Mobile Marktplätze: Neue Konkurrenz aus Fernost

Mobiles Shopping wird immer beliebter. Bezahldienste aus China machen dem europäischen Markt mehr und mehr Konkurrenz.
Foto: pixabay, Hannes Edinger

Shoppen mit mobilen Geräten wie Smartphones oder Tablets wird immer beliebter. Laut einer Studie im Auftrag von Mastercard (2018) verwenden 80 Prozent der Europäer und 84 Prozent der Deutschen ein Mobilgerät für den Online-Einkauf. 41 Prozent der Europäer benutzen solch ein Gerät sogar sehr oft oder immer. Das sind beeindruckende Zahlen, die in den kommenden Jahren noch steigen werden. Gerade junge Menschen und folgende Generationen werden wohl nur noch zum Smartphone greifen: Im Rahmen einer Umfrage 2018 gaben 90 % der Befragten zwischen 20- und 29-Jährigen an, schon einmal etwas über das Smartphone gekauft zu haben (Statista). Der Umsatz durch Mobile Commerce weltweit lag 2017 bei 1,36 Billionen US-Dollar, bis 2021 sollen es dann bereits 3,56 Billionen US-Dollar sein (Statista).

Mobiles Shoppen – Ein paar Einblicke

Betrachtet man einmal die Shopping Apps im App oder Play Store, dann identifiziert man schnell 4 verschiedene Arten. Da wären zunächst Händler-Apps, etwa von H&M, Zara oder Scotch & Soda. Danach stößt man auf Rabatt-Apps, dazu gehören z.B. Groupon, Dealbunny.de oder Payback. Des Weiteren findet man sogenannte C2C-Marktplätze-Apps für gebrauchte Ware. In diese Kategorie fallen Apps wie Vinted, Letgo oder Kleiderkreisel. Und nicht zuletzt gibt es mobile Marktplätze, die vielleicht wichtigste Kategorie mit den meisten Downloads. Hier muss man noch einmal differenzieren, und zwar zwischen angepassten klassischen Marktplätzen fürs Smartphone (Amazon, eBay, Zalando etc.) und reinen Apps (Wish, lyst, Joom). Wir interessieren uns im Folgenden vor allem für diese letzte Kategorie, da es dort gerade viele Umbrüche gibt und es noch spannend wird. Wer mehr über mobile Marktplätze und Shopping Apps erfahren möchte, kann hier einen interessanten Guide herunterladen.

 

Wie wir weiter oben gesehen haben, shoppen Deutsche gerne mobil. Das liegt daran, dass sie einfach viele Vorteile darin sehen. Ganz vorne liegen bei den Vorteilen Schnelligkeit, 1-Klick-Käufe, die einfachere Navigation sowie eine verbesserte Sichtbarkeit. Gründe wiederum für Händler und Marken auf mobilen Marktplätzen zu verkaufen gibt es auch zahlreiche: Zunächst ist keine eigene App-Entwicklung notwendig, was Zeit und Kosten spart. Des Weiteren sind gerade mobile Marktplätze in Sachen Navigation und Sichtbarkeit ganz vorne dabei, bei für Kunden also wichtigen Eigenschaften. Es gibt dadurch ein einfacheres Kundenerlebnis, das durch das breite Angebot der Marktplätze noch gestärkt wird. Ein Grund, an den vielleicht nicht gleich jeder denkt: Mobile Marktplätze sparen Speicherplatz auf Smartphones, da nicht jede einzelne Händler-App installiert werden muss. Auf mobilen Marktplätzen können außerdem neue Arten von Daten in größeren Mengen erfasst werden, um die Empfehlungen und die betriebliche Effizienz von Händlern zu verbessern.

Klassische mobile Marktplätze wie Amazon und eBay lagen lange Zeit weit vorne und dominierten die Kategorie, doch seit einiger Zeit gibt es erstzunehmende Konkurrenz aus Fernost, die die alten Platzhirsche verdrängen möchte.

Das „Trio Infernale“: Joom, Wish, AliExpress

Marken, Händler und mobile Shopping Apps sollten vor allem auf das „Trio Infernale“ Joom, Wish und AliExpress schauen. Im Folgenden ein kleiner, aber informativer Überblick über die drei östlichen Herausforderer.

Ranking der Top Shopping Apps im App Store Mitte Februar 2019; Joom, Wish und AliExpress ist ganz vorne mit dabei (© Lengow)

JOOM: Diese App aus Russland war Anfang 2019 mit rund 803.000 Downloads an der Spitze des Rankings der beliebtesten Shopping-Apps im Google Play Store in Deutschland (Statista). Auch in anderen europäischen Ländern, etwa Frankreich, ist Joom ganz vorne mit dabei. Und das ist kein Zufall, denn dieser mobile Marktplatz, der Produkte aus China zu sehr günstigen Preisen ohne Versandkosten anbietet, ist auf der anderen Seite des Rheins sehr aktiv. Joom rekrutiert dort Händler und Marken, um den eigenen Händlerstamm auf einem Markt zu stärken, den das Unternehmen als Schlüssel zur Erschließung Europas und zum Angriff auf Amazon sieht. Dazu arbeitet Joom auch mit E-Commerce-Plattformen wie Lengow zusammen. Die 2016 gegründete russische Plattform bietet derzeit rund 10 Millionen meist chinesische Produkte an, die vom Smartphone über Sneaker bis hin zu Kabeln reichen. Joom bietet bereits 10.000 Produkte aus Frankreich an und sieht die Heimat der Haute-Couture-Mode als Testfeld für den Ausbau des Verkaufs von höherwertigen Artikeln aus dem Ausland, wobei die französischen Verbraucher zu den aktivsten in Europa gehören. Rund 40.000 neue Nutzer installieren die Joom App täglich in Frankreich (Zahlen von Joom). Nach zweieinhalb Jahren Existenz zählt die App insgesamt 200 Millionen Downloads (iOS und Android), 25 Millionen aktive Nutzer pro Monat, 20 Millionen aktive Käufer. In Europa wurden bis jetzt 60 Millionen Downloads, 15 % Umsatzwachstum pro Monat, 5 Bestellungen pro Monat pro aktiven Nutzer und 17 Minuten pro Tag durchschnittliche Zeit für die App gezählt. Bemerkenswert: Anfang 2019 macht Europa 50 % des Umsatzes von Joom aus, verglichen mit 45 % auf dem russischen Markt.

WISH: Im Jahr 2018 wurde die Wish-App in Deutschland über zehn Millionen Mal heruntergeladen, weltweit knapp 200 Millionen Mal. Die 2011 gegründete App funktioniert etwa wie Joom: Verbraucher aus Europa können billige Produkte aus China bestellen. Laut Wish werden pro Tag mehr als zwei Millionen Produkte verkauft. 2017 wurde auf Wish erstmals eine Milliarde Dollar umgesetzt. Gerade durch eine aggressive Werbekampagne auf beinahe allen sozialen Netzwerken mit bekannten Werbeträgern (Neymar, Pogba etc.) konnte Wish schnell einen hohen Bekanntheitsgrad erreichen: Allein das jährliche Werbebudget für Facebook soll um die 500 Millionen Dollar betragen. Damit gehört Wish zu den größten Werbekunden des Unternehmens. Amazon und Alibaba sollen zeitweise dermaßen Panik geschoben haben, dass sie Übernahmeabsichten geplant haben (FAZ).

AliExpress: AliExpress ist ein von Alibaba betriebener Cross-Border-Online-Marktplatz, auf dem chinesische Unternehmen ihre Produkte international verkaufen. AliExpress lässt sich am ehesten mit eBay vergleichen. Die Verkäufer sind unabhängig und AliExpress dient lediglich als Plattform für die Unternehmen. Die meisten Produkte werden von China aus geschickt, doch einige kommen auch aus anderen europäischen Ländern. Das in Europa geplante Riesen-Logistikzentrum unterstreicht die Ambitionen, die Alibaba/AliExpress in Europa hat, und ist ein Schritt weiter Richtung eines europaweiten Logistiknetzes.  Die 60 Millionen aktiven Kunden kommen bei AliExpress aus 220 Ländern. Angeblich werden 92 % der Bestellungen auf Alibaba via mobilen Geräten getätigt.

Welche Folgen?

Das Trio Joom, Wish und AliExpress mischt den Mobile Commerce auf. Sie sind eine Herausforderung für die etablierten mobilen Marktplätze, aber auch für die eigenen Apps der Händler und Marken. Trotzdem verfolgen sie verschiedene Strategien: Während Wish und AliExpress sofort allübergreifend den europäischen Markt angreifen, geht Joom den Weg über Frankreich und versucht sich so auf dem Kontinent einen Platz zu schaffen. Wieso Frankreich? Weil dort Amazon traditionell schwächer ist als in anderen europäischen Ländern und es wohl einfacher erscheint, dort den US-E-Commerce-Riesen zu „entthronen“.

Diese neuen mobilen Marktplätze müssen unbedingt auf der Liste der Konkurrenten stehen. Händlern und Marken wird empfohlen auch dort zu versuchen, die eigenen Produkte zu verkaufen. Gerade öffnen sich die Apps ja auch europäischen Verkäufern. Chinesische Verkäufe sind nicht mehr die einzige Zielgruppe… Das wird wiederum noch mehr ändern, denn was einige Verbraucher abhält auf diesen Apps zu bestellen sind gerade die chinesischen Lieferanten!

 

Über Adrian Gmelch 3 Artikel
Adrian Gmelch verantwortet die Öffentlichkeitsarbeit für die DACH-Region bei Lengow. Das Unternehmen ist Anbieter einer E-Commerce-Automation-Plattform, die Produktdatenfeeds für Online-Händler optimiert, die ihre Artikel weltweit auf Marktplätzen und anderen Plattformen verkaufen möchten.

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