Mobile Payment – Deutschland entdeckt Neuland

Mobile Payment

Vor gut einem Jahr erschien mein Artikel Attacke auf die Girocard. Thema war die Motivation der , Kreditkarten einzuführen und die längerfristigen Auswirkungen auf Mobile .

Zusammen mit der Aktivierung der Schnittstelle, eigentlich nur ein kleiner Schritt. Die Auswirkungen von solch „minimalen“ Veränderungen am POS hätte ich mir so nie vorgestellt. Welches „Neuland“ wir auf dem Weg zum Mobile Payment betreten haben – und wieviel noch vor uns liegt – zeigt die folgende Liste.

1. Neuland Kreditkarte

Die Girocard kennt nur die PIN als zulässige Verifikationsmethode. Bei der Kreditkarte dagegen haben noch eine Reihe von Banken die Unterschrift an erster Stelle hinterlegt. Obwohl die Karten mit einem EMV Chip ausgestattet sind, muss der Kunde an der Kasse also einen Beleg unterschreiben. Das hatte sich der auf Performance getrimmte Discounter Aldi Süd wohl anders vorgestellt. Trotz aller professionellen Freundlichkeit war hier dem Kassenpersonal der Unwillen über die ungewohnte Prozessverzögerung anzumerken. Einige Mitarbeiter mussten sich zudem darauf einstellen, dass es bei der Kreditkarte kein einheitliches Prozedere gibt und verlangten, trotz erfolgter PIN Eingabe, bei Kreditkarten immer eine Unterschrift.

2. Neuland kontaktloses

Warum sich die meisten Lebensmitteldiscounter so schwer taten, die kontaktlose Schnittstelle frei zu schalten, konnte man etwas später beobachten. Endlose Diskussionen, ob denn jetzt für Beträge unter 25 Euro eine Unterschrift geleistet werden muss oder nicht. Wer mit einem NFC bezahlte, konnte durch die Frage wogegen man die Unterschrift denn prüfen wolle, den Spuk meist beenden. Ein schönes Erlebnis hatte ich dann noch mal bei Aldi Süd. Hier rief die Filialleiterin das komplette Personal zusammen, damit alle zuschauen konnten, wie mit einem Smartphone kontaktlos bezahlt wird.

3. Neuland Payback

Selbst das vom nach dessen Vorstellungen gestaltete Payback Pay war nicht frei von Geburtswehen. Obwohl auch hier keine Raketentechnik zur Anwendung kommt, hatte dm es schlicht versäumt, alle Mitarbeiter über das Verfahren zu informieren. So kamen Beschwerden zum Dutzend in den sozialen Netzwerken über misslungene Zahlungsversuche. Man darf gespannt sein ob das bei Real besser läuft. Ein Testbericht dazu in Kürze.

4. Neuland Regulatorik

Ein weiteres Ärgernis ist, viele Händler haben nicht mitbekommen, dass die EU die Mindestgebühren bei Kartenzahlung abgeschafft hat. Ein Mindestumsatz ist somit hinfällig. Entweder werden die Händler von ihrem Zahlungsdienstleister über den Leisten gezogen oder sie wollen schlichtweg keine Kartenzahlung. Ein anderes Regulierungsthema: Die Anwender Auswahl wird ignoriert. Die Terminal Software ist noch nicht fertig. Das mindeste was die Händler aber machen könnten, wäre das Anbringen von Aufklebern über akzeptierte Zahlungsarten. Dies betrifft vor allem kleinere Händler, dabei kann dann auch der EC Karten Aufkleber gegen den der Girocard ausgetauscht werden.

5. Neuland Pay

Als nächstes steht die Vorbereitung für Apple Pay auf dem Plan. Eigentlich sollte das an jedem Terminal funktionieren, wo kontaktlose Kreditkarten laufen. Eigentlich! Manche Terminals haben Schluckauf, wenn man ein iPhone davor hält. Hier hilft nur ein Konfigurationsupdate. Anfragen an den Kundendienst führen auch schon mal zu der Fehlauskunft, dass Apple Pay bewusst wieder deaktiviert worden ist. Übrigens wäre es sinnvoll das Kassenpersonal auf Apple Pay insoweit vorzubereiten, dass hier auch bei Beträgen über 25 Euro weder PIN am Terminal noch Unterschrift notwendig sind.

Und der Handel?

Fragt man den Handel, warum das alles so schwierig ist kommt der Hinweis, dass man ja schon selber die Aufgabe der Banken übernehme und den Kunden über die neuen Zahlverfahren informiert. Das ist aber nur die halbe Miete. Die Tatsache, dass sehr viele Bankmitarbeiter die neusten Zahlprodukte der eigenen Institute nicht kennen und man dort selbst von den Fachabteilungen zu spezifischen Fragen falsche Antworten bekommt, ist ein Offenbarungseid der Finanzbranche.

Aber an der Kasse steht kein verwirrter Konsument der nicht mehr durchblickt, sondern ein bestens informierter „Early Adopter“. Dieser trifft auf überfordertes Kassenpersonal, dessen ebenfalls überlasteter Filialleiter, die Schulungsunterlagen der Fachabteilung noch in der Schublade liegen hat.

Nach fünf Jahren Mobile Payment am POS kann ich vorher sagen, bei der geplanten Einführung von NFC für gibt es noch viel mehr Neuland zu entdecken. Das liegt aber wahrscheinlich genau wie bei Atlantis unter Wasser!

Über Rudolf Linsenbarth 91 Artikel
Rudolf Linsenbarth ist Senior Consultant für den Bereich Mobile Payment und NFC bei der COCUS Consulting GmbH. Zuvor war er 11 Jahre im Bankbereich als Senior Technical Specialist bei der TARGO IT Consulting (Crédit Mutuel Bankengruppe). Hier auf mobile zeitgeist schreibt Rudolf Linsenbarth in eigenem Namen . Mehr über Rudolf auf Twitter @Holimuk oder bei XING.

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