Prof. Dr. Linda Schnorbus: „Digitalität ist die Eintrittsvoraussetzung bei der Urlaubswahl“

Die Generationen Y und Z sind umweltbewusst und immer und überall digital - und doch gibt es Unterschiede. Im Interview mit mz erklärt Prof. Dr. Linda Schnorbus, IUBH Internationale Hochschule, wie sich das Reiseverhalten im Detail verändert hat.
Foto: IUBH

Die Generationen Y und Z sind umweltbewusst sowie immer und überall digital. Allen Altersgruppen ist Qualität von Service und Hotel wichtig. Bei der Reisedauer, Reisevielfalt und der Informationsbeschaffung machen sich jedoch Unterschiede bemerkbar. Im Interview mit mobile zeitgeist erklärt Prof. Dr. Linda Schnorbus, IUBH Internationale Hochschule, wie sich das Reiseverhalten im Detail verändert hat.

mz: Welche Ergebnisse in der Studie sind in Hinblick auf die Altersgruppen besonders auffallend?

Linda Schnorbus: Es stellt sich heraus, dass es „die Jungen“ nicht gibt. Vielmehr sind auch innerhalb dieser Gruppe Reisebedürfnisse unterschiedlich: Während die 14-19-Jährigen beispielsweise viel Zeit beim „Youtuben“ im Hotelzimmer verbringen, sind den 30-39-Jährigen Familienfreundlichkeit und schnelle Prozesse wichtig. Allen gemein ist, dass sie immer und überall digital sind, sich authentische Erlebnisse statt die klassischen Hotelresorts wünschen, umweltbewusst sind (indem sie z.B. Plastikverpackung kritisch hinterfragen) und auch im Urlaub auf ihre Gesundheit achten und Flexibilität fordern (z.B. flexible Essenszeiten).

mz: Inwiefern unterscheiden sich die Urlaubswünsche junger Menschen von älteren Urlaubern?

Linda Schnorbus: In unserer Studie haben wir ausschließlich die Reisebedürfnisse der jungen Zielgruppe untersucht und keine expliziten Vergleiche zu anderen Zielgruppen hergestellt. Es lässt sich aber vermuten, dass die in 1 genannten Punkte besonders für die jungen Reisenden relevant sind.

Es gilt, die Marke für junge Reisende attraktiv zu halten

mz: Welche Maßnahmen müssen traditionelle Reiseanbieter ergreifen, um das junge Publikum für sich zu gewinnen?

Linda Schnorbus: In einem ersten Schritt gilt es, die Marke für junge Reisende attraktiv zu gestalten. Traditionelle Marken haben bei ihnen ein angestaubtes Image und kommen bei der Urlaubswahl erst gar nicht in Betracht. Es ist fraglich, ob traditionell verankerte Marken diesen Turnaround überhaupt schaffen können oder ob dafür eine eigene Sub-Marke erforderlich sein wird. Im zweiten Schritt muss das Urlaubsmodell der klassischen Veranstalter überdacht werden: Die Zielgruppe wünscht sich kleine Unterkünfte statt der derzeitigen Hotelresorts. Diese sollten sowohl zur Stadt als auch zum Strand nah gelegen sein. Schließlich möchte sich die Zielgruppe täglich neu entscheiden, was sie wann unternehmen möchte – und sich z.B. nicht an feste Essenszeiten halten.

mz: Welche Rollen nehmen Digitalität und Nachhaltigkeit in der weiteren Zukunft bei der Urlaubswahl ein?

Linda Schnorbus: Digitalität ist kein Begeisterungsfaktor mehr, sondern Eintrittsvoraussetzung, um bei der jungen Zielgruppe überhaupt in das Relevant Set zu gelangen. Digitale Buchungskanäle sowie WLAN im Hotel sind beispielsweise Muss-Kriterien für Millennials. Wenn Reisen nachhaltig gestaltet sind, scheint dies für die Zielgruppe wiederum durchaus Begeisterung hervorzurufen. Allerdings zeigen andere Studien, dass der Nachhaltigkeits- bzw. Umweltgedanke nicht immer das tatsächliche Buchungsverhalten beeinflusst. Konkret könnte dies dazu führen, dass sich die Zielgruppe zwar bei der Wahl des Reiseziels weniger beeinflussen lassen wird, aber im Hotel dann auf Nachhaltigkeit in Form der Vermeidung von Plastikverpackung achtet.

Die junge Zielgruppe wünscht sich mehr Flexibilität und Individualität

mz: Wie wird sich das Reiseverhalten in Zukunft noch weiter verändern? Wird beispielsweise das Konzept der Pauschalreise komplett unpopulär werden?

Linda Schnorbus:Das lässt sich aktuell noch nicht final abschätzen. Zwar finden die jungen Reisenden das Konzept der Pauschalreise unattraktiv und sehen sie als eine Urlaubsart der Fremdbestimmung an. Allerdings fällt auf, dass diese Reisenden dann nach der Familienplanung doch wieder zur Pauschalreise zurückkehren, was sich durch die Vorteile wie Bequemlichkeit, Sicherheit und Zeitersparnis bei Suche und Buchung zurückführen lässt. Auch viele ältere Reisende schätzen diese Urlaubsform. Daher ist es durchaus möglich, dass die Pauschalreise weiter bestehen kann, nur der Marktanteil geringer ausfällt. Oder aber die Pauschalreise wandelt sich insofern, dass den Wünschen der jungen Zielgruppe nach Flexibilität und Individualität verstärkt Rechnung getragen wird, sodass auch die aktuellen Pauschalreise-Ablehner eine solche Reise buchen.

mz: Vielen Dank für das Interview.

 

Über Carsten Thomas 236 Artikel
Autor und Gamingnerd. Stets interessiert an Tech-Innovationen, Medienwandel und Technikutopien. Redakteur bei mobile zeitgeist.

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