Mit viel Aufmerksamkeit startete Anfang 2014 die Axel Springer Tochter Shopnow als Shopping Bonus App im deutschen Markt. Nun, ein Jahr später, wird der Insolvenz-Antrag vorbereitet. Man hofft, hierdurch neue Investoren für das Start-up zu finden.
Shopnow gehörte zu dem Springer-Inkubator „Ideas“, der bereits im November 2014 eingestellt wurde. Und Shopnow ist nicht das erste Shopping-Experiment, an das sich der Springer-Verlag gewagt hat – und gescheitert ist. Schon die lokale Schnäppchen-App „Last Minute Local“ und auch die Bonus-App „PrepaidBILD“ wurden eingestellt.
Shopnow basierte unter anderem auf der iBeacon-Technologie von Apple, mit der es am Point of Sale (POS) möglich ist, den Kunden mit einem lokalen Funkverfahren auf ihre Smartphones Informationen, Gutscheine oder Sonderangebote zu senden. Ergänzt wurde das Angebot mit einem Check-In-System.
Doch wie Jürgen Hopfgartner, Leiter des Geschäftsbereichs Content, mitteilte sei man zu dem Schluss gekommen, „dass Shopnow die Erwartungen auf absehbare Zeit nicht erfüllen wird“. Der größte Hemmschuh war hierbei nach seinen Aussagen, dass man nicht ausreichend Partner hat akquirieren können. „Das Engagement für ein Startup-Projekt zu beenden, wenn es nicht erfolgreich ist, ist Teil des regulären Prozesses bei Early-Stage-Investitionen“, betonte Hopfgartner. Doch ein paar Fragen bleiben dennoch offen.
Ich habe mit zwei Experten gesprochen:
Managementberater Pascal Krian, ehemals Managing Director Starbucks, heute CEO des Consultingunternehmens Famebrand, der Shopnow in der Frühphase als Berater begleitet hat.
„Wenn auch schade, so ist die Entscheidung von Axel Springer, sich von dem Konstrukt zu trennen, professionell. Trotz des enormen zeitlichen Vorsprungs vor dem Markteintritt von Shopkick waren die Defizite zu groß. Ein unerfahrenes Team – teils zu jung oder mit rein journalistischem Hintergrund, ein fehlendes professionelles, nachhaltiges Geschäftskonzept sowie Management, keine Synergien mit dem rein auf das Anzeigengeschäft fokussierten Netzwerk sind nur einige Bespiele für den früh absehbaren Misserfolg.
Im Zentrum steht aber die mangelnde Retailexpertise und fehlender Respekt gegenüber den komplexen Herausforderungen in dieser Branche, die nachhaltige Lösungen im Digital Business braucht. Da braucht man schon mehr als „Hoppla – wir sind ein neues Start-Up.“
Frank Rehme, Innovator, Entrepreneur, Morgenmacher und langjähriger Innovationsverantwortlicher der METRO, heute Geschäftsführer der gmvteam GmbH, ergänzt:
„Das Problem von Shopnow ist schnell identifiziert: Man hat sich nur einen Bereich der sog. Shopper Journey ausgesucht, nämlich den Loyalty-Part. Schaut man sich die Wettbewerber einmal an, so stellen sie sich ganz anders auf. Nehmen wir einmal Shopkick: Schaut man sich die Struktur des Unternehmens einmal an, dann stellt man fest, dass sich dort gerade ein globaler Riese bildet, der viel Kapital im Rücken hat.
Shopkick wurde von SK Planet gekauft, dem größten koreanischen Mobilfunker und ein Leuchtturm in Asien. Dieser hat zudem noch einige andere Asse im Portfolio: Die Firma SYRUP, die zugleich Payment/Voucher/Instore-Benefits und Loyalty im Programm hat. Damit können sie die gesamte Shopper Journey (Pre Store/To Store/In Store/Post Store) komplett abdecken. Das ganze mixen sie zugleich mit einer Tochter, die das Thema Data Management im Fokus hat. Generell gilt für die Branche, dass dem Mix aus Mobile/Payment/Loyalty/Couponing und Big Data die Zukunft gehört, um den Kunden komplett mit einem Lock In Szenario abzudecken. Ob Springer da gegenhalten kann ist schwer vorstellbar, sicherlich war das mit ein weiterer Entscheidungsgrund.
Für den Handel war das sicherlich ebenso wenig attraktiv. Von vielen Seiten sieht er gerade die Kommunikationshoheit am PoS gefährdet, denn der mobile Kanal lässt nicht nur akzeptierte Partner an seinen Kunden heran. Wer will schon weitere Türsteher zwischen sich und dem Kunden?
Generell bleibt aber zu bemerken, dass man für ein derartiges Engagement einen langen Atem braucht. Die low hanging Fruits wachsen eben nur im Paradies.“
Nachdem in den vergangenen Monaten viele junge Unternehmen an den Start gegangen sind, mit der Beacon-Technologie die Probleme des Handels zu lösen, stehen wir nun vor einer ersten Marktkonsolidierung. Wer es nicht schafft, in diesem heiß umkämpften Marktsegment der Lösungen von mobiler Technologie am POS, nachhaltige und auf die Fragestellungen des stationären Handels abgestimmte Angebote mit der notwendigen Vertriebspower zu etablieren, wird den Kehraus nicht überleben.
Für die Mitarbeiter von Shopnow gibt es noch einen Silberstreif am Horizont, auch wenn der nun eingesetzte Insolvenzverwalter keine neuen Investoren finden sollte. Der Springer-Verlag, der 90 Prozent an Shopnow hält, signalisiert den Mitarbeitern für diesen Fall, im Springer-Konzern eine Perspektive für eine Weiterbeschäftigung zu schaffen.
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