Jede Firma für App-Entwicklung bekommt viele Anfragen und Ideen zu Apps. Dadurch entsteht ein Überblick darüber, was am Markt gefragt ist, und was für Erwartungen die Kunden haben. Es kommt dabei öfter vor, dass solche Erwartungen nicht realistisch sind, und einem Erfolg entgegenstehen. In dieser Artikelserie gehen wir den wichtigsten Fragen nach, die man sich vor der Umsetzung einer App-Idee stellen sollte.
Trend-Thema Apps
Softwareentwickler wissen, dass das Thema Applications für mobile Geräte nach wie vor einen Hype darstellt. Vor allem wenn mal wieder eine Nachricht durch die Medien geht, dass ein unbekannter Entwickler plötzlich sehr viel Geld mit seiner App verdient, steigt das Interesse stark an und die Zahl der Anfragen nimmt zu.
Für Apps gibt es gute und schlechte Konzepte, durchdachte und spontane Einfälle, große und kleine Budgets. Es ist gut, dass die Leute Ideen haben, und spannend, dies täglich zu beobachten. Wo sonst gibt es einen derart transparenten Markt, in dem man mit wenigen Klicks Millionen potenzieller Kunden ansprechen und bei Preisen von unter einem Euro dennoch viel Geld verdienen kann? Zugleich braucht es keine riesigen Entwickler-Teams, oftmals ist ein Programmierer schon ausreichend. Das macht den Reiz für viele aus. Auch Firmen sehen diese Chancen und haben mobile Apps längst als Marketingkanal oder für spezifische Lösungen entdeckt. Warum also nicht auch eine eigene App entwickeln (lassen)?
Weil es viele Gründe gibt, die dagegen sprechen. Und vor allem, weil die Entscheidung für eine App oft zu schnell und unüberlegt getroffen wird, wie bei jedem Trend-Thema. Wenn die Antworten auf die Frage, ob man eine App braucht, zufrieden stellend sind, ist das ein gutes Indiz dafür, dass die Idee tragfähig ist. Denn es gibt auf der anderen Seite auch genügend Argumente für eine App – wenn die Basis stimmt. Dann sollte man die Anwendung auch umsetzen.
1. Apps ohne Mehrwert sind keinen Cent wert
Dies ist der alles entscheidende Punkt. Eine App muss einen klaren Mehrwert bieten. Niemand nutzt eine App dauerhaft, die das nicht schafft. Die Frage ist also: Warum soll jemand eine weitere App auf dem Smartphone nutzen?
Ein Business-Modell sollte im Idealfall auf jeder Plattform funktionieren – egal ob auf Handy, Desktop oder Schiefertafel. Nur wenn die Vorteile von Mobile genutzt werden, macht eine App dafür Sinn. Vorteile sind z.B. Mobilität, Location Based Services, Hardware wie Kamera, Gyroskop, Touchscreen, NFC, etc. Ansonsten reicht auch eine Website oder eben die Schiefertafel.
Im Ernst, auch wenn damit kein Werkzeug aus Stein und Kreide gemeint ist, es gibt Aufgaben, die man wunderbar mit Stift und Papier lösen kann. Bei aller Liebe zum Digitalen – wenn man als Kunde ein Formular ausfüllen muss, dann macht man das vielleicht lieber mit der Hand auf Papier oder mit einer echten Tastatur, anstatt auf einem winzigen Display.
Letztendlich beschränkt sich dieser Punkt nicht nur auf Apps, sondern generell auf Produkte und Geschäftsmodelle. Jedoch wird es bei Apps durch den Hype sehr schnell vergessen. „Wir brauchen eine App“ heißt es dann, „der Rest (Nutzen, Mehrwert, Entwicklung, Zielgruppe, Monetarisierung) wird sich dann schon ergeben“. Nein, das ergibt sich meistens nicht.
Deshalb: man sollte sich des Nutzens und des Mehrwerts seiner App bewusst werden. Sobald man dem Nutzerkreis etwas bieten kann, das er braucht, wird er die App nutzen. Das kann eine völlig neue Lösung einer Problemstellung oder eine erhebliche Verbesserung gegenüber bisherigen Lösungen sein.
Was macht zum Beispiel die Facebook-App so erfolgreich? Ein bereits erfolgreiches Konzept wurde mit der App überall und zu jeder Zeit zugänglich. Man kann sie als Lückenfüller nutzen wenn man Zeit hat und es ist egal an welchen Ort man ist (im Zug, auf der Couch, im Wartezimmer). Der mobile Kanal ergänzt also das Konzept hervorragend.
Zudem sollte man sich beim Start einer neuen App auf die Kernfunktionen fokussieren. Zu oft wird der Fehler gemacht, jede Funktion bereits in die erste Version integrieren zu wollen. Das macht die Entwicklung teuer und sprengt jeden Zeitplan. Deshalb ist es besser, zunächst die Kernfunktionen umzusetzen, die App zu veröffentlichen und sich Feedback von den Nutzern zu holen – das ist der ultimative Test. Wenn die App einen Mehrwert bietet, wird sie auch mit wenigen Funktionen überzeugen und lässt sich später immer noch ausbauen.
2. Eine Website braucht man in jedem Fall, eine App nicht
Wenn man im Web nicht auffindbar ist, ist man nicht existent. Wenn man keine Email hat, lebt man in der Steinzeit. Wenn man keine App hat, ist das in den meisten Fällen kein Problem.
Das Web ist die Anlaufstelle für jegliche Information. Egal was man macht, es ist unerlässlich, dort auffindbar zu sein. Dies gilt für einen Kleinstadt-Laden wie für einen Online-Dienst. Email wiederum ist ein Standard-Kommunikationsweg, wie das Telefon.
Eine App jedoch muss einen konkreten Mehrwert bieten. Keiner wird im App Store nach dem Obstladen von Nebenan suchen. Und wenn dieser doch eine App hat, in der nur die Öffnungszeiten und ein paar nette Bildchen enthalten sind, wird der Nutzer diese maximal einmal öffnen und dann nie wieder. Ein echter Nutzen wäre es, wenn man über die App tägliche Angebote sieht, über das Eintreffen des Lieblingsobsts informiert wird oder Rabattpunkte sammeln kann.
Die Spiegelung der Website als App ist also meistens sinnlos. Dann lieber erst einmal den Webauftritt responsive gestalten und für mobile Geräte optimieren.
3. App Entwicklung ist teuer und kompliziert
Besonders durch die niedrigen Preise im App Store vergessen viele, dass es sich bei der Erstellung einer App um eine komplexe Softwareentwicklung handelt. Genauso wie es einfache HTML-Seiten und umfangreiche Web-Applikationen gibt, gibt es einfache und umfangreiche Apps. Ersteres kann ein einzelner Entwickler umsetzen, letzteres nicht. Abgesehen von sehr einfachen Anwendungen umfassen App-Projekte schnell mehrere Mann-Wochen oder -Monate. Bei Tagessätzen von 500 bis 1000 Euro kann sich jeder selbst ausrechnen, was das kostet. Es mag günstigere Alternativen im In- und Ausland geben, man geht dann aber ein Risiko ein, was die Qualität betrifft.
Weiterhin sollte man mindestens zwei Betriebssysteme in Betracht ziehen: Android und iOS. Wenn man für beide entwickeln will, kann man mit einem Faktor von 1,5 bis 2,0 rechnen. Eine Crossplattform-Entwicklung ist deshalb oft verlockend, aber damit handelt man sich gewichtige Nachteile ein. Vor allem ist die App dadurch in den meisten Fällen langsamer. Zudem ist die Programmierung komplizierter, was vielleicht in der ersten Version noch in Kauf genommen werden kann, sich spätestens bei möglichen Erweiterungen aber als kostentreibend erweist.
In den folgenden beiden Teilen betrachten wir die weiteren Aspekte, die gegen eine mobile App sprechen könnten, schauen auf die Kosten, die Cross-Plattform-Entwicklung und App Builder. Wer nichts verpassen will, abonniert am besten unseren kostenfreien Newsletter.
In dieser Serie erschienen:
Über die Autoren: Moritz Biersack (Marketingleiter) und Dr. Ralf Wienken (technischer Redakteur) sind Mitarbeiter der X-info Wieland Sacher GmbH. Ein wichtiges Arbeitsgebiet dieser Firma ist die Erstellung von Auswertungssoftware für die produzierende Industrie. Ein weiterer Bereich ist die Entwicklung mobiler Anwendungen. Mit der erfolgreichen Realisierung einer Vielzahl von Enterprise-Apps haben sie sich auch in diesem Markt etabliert (www.xinfo.de).
Beitragsbild: Shutterstock
Ich glaube, jedes Unternehmen braucht heutzutage eine App, da alles mobil wird. Allerdings muss das Unternehmen, das eine App besitzt, viel Aufwand betreiben, um die App zu pflegen und leicht bedienbar zu machen.
Sehr hilfreich. Vielen Dank!
Da alles heutzutage mobil wird, glaube ich als App-Entwickler bei der UIZ (www.webdesign-bpo.de), dass eine App für ein Unternehmen die Möglichkeit bietet, sich mit den Kunden zu verbinden. Mobile Apps bringen viele Informationen über die Kunden in das Unternehmen.
Erst eine App mit Ihrer Push-Notification erstellt doch die ultimative Beziehung zwischen Anbieter und Nutzer/Kunde, das kann eine Webseite nicht leisten. Aber man braucht beides: die Webseite als Visitenkarte im Netz, um überhaupt gefunden zu werden und existent zu sein. Die App für die direkte Bindung zueinander. Eine mobile Webseite ist also kein Ersatz für eine App – und auch nicht umgekehrt. Das sind ganz einfach zwei verschiedene Paar Schuhe.
Das Problem sind ja auch nicht die Kosten, es gibt inzwischen hervorragende kostenlose Lösungen, die sich sehr stark individualisieren lassen, obwohl das ja gar nicht so wichtig ist, wie der Erfolg von Facebook, Twitter & Co. zeigen: Da gibt es nichts zu individualisieren – bei Facebook trägt selbst der BVB 09 blau-weiß ;-). Das größte Problem ist es die vielen verschiedenen Kommunikationskanäle in den Griff zu bekommen, sowohl aus technischer Sicht wie auch mit Blick auf den Aufwand. Es geht darum, wie man sich als Unternehmen digital organisiert. Einfach mal ein zusätzliches Medium zu belegen endet nicht selten in ungepflegten Friedhöfen.
Ein Unternehmen muss heute im Kern digital sein, so denken und handeln. Und da braucht es Lösungen, die mehr als eine App liefern, Lösungen, die miteinander verknüpft, leicht zu bedienen und bezahlbar sind, damit letztlich auch der Wochenmarkthändler in der digitalen und mobilen Welt fest auf beiden Beinen steht.
Gerade der Gemüsehändler sollte eigentlich ganz dringend eine App haben, denn Apps sind für das ganze Thema Bestandskundenoptimierung/-umsatz von zentraler Bedeutung. Leider haben die Gemüsehändler oft keine Ahnung davon und werden das Geschäft wohl irgendwann auch an die Online-Player abgeben.
Wenn man sich die neuesten Entwicklungen bei Apple anschaut (Öffnung von Siri für In-App Suchen, Intelligente Suchalgorithmen mit Spracherkennung, Spotlight-Suche, die nach Keywords in native Apps sucht) und auch sieht, wie Google mit App Indexierung dafür kämpft relevant zu bleiben aufgrund der ganzen App Konkurrenz (siehe Argumente im Rechtsstreit mit der EU), muss man doch eigentlich zum Schluss kommen, dass Apps absolut relevant sind.
Wenn man davon ausgeht, dass ein Grossteil der Internetnutzung in der Zukunft auf mobilen Endgeräten stattfindet und wenn man gleichzeitig die Dominanz der Apps bei der mobilen Internetnutzung sieht, gibt es doch eigentlich nur eine Schlussfolgerung: Entweder man launcht langfristig Apps oder man lässt das Online-Geschäft ganz sein. Viele unserer Händler-Kunden buchen unsere Apps, weil sie eben keine Lust haben, das ganze Geschäft an Amazon und Co. zu überlassen, die mit den Apps (und anderen Instrumenten) Kunden stark binden.
Dieser Artikel ist einseitig und sorry, an einigen Stellen einfach falsch. – Falsch z.B. ganz banal darin, dass die App Entwicklung teuer und kompliziert ist oder sein muss. Es gibt etliche Technologie-Anbieter (wie auch meine Firma) die hochwertige Apps im iOS8 Design und mit vielen Features bereits für nur zweistellige (!) Monatsbeträge bietet. Das ist ein Fakt.
Ausserdem gibt es unzählige Möglichkeiten, einen Mehrwert für Konsumenten zu schaffen. Beispielsweise ist in jedem Geschäft, wo sich die Interaktion mit dem Kunden wiederholt (z.B. Verbrauchsgüter) eine App sinnvoll. Mit Push-Nachrichten, Gutscheinen, Tages-Deals etc. kann man hier sehr viel erreichen. Wir haben bei unserer Kundenbasis gesehen, dass der Umsatz pro Kunde mit einer App 47% höher ist wie ein Kunde ohne App. Diesen Mehrwert für das eigene Geschäft kann man natürlich auch teilweise dem Kunden weitergeben, um die App zu pushen und das Engagement hoch zu halten.
Mit Apple Pay und Android Pay bietet die App ausserdem auch schnelle Bezahlmethoden, die besser konvertieren wie das mühsame eintippen persönlicher Daten über einen Browser.
Aus Business-Sicht erhöht eine App die Visibilität bei Google stark (Indexierung von Apps). Allein schon deshalb lohnt es sich eine App zu haben. Das ist hier keine Theorie: Man suche z.B. nach „Comtech“ (ein Kunde von uns) im mobilen Browser. Die App nimmt hier gut und gerne nochmal 25-30% der Google Suchresultat Seite in Anspruch. Dieses „Real-Estate“ bei Google ist unter SEO-Experten sehr viel wert.
Ich könnte hier wohl lange weiterfahren. Bleibt halt nur die Hoffnung, dass MZ meinen Beitrag auch öffentlich lässt. War wohl auch nicht immer der Fall .:)
Kannst Du mir kurz sagen, wann wir einen Deiner Beiträge nicht frei geschaltet haben? Würde mich sehr wundern, denn zu den Trollen und Pöblern, die wir zurecht raus schmeißen, gehörst Du ja nicht. Danke und viele Grüße, Heike
Hallo Herr Anderheggen,
vielen Dank für die konstruktive Kritik!
Ich gebe Ihnen recht, dass es günstige Alternativen wie z.B. App-Builder gibt – dies wird auch noch in einem nächsten Teil der Serie beschrieben. In vielen Fällen ist das eine gute und zugleich kostengünstige Wahl. Man erhält aber keine individuell entwickelte App für einen zweistelligen Monatsbetrag. Der unterschied zwischen einer fertigen Lösung (Standardprodukt) und einer speziell entwickelten Anwendung wird oft übersehen.
Dass es Apps mit Mehrwert gibt haben wir in dem Artikel nicht bezweifelt. Auch glaube ich Ihnen, dass Sie das für Ihre Kunden erreichen. Wir tun das selbe für unsere Kunden. Jedoch bietet nicht jede App(-Idee) für jeden Anwendungsfall automatisch einen Mehrwert. Wenn Sie Ihren Kunden zu einem besseren SEO-Ranking verhelfen, bieten Sie ihm einen konkreten Mehrwert. Gleichzeitig hat der Gemüsehändler von nebenan nichts davon, wenn seine Website jetzt auch als App verfügbar ist, diese aber bis auf ein paar Informationen nichts bietet. Der Händler sollte sich erst bewusst werden, was er erreichen will und wie er die Vorteile der mobilen Geräte für sich nutzt.
Viele Grüße, Moritz Biersack
Sehr guter Artikel. Ein mobil optimierter Internetauftritt ist immens wichtig. Eine App nur, wenn wirklich wichtige Features des Smartphones angesprochen werden müssen, wie z.B. die Kamera, Gyroskop etc. Zudem vergessen viele App-Interessierte die laufenden Kosten. Wenn ein iOS oder Android Update kommt und Libraries umgebaut werden müssen, ist man schnell mit einem hohen 4stelligen Betrag dabei… Auch Bugfixing, Change Request und Promotion verschlingen signifikante Budgets.