in Heikes Account auf Slideshare.

Über Heike Scholz 429 Artikel
Nach über zehn Jahren als Strategieberaterin für internationale Unternehmen gründete die Diplom-Kauffrau 2006 mobile zeitgeist und machte es zum führenden Online-Magazin über das Mobile Business im deutschsprachigen Raum. Heute ist sie ein anerkannter und geschätzter Speaker und gehört zu den Köpfen der deutschen Internet-Szene. Weiterhin ist sie Beiratsmitglied für die Studiengänge Angewandte Informatik und Mobile Computing an der Hoschschule Worms. Als Co-Founder von ZUKUNFT DES EINKAUFENS, begleitet sie die Digitale Transformation im stationären Einzelhandel. Sie berät und trainiert Unternehmen, die sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen und fördert mit ihrem Engagement die Entwicklung verschiedener Branchen und Märkte.

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