Freies WLAN: Local Mobile Marketing kann so einfach sein

Die Mutter der Location Based Services

Freies WLAN

Anfang letzten Monats hatte ich schon darüber berichtet, dass sich ein Anti-Showrooming-Patent gesichert hat. Und ich hatte ein paar Überlegungen angestellt, warum Amazon, die ja bei anderen Händlern meist vom Showrooming profitieren, ein solches Patent anmelden würde.

Dabei hatte ich besonders darauf hin gewiesen, dass Händler ihren Service durch derartige Technologien verbessern können. Denn ein WLAN (Wireless Local Area Network) eröffnet die Möglichkeit, den Kunden genau im Kauf entscheidenden Mobile Moment ansprechen zu können.

Um dies nun ein wenig konkreter zu machen, wie so etwas aussehen kann und was dabei zu beachten ist, folgt nun ein etwas ausführlicherer Artikel zu freien WLANs im Handel. Mit ihnen sind verschiedene Services und auch Tracking-Möglichkeiten verbunden, auf die ich eingehen möchte.

Technische Infrastruktur

Was ist überhaupt nötig, um ein eigenes WLAN zu betreiben? Zunächst muss natürlich ein Internetanschluss vorhanden sein. Empfehlenswert ist ein gesonderter für das Kunden-WLAN, es ist aber auch möglich, einen vorhandenen Anschluss zu teilen. Zu beachten ist dabei, dass dadurch natürlich auch die Bandbreite geteilt wird und jedem Nutzer, egal ob oder Kunde, nur noch eine gewisse Bandbreite zur Verfügung steht.

Dann werden, je nach Räumlichkeit und Zielsetzung, Router und Access Points benötigt. Die Router verbinden den meist Kabel gebundenen Internetzugang mit dem Access Point. Dieser wiederum erzeugt das WLAN und stellt damit die Funkverbindung zum mobilen Gerät her. Bei kleineren Läden wird man mit zwei bis drei Access Points auskommen, je größer die Fläche, je mehr wird man brauchen. Final lässt sich dies jedoch erst vor Ort entscheiden.

Nun hat man zumindest die Hardware-Infrastruktur, ein eigenes lokales zu betreiben.

Was kann man nun tracken?

Hier sind grundsätzlich zwei Szenarien zu unterscheiden:

  1. Das des Kunden hat die WLAN-Funktion eingeschaltet, ist aber nicht im Händler-WLAN
  2. Das Smartphone des Kunden hat die WLAN-Funktion eingeschaltet und hat sich in das Händler-WLAN eingeloggt

In beiden Fällen hat das Smartphone auf Suche nach einem WLAN einen Probe Request verschickt, der vom Access Point mit der Probe Response beantwortet wurde. Diese Antwort enthält unter anderem den Netzwerknamen (SSID) und Details über die Verschlüsselung. Soweit haben die beiden nun den ersten Kontakt aufgenommen.

Im ersten Szenario „weiß“ nun das Smartphone, dass es ein freies WLAN gibt, hat sich dort aber nicht eingeloggt. Nun kann der Access Point den Ort, die Verweildauer des Smartphones in der Reichweite des Access Points und das Gerät ermitteln. Je nach Smartphone-Hersteller kann sogar festgestellt werden, ob dies ein wiederkehrender Besucher ist oder nicht. Dies ist allerdings eher ungenau.

Das zweite Szenario, bei dem sich der Nutzer auch in das freie WLAN eingeloggt hat, bietet mehr Möglichkeiten. Hier offenbart das Smartphone noch die voreingestellte Sprache und das Betriebssystem. Ob es sich um einen wiederkehrenden Besucher handelt kann verlässlich ermittelt werden und auch die Aufenthaltsdauer im WLAN, jenseits des einzelnen Access Points, ist nachvollziehbar.

Mehrstufiges Freischalten

Das sich der Nutzer in das freie WLAN eingeloggt hat, heißt noch nicht, dass er auch im Internet ist. Zunächst ist er in einem geschützten und damit vom Händler kontrollierten Bereich. Der Händler kann entscheiden, ob der den Zugang zum Internet frei gibt.

Sinnvoll ist es, dem Nutzer in diesem geschützten Bereich eine mobile Landingpage zu präsentieren, auf der er z.B. Angebote oder Bewertungen sehen kann, den Link zur Installation der Händler-App oder zur Facebook Page des Händlers findet oder auch andere Infos und Services nutzen kann.

In einem weiteren Schritt kann der Händler dann auch das Internet zugänglich machen, z.B. nach Angabe der Email-Adresse, Anmeldung zum Newsletter oder anderen „Gegenleistungen“ durch den Kunden.

In diesem mehrstufigen Prozess kann man mit seinen Angeboten zunehmen granularer werden.

Datenschutz

Wer solche Tracking-Verfahren einsetzen möchte, muss sich immer auch mit den deutschen Vorschriften zum Datenschutz auseinander setzen. Hier gilt grundsätzlich, dass das Erheben von Personen bezogenen Daten immer die explizite Zustimmung der betreffenden Person benötigt. Explizit heißt, dass der Nutzer wissen muss, dass er getrackt wird und welche Daten von ihm erhoben werden (Informationspflicht). Diesem Vorgang muss er ausdrücklich zustimmen (Zustimmungspflicht). Eine implizite Zustimmung durch die Nutzung eines angebotenen Services reicht nicht aus. Bewährt ist hier das Double-Opt-In-Verfahren, das wir schon von anderen Anmeldeprozessen kennen.

Der Aspekt der aktuellen Rechtsprechung ist jedoch nur ein Teil der berühmten „Miete“. Der andere ist, dass durch heimliches Tracken, auch wenn es formaljuristisch vielleicht zulässig sein mag, das Kundenvertrauen blitzartig verspielt werden kann. Erst kürzlich hat diese Real mit seiner Gesichtserkennung machen dürfen.

Es ist also klug, dem Kunden gegenüber mit höchstmöglicher Transparenz zu handeln. Hierbei gilt, dass der Konsument meist durch Goodies zur Freigabe seiner Daten motiviert werden kann. Ist also der Nutzen für ihn höher als der Aufwand (Datenfreigabe), wird er eher mitmachen.

Bleibt als ein weiterer rechtlicher Aspekt die Störerhaftung, um die es in den vergangenen Monaten ein regelrechtes Hickhack geben hat. Doch nun ist sie endlich abgeschafft – also weitestgehend. Mehr dazu hier bei Netzpolitik.

Daten sind das neue Öl

Hat der Nutzer zugestimmt, dass seine Daten erhoben und verarbeitet werden dürfen, kann das User Profiling die Basis für individuelle und damit nützliche Location Based Services werden. Der Fantasie sind hier seitens das Handelsmarketings kaum Grenzen gesetzt, solang der Kunde nicht gefühlt zugespammt, also zu häufig oder zu aufdringlich angesprochen wird.

Die ermittelten Daten ermöglichen aber nicht nur den verbesserten Dialog mit dem einzelnen Kunden. Die entstehenden Datenbestände erlauben tiefe Einblicke in das Kundenverhalten und seine Schwankungen und Veränderungen in Abhängigkeit von Kontextvariablen wie Zeit, Ort, Umwelt etc.

Rückschlüsse aus den Daten auf die Sortimentsgestaltung, Preise und Promotions sind ebenso möglich. Hieraus kann Wissen über die Wirkmechanismen am POS entstehen, die vorher so nicht vorlagen oder nur auf anfälligen Verfahren basierten.

Zu guter Letzt: Was kostet das Ganze?

Schaut man auf die primäre Infrastruktur und Landingpage, dann kann so eine Lösung zwischen 40 bis 200 Euro monatlichen Kosten liegen. Die recht breite Spanne ergibt sich daraus, dass die Anforderungen der Händler natürlich unterschiedlich sind. Je komplexer die Lösung wird, je teurer wird sie auch.

Professionelle Access Points kosten zwischen 300 und 700 Euro pro Stück, so dass sich auch die Initialkosten für die Hardware in Grenzen halten.

Ich möchte mich ganz herzlich bei Christian Cramer, Geschäftsführer und Co-Gründer der Loop21 GmbH, bedanken, der mir im Rahmen eines sehr netten Gesprächs wertvollen Input für diesen Artikel gegeben hat.

Dieser Artikel erschien zuerst auf ZUKUNFT DES EINKAUFENS.

Über Heike Scholz 429 Artikel
Nach über zehn Jahren als Strategieberaterin für internationale Unternehmen gründete die Diplom-Kauffrau 2006 mobile zeitgeist und machte es zum führenden Online-Magazin über das Mobile Business im deutschsprachigen Raum. Heute ist sie ein anerkannter und geschätzter Speaker und gehört zu den Köpfen der deutschen Internet-Szene. Weiterhin ist sie Beiratsmitglied für die Studiengänge Angewandte Informatik und Mobile Computing an der Hoschschule Worms. Als Co-Founder von ZUKUNFT DES EINKAUFENS, begleitet sie die Digitale Transformation im stationären Einzelhandel. Sie berät und trainiert Unternehmen, die sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen und fördert mit ihrem Engagement die Entwicklung verschiedener Branchen und Märkte.

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