Neues iPhone ohne NFC – Vorteil für QR Codes?

nfc mobile payment

Same procedure as every year!

Zur Jahreswende wird das Jahr proklamiert, in dem der endgültige Durchbruch von Near Field Communication kommen wird.

Im Herbst stehen dann alle wie begossene Pudel da. Echtes Mobile Payment auf Basis dieser Technologie ist nicht in Sichtweite und das neue iPhone hat auch wieder kein NFC.

Auch das dritte iPhone nach Einführung des Google Wallet im September 2011 kommt ohne dieses Feature. Seit einer gefühlten Ewigkeit wird der Near Field Communication, der Durchbruch auf den Mobilfunkgeräten vorhergesagt. Auch ich gehöre seit über zwei Jahren zu den Protagonisten. Allerdings erodiert auch mein Optimismus. Im Angesicht erster Erfolge von anderen Konzepten für Mobile Payment, frage ich mich, ob nicht eine andere Technik den Wallet War gewinnen wird.

Also liste ich mal die Vor- und Nachteile von NFC, so wie der wichtigsten Konkurrenztechnologie QR Code auf.

Pro NFC

  • Der Handel stellt nach und nach seine Terminals um, da die kontaktlosen Karten weiter auf dem Vormarsch sind
  • Ermöglicht, im Gegensatz zu vielen Alternativen, die bidirektionale Kommunikation am POS
  •  Die Technologie ist nicht auf Smartphones beschränkt
  • Viele Verkehrsverbünde in Deutschland setzen bereits auf die Technologie
  • In deutschen Fussballstadien weit verbreitet

Contra NFC

  • Das iPhone unterstützt es nicht
  • Weniger als 50 % aller neuen Smartphones sind mit NFC ausgerüstet
  • Die Technik hat noch Defizite beim Verbrauchervertrauen

Pro QR Code

  • Einsatz auf jedem Smartphone möglich
  • Relativ einfache Implementierung
  • Die Bundesbahn verwendet bereits QR Codes für die Online Tickets

Contra QR Code

  • Geringe Verbreitung von Foto Scannern am POS

Aus dem Ergebnis von 5:3 für  NFC und 3:1 beim QR Code lässt sich kein wirklich eindeutiger Sieger ermitteln. Nicht berücksichtigt ist hierbei, die mögliche Gewichtung einzelner Argumente.

Entscheidender Faktor ist die Gesamtverfügbarkeit, also die Frage, ob die Technik im Handy und am POS vorhanden ist. Beim Handy führt der QR Code eindeutig. Am POS hat NFC einen Vorsprung. Auch hier gibt es also keinen eindeutigen Sieger.

Zwei Szenarien könnten aber die Gewichte zu Gunsten der QR Codes verschieben.

1. Der Handel ersetzt großflächig Laserscanner durch Fotoscanner.

2. Die Einführung von NFC Wallets verzögert sich weiter.

Die beiden obigen Punkte haben für den Ausgang des Wallet War jedenfalls einen größeren Einfluss, als die Frage ob Apple NFC in seinen Produkten unterstützt.

Über Rudolf Linsenbarth 91 Artikel
Rudolf Linsenbarth ist Senior Consultant für den Bereich Mobile Payment und NFC bei der COCUS Consulting GmbH. Zuvor war er 11 Jahre im Bankbereich als Senior Technical Specialist bei der TARGO IT Consulting (Crédit Mutuel Bankengruppe). Hier auf mobile zeitgeist schreibt Rudolf Linsenbarth in eigenem Namen . Mehr über Rudolf auf Twitter @Holimuk oder bei XING.

9 Kommentare

  1. Eine spannende Diskussion, in die ich mich hier mal einklinke: Zunächst scheint mir, dass die gesamte Mobile Payment Diskussion auf Kunden-wie auf Händlerseite immer noch nur auf die Mehrwerte der Bezahlfunktion abzielt, und hier liegt das Kernproblem: es gibt (derzeit) keine. Kein Händler (natürlich nicht wörtlich zu nehmen, Ausnahmen gibt es genügend) wird in eine Technologie investieren, die lediglich „eine weitere Zahlart“ darstellt. Und kein Kunde wird sich „noch eine App“ installieren und sich registrieren, wenn er damit nur bezahlen kann. Denn de facto hat er vom mobilen Bezahlen alleine keine wirklich herausragenden Vorteile. Eine gut umgesetzte EC-Kartenzahlung ist annähernd gleich schnell und erfordert keinerlei Umgewöhnung, womit wir uns in Deutschland leider etwas schwer tun.
    Das ist aber nicht das Ende von mobile Payment – im Gegenteil. Der Handel (und später auch die Kunden) muss „nur“ endlich erkennen, worin die tatsächlichen Mehrwerte liegen, und das ist, meiner Meinung nach, der Marketing-Aspekt. Mobile bringt Händler näher an den Kunden als je zuvor. Das ist der Schlüsselpunkt, und diesen gilt es zu kommunizieren.
    Und was ist mit dem Verbraucher? Er wartet nach wie vor darauf, dass ihm die Mobile-Payment Dienstleister sagen, wozu er das braucht – und darauf hat keiner eine Antwort, wie Kollege Klotz im Selbsttest eindrucksvoll bewiesen hat.
    Noch ein Wort zu Beacon: früher hieß das „Tante Emma“ – die hat einem auch beim Betreten des Ladens erkannt und hat anschreiben lassen. Heute geht das aber digital. Abwarten, Biometrie wird wieder Einzug halten, das zeigt PayPal mit Beacon deutlich, und auch Apple mit Touch-ID. Authorisierung von mPayment-Zahlungen bietet sich ja geradezu an – seltsam nur, dass Apple ein Hardwarebauteil verbaut, ohne selbst eine Bezahllösung schon fertig zu haben, iTunes, AppStore und iBooks ausgenommen.

    Beste Grüße,
    Marcus Ernst
    it-werke

  2. NFC ist eine technische Lösung, die auch zig Jahre nach der Einführung immer noch Probleme hat eine wirkliche Value Proposition für Handel und Kunde zu liefern – sonst wären MasterCard und co 10 Jahre nach Einführung von Paypass viel weiter gekommen als der Status Quo.

    Weder NFC noch QR Code werden sich zeitnah am POS Terminal durchsetzen weil die bestehenden Prozesse einfach „zu gut“ und zu sehr optimiert sind. QR hat die Chance eine Nischenlösung zu werden z.B. im Bereich Window-Shopping.

    Dass Apple NFC wieder nicht integriert hat wundert mich nicht (auch beim iPhone 4 hatte ich nicht damit gerechnet). Apple ist DER Vorreiter von durchdachter User Experience. und Phil Schiller (SVP von Apple) hat den Nagel auf den Kopf getroffen als er vor einiger Zeit sagte: „It’s not clear that NFC is the solution to any current problem (…) Passbook does the kinds of things customers need today.”

    • Ich denke schon dass NFC und QR-Code zur Zeit die bevorzugten Kommunikationstechniken für mobile Wallets am POS sind.

      Dass sich z.B. der Beacon durchsetzt wie ihn PayPal gerade propagiert, dafür fehlt mir die Vorstellungskraft…

      • Schauen Sie doch mal den Prozess in der User Experience an. NFC-Mobile Wallet hat mehr Prozess-Schritte und dauern länger als das Kartenpayment: Handy unlocken (1. Password), Wallet-App öffnen (2. Password), Methode auswählen (click), Handy an Leser halten, ggfs. zusätzlich noch Debit/Credit PIN am Terminal angeben. Das dauert einfach zu lange!
        Dann sind sind die NFC Antennen der Terminals mittlerweile nicht mehr einfach erreichbar und separat am POS aufgestellt, sondern unterschiedlich im Terminal selbst integriert und weichen pro Hersteller ab. Selbst ich habe teilweise Probleme zu erkennen wo ich nun meine NFC Karte hinhalten muss.
        Fazit: Die Übermittlung der Kartendaten geht schneller, richtig, aber alles andere dauert LÄNGER als eine bestehende Kartenzahlung. Was ist der Vorteil nun genau?

        Beacon ist eine extrem spannende Entwicklung. PayPal bietet damit gerade eine Value Proposition, die NFC fehlt. Automatischer Check-In an der Kasse wenn der Kunde den Laden betritt und der Kassierer muss an der Kasse/Display nur noch auf das Foto des Kunden drücken und Payment ist erfolgt. Ob die KUNDEN das mitmachen ist eine ganz andere Frage, aber anders als beim oben beschriebenen NFC Prozess liegt hier eine wirkliche Beschleunigung vor.

        Ich behaupte weiter: Jegliches Projekt im mobile Payment welches ausschliesslich auf einen anderen Formfaktor der Karte(n) abzielt (wie bei NFC, mobile wallets etc.) wird scheitern, da ganz einfach die Value Proposition am POS fehlt. Die Projekte die erfolgreich sind (Starbucks, mytaxi und co) haben einen gänzlich anderen Ansatz.

        • Ja, ich glaube das sind genau die wichtigen Punkte, die noch fehlen: die reibungslose, kundenzentrische Experience und der Mehrwert für den Kunden. Aber wenn dann jemand kommt, der diese Experience erfindet und massenfähig macht, dann hat NFC den riesen Vorteil, dass es standardisiert ist und viele Anbieter / Händler inzwischen darauf setzen. Noch sind nicht alle Puzzle-Stücke vorhanden, aber wenn die Infrastruktur steht und universell funktioniert, dann kann auch Apple kommen. Man beachte in Phil Schillers Statement auch das Wort „current“. Und da stimme ich zu, im Moment ist das noch so.

        • … auch ich sehe das Problem mit dem Verbrauchervertrauen beim Beacon. Außerdem würde mich interessieren, was passiert wenn ich einen Laden betrete und der Mensch am POS klickt auf mein Photo und ich bin 100 € leichter, obwohl ich nichts gekauft habe. Viele Menschen haben ja schon bei NFC (Auslösedistanz kleiner 10 cm) erhebliche Bedenken. Da will ich mir gar nicht vorstellen, was es bedeutet Zahlungspflichtig zu werden nur weil ich mich in einem Bereich von 20 Quadratmeter aufhalte. :-)

  3. Ich bleibe weiterhin positiv, was die Zukunft von NFC betrifft. 0,02% der Zahlungen in 2013 im stationären US-Handel werden per Mobilgerät durchgeführt (Javelin Strategy Research). In Deutschland dürften es noch weniger sein. Apple war noch nie darauf aus, eine Technologie als erstes zu nutzen. Sondern den Moment abzuwarten, wenn sie in einem Massenmarkt nutzbar ist. Und vorallem: Perfekt funktioniert.
    1 von 3 Smartphones wird inzwischen mit NFC ausgeliefert. Mannche Dinge sollte man eben nicht überstürzen. NFC wird schon seinen Platz finden, wenn wohl auch nicht als einzige Lösung. Und das ist gut so.

    • Auch ich glaube, dass NFC kommt dazu haben zu viele Parteien zu viel Geld invetstiert.

      Aber das Verfahren hatte einmal das Potential sich monopolartig am POS zu verbreiten.

      Der Zeitpunkt ist jetzt verpasst!

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