Apps verlieren 80 % der Nutzer in den ersten drei Tagen

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Wir hatten ja schon gezeigt, dass ungeduldig, fehlerintolerant, anspruchsvoll und auch noch müde sind und was App Verantwortliche dagegen tun können, dass Nutzer die Apps nicht herunter laden oder regelmäßig nutzen.

Nun fragt sich sicher mancher, ob die Bindungsraten (Retention Rates) eigenen Apps besonders hoch oder niedrig sind. Die gleiche Frage lässt sich für die Absprungraten ebenso anders herum formulieren.

In 3 Tagen 80% weg

Andrew Chen hat gemeinsam mit Quettra einmal erhoben, wie es sich mit den Bindungsraten so verhält. Die erschreckende Erkenntnis: Durchschnittlich verliert eine App innerhalb der ersten drei Tage 77 Prozent ihrer täglichen Nutzer (Daily Active Users – DAU). Bäm!

Nach 30 Tagen sind 90 Prozent futsch, nach 90 Tagen 95 Prozent. Um es noch drastischer zu formulieren: Eine App verliert innerhalb weniger Monate fast seine gesamten täglichen Nutzer (DAU).

Es wundert daher wenig, dass bei rund zwei Millionen Apps im Google Play Store nur wenige Tausend dauerhaft erfolgreich sind. Wer diese „Nutzer-Flucht“ schon selbst erlebt hat, befindet sich also in guter Gesellschaft.

Bevor nun zu große Aufregung entsteht. Hier geht es um die Nutzer, die die App täglich nutzen. Nicht jede App hat ein solches Nutzungsszenario und so ist ein differenzierterer Blick notwendig.

Ankit Jain, der die mit Andrew Chen erhoben hat dazu:

Users try out a lot of apps but decide which ones they want to ‘stop using' within the first 3-7 days. For ‘decent' apps, the majority of users retained for 7 days stick around much longer. The key to success is to get the users hooked during that critical first 3-7 day period.

Es lässt sich also fest halten, dass die ersten Tage der Nutzung darüber entscheiden, ob ein Nutzer bleibt oder nicht. Und genau an dieser Stelle trennt sich die Spreu vom Weizen, unterscheiden sich die Top-Apps von den nachfolgenden.

Top Apps verlieren weniger

Die Top10 Android Apps verlieren am ersten Tag nur rund 25 Prozent ihrer Nutzer, die nächsten 50 Apps schon 35 Prozent, die nächsten 100 liegen dann schon bei über der Hälfte. Dahinter kommen dann noch weitere Apps, die allein am ersten Nutzungstag schon über 65 Prozent verloren haben.

Und der Abstand zwischen diesen App-Gruppen bleibt im weiteren Zeitverlauf bestehen, wie die Grafik deutlich zeigt, auch wenn alle weiterhin verlieren.

 

Beste Experience in den ersten Tagen

Um nun den starken Schwund in den ersten Tagen abzuschwächen und den Kurvenverlauf zu glätten, muss man von Beginn an eine möglichst gute und umfassende User Experience ermöglichen.

WhatsApp war unter anderem dadurch so erfolgreich, dass ohne weiteres Zutun gleich das gesamte Adressbuch eingelesen und nutzbar gemacht wurde. Personen aus dem Adressbuch, die bereits WhatsApp nutzten, wurden unmittelbar angezeigt und konnten angechattet werden.

Aus Datenschutz-Gesichtspunkten eher ein Graus, aber es hat sich gezeigt, dass die Bedenken bei Bequemlichkeit und einem optimalen Erleben der App schnell beiseite geschoben werden.

Erfolg versprechen also nicht so sinnfreie Nachrichten wie „Wir vermissen Dich“ sondern eine möglichst schnelle und vor allem einfache erste Nutzung, wenn möglich der Kernfunktionen der App.

Auch wenn die App für einige Funktionen eine Anmeldung oder sogar Nutzerverifikation erfordert, so kann man doch andere Features bereits zugänglich machen und den Nutzer erst einmal versuchen, zu halten. Die womöglich komplexe und unbequeme Anmeldung gleich an den Anfang zu setzen ist sicherlich die schlechtere Variante, wenn es auch wichtige Funktionen gibt, die ohne Anmeldung nutzbar sind.

Ist die Anmeldung essentiell, dann sollte man darüber nachdenken, ob sie am mobilen Device ggf. verkürzt erfolgen kann und erst später, zum Beispiel am , vervollständigt wird.

Es ist also mit den Apps wie mit den politischen Extremen: Wehret den Anfängen!

Über Heike Scholz 429 Artikel
Nach über zehn Jahren als Strategieberaterin für internationale Unternehmen gründete die Diplom-Kauffrau 2006 mobile zeitgeist und machte es zum führenden Online-Magazin über das Mobile Business im deutschsprachigen Raum. Heute ist sie ein anerkannter und geschätzter Speaker und gehört zu den Köpfen der deutschen Internet-Szene. Weiterhin ist sie Beiratsmitglied für die Studiengänge Angewandte Informatik und Mobile Computing an der Hoschschule Worms. Als Co-Founder von ZUKUNFT DES EINKAUFENS, begleitet sie die Digitale Transformation im stationären Einzelhandel. Sie berät und trainiert Unternehmen, die sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen und fördert mit ihrem Engagement die Entwicklung verschiedener Branchen und Märkte.

3 Kommentare

  1. Hallo Heike,

    ich oute mich ebenfalls als ungeduldiger App User, aber so genau hab ich das noch nie betrachtet.
    Danke für deinen Artikel. Da lässt sich auch viel für andere Bereiche abgewinnen. Danke :)

  2. Hallo Heike,
    als App Manager kann ich deinen Artikel nur bestätigen. Wir sehen ähnliche Ergebnisse, auch wenn sie nicht immer ganz so drastisch sind. Hast du auch Zahlen, wie es bei iOS im Durchschnitt aussieht?

    • Hallo Janina,
      ich denke, dass die Zahlen je nach App bzw. Nutzerprofil sehr schwanken können. Und die Entwicklung ist natürlich auch immer davon abhängig, wie die App Developer ihre Apps betreuen. Wenn man am Ende nur die reinen Zahlen anschaut, tut man sicherlich einigen Unrecht.

      Zu iOS habe ich nichts Weiteres. Wenn ich noch auf etwas stosse, poste ich etwas dazu. Wenn Du etwas findest, immer her damit. :)

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