Amazon bekommt Zuschlag für Anti-Showrooming Patent

Warum macht Amazon das?

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Zeitgleich mit der Übernahme von Whole Foods durch Amazon berichtete die Washington Post, die bekanntlich ja auch dem Amazon Chef Jeff Bezos gehört, dass Amazon ein Anti-Showrooming Patent zugeteilt wurde. Damit will Amazon das Showrooming am POS unterbinden.

Diese Gleichzeitigkeit der Veröffentlichung war sicherlich kein Zufall. Amazon hat das Patent bereits 2012 beantragt, die Zuteilung erfolgte am 30. Mai 2017. Spannend ist, dass Amazon schon 2012 erkannt hat, wie sehr mobile Geräte wie Smartphones, das Einkaufen am POS verändern würden und hat weit bevor im Handel jemand vom Showrooming sprach, dieses Patent ausgearbeitet.

Um was geht es im Anti-Showrooming Patent?

Ist der Kunde, der sich gerade im Ladengeschäft aufhält, über das lokale WLAN des Händlers im Internet und ruft z.B. eine Preisvergleichsseite auf, kann das System verschiedene Aktionen ausführen:

  • Die Seite wird geblockt
  • Der Nutzer wird auf die eigene Shop-Seite weiter geleitet
  • Dem Nutzer wird eine (Push-)Nachricht, z.B. ein Coupon, auf sein Smartphone gesendet
  • Dem Kunden wird das Produkt zu einem besseren Preis oder ein komplementäres Produkt angeboten
  • Ein Verkaufsmitarbeiter wird benachrichtigt und kann den Kunden gezielt ansprechen

Natürlich läuft dieses System in dem Moment ins Leere, wenn der Kunde nicht über das Händler-eigene WLAN im Netz ist, sondern über das Mobilfunknetz.

Auch muss insbesondere in Deutschland die Rechtslage u.a. das Push-Marketing beachtet werden. Hier ist immer ein Double-Opt-In notwendig. Doch das sind Hürden, die überwindbar sind.

Die Patentschrift gibt es hier: „Physical Store Online Shopping Control“ (pdf, 1,5MB)

Warum macht Amazon das?

Auf den ersten Blick mag man sich wundern, warum ausgerechnet Amazon, die massiv vom Showrooming bei anderen Händlern profitieren, eine solche Technologie patentieren lassen sollte. Zumal zum Zeitpunkt des Antrags 2012 Amazon noch keine eigenen POS hatte.

Schaut man etwas genauer hin wird klarer, was Amazons Gründe sein könnten.

Mitbewerber ausbremsen

In dem Moment, in dem Amazon das Patent hält, können andere ein solches nicht mehr beantragen. Natürlich kann man eine etwas andere Lösung versuchen, patentieren zu lassen, aber langwierige Rechststreitigkeiten sind vorprogrammiert.

Einer Nutzung eines solchen Systems in den eigenen Läden steht mit diesem Anit-Showrooming Patent von Amazon eine beachtenswerte Hürde im Weg.

In diesem Zusammenhang ist es interessant zu wissen, dass Amazon zurzeit noch keinen Zeitpunkt nennt, wann die Technik am POS implementiert werden soll. Vielleicht verschwindet das Patent letztlich doch in einer Schublade.

Besserer Service

Wir haben auf ZUKUNFT DES EINKAUFENS bereits mehrfach über Motivlagen der Nutzer beim Showrooming und auch Maßnahmen, die Händler ergreifen können, geschrieben. Denn das Problem, das der Handel mit diesem Nutzerverhalten hat, ist groß und wird nicht verschwinden. Da hilft das allseits beliebte Jammern über diesen Effekt recht wenig.

Amazon zeigt mit diesem Patent sehr deutlich, wie ein Weg aus diesem Dilemma aussehen könnte: Technologien zu nutzen, um das Erlebnis am POS zu verbessern.

Stellen wir uns vor, ein Kunde ist im Ladengeschäft und zückt sein Smartphone, um seinen Kauf zu verifizieren. Dies kann, muss aber nicht, einen Preisvergleich beinhalten. Wenn in diesem Moment nicht gerade ein Verkaufsmitarbeiter direkt neben dem Kunden steht und dies beobachtet, erfährt der Händler davon nichts. Alles, was er bestenfalls registrieren kann ist, dass ein Kunde im Laden war und ggf. ohne etwas zu kaufen wieder gegangen ist.

Erfährt der Händler jedoch genau zu dem Zeitpunkt, an dem sich der Kunde entscheiden möchte davon, kann er handeln. Denn dieser Micro-Moment ist einer der Wichtigsten in der Shopper Journey. Genau hier möchte man doch präsent sein und den Kunden erreichen können.

Lernen statt Schimpfen

Einmal mehr zeigt Amazon, wie weitsichtig sie sind und wie Ernst es Jeff Bezos meint, wenn er von totaler Hingabe an die Kunden spricht. Amazon sollte mehr Inspirationsquelle als Schreckgespenst sein, denn man kann von klugen Köpfen immer etwas lernen.

Beitragsbild: SounderBruce, Wikimedia

Dieser Beitrag erschien zuerst auf ZUKUNFT DES EINKAUFENS.

Über Heike Scholz 429 Artikel
Nach über zehn Jahren als Strategieberaterin für internationale Unternehmen gründete die Diplom-Kauffrau 2006 mobile zeitgeist und machte es zum führenden Online-Magazin über das Mobile Business im deutschsprachigen Raum. Heute ist sie ein anerkannter und geschätzter Speaker und gehört zu den Köpfen der deutschen Internet-Szene. Weiterhin ist sie Beiratsmitglied für die Studiengänge Angewandte Informatik und Mobile Computing an der Hoschschule Worms. Als Co-Founder von ZUKUNFT DES EINKAUFENS, begleitet sie die Digitale Transformation im stationären Einzelhandel. Sie berät und trainiert Unternehmen, die sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen und fördert mit ihrem Engagement die Entwicklung verschiedener Branchen und Märkte.

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