CyanogenMod – bald die dritte Kraft im OS-Markt?

CaynogenMod
Das Team von CaynogenMod Inc. Quelle: CyanogenMod Inc.

Die beliebte Custom ROM für Android CyanogenMod ist der Community entwachsen und hat sich als CyanogenMod Inc. quasi neu erfunden. Langfristig möchte man damit das drittstärkste mobile Betriebssystem im Markt werden – was ein steiniger Weg werden dürfte.

Seit letzten Mittwoch offiziell: CyanogenMod Inc.

Android ist von der gesamten Ausrichtung her ein relativ offenes Betriebssystem, anders als iOS, Windows Phone oder das Blackberry OS. Die Entwickler-Community rund um Android hat entsprechend früh damit begonnen, den als Open Source zugänglichen Teil von Android nach eigenen Bedürfnissen anzupassen, zu verändern und weiterzuentwickeln. Das Ergebnis ist eine inzwischen eigentlich unüberschaubare Anzahl an Custom ROMs, die bekannteste und wohl am häufigsten genutzte ist CyanogenMod, kurz CM.

Das Team von CaynogenMod Inc. Quelle: CyanogenMod Inc.

CyanogenMod geht zurück auf erste Quellcode-Änderungen von Steve Kondik, ist inzwischen aber zu einer großen Community mit unzähligen beteiligten Entwicklern gewachsen, die das Projekt alle mehr oder weniger koordiniert weiter vorantreiben. Vor einiger Zeit nun waberten bereits Gerüchte durch einschlägige Blogs, wonach der harte Kern rund um Steve Kondik eine Firmengründung in Erwägung ziehen würde, um CM koordinierter, planbarer und vor allem mit mehr Ressourcen weiterzuentwickeln. Schon Ende 2012 wurden die ersten Weichen gestellt, wie Steve Kondik über die Firmengründung schreibt, seit Mitte letzter Woche ist es offiziell: CM ist von einem Community-Projekt zu CyanogenMod Inc. gewachsen.

Installer-App und der erste Hardware-Partner

Wer schon einmal CM oder andere Custom ROMs selbst auf einem Handy installiert hat weiß, dass der durchschnittliche Smartphone-Nutzer mit den technischen Details heillos überfordert ist. Aus diesem Grund soll es demnächst einen Installer über Googles Play Store geben, der eine einfache Installation ermöglichen soll. Auch wenn das Geschäftsmodell von CyanogenMod Inc. noch nicht wirklich klar ist, eines ist sicher: Die Nutzerbasis muss größer werden. Dementsprechend hat Steve Kondik das Ziel ausgegeben, mit CM zum drittstärksten mobilen Betriebssystem im Markt zu werden.

Neben der möglichen Installer-App muss CM idealerweise also auch gleich vorinstalliert auf neu verkaufte Smartphones, ein Auftritt von Steve Kondik im offiziellen Youtube-Kanal des chinesischen Smartphone-Herstellers OPPO deutet darauf hin, dass sich OPPO heute Abend als erster Hardware-Partner von CM präsentieren könnte. Wie genau CM seinen Weg vorinstalliert auf Smartphones finden kann ist dabei noch unklar: CyanogenMod Inc. hat inzwischen klar gemacht, weiter auf Google Services wie Gmail oder Google Maps zu setzen, in der Custom ROM selbst dürfen diese aber auf Betreiben von Google nicht mehr enthalten sein und müssen separat nachinstalliert werden – weil CM von Haus aus Root-Rechte bietet und damit keine Google-Zertifizierung erhält. Wie sich diese Hürde möglichst komfortabel für Otto-Normalverbraucher lösen lässt, bleibt vorerst offen.

Positionierung im Markt

Interessant ist zudem die Stoßrichtung von CyanogenMod Inc. und OPPO: Anders als beispielsweise Mozilla mit seinem Firefox OS oder Jolla mit Sailfish OS zielt man mit dem ersten CM-Gerät offenbar nicht auf Smartphone-Einsteiger und preiswerte Geräte, sondern versucht sich direkt im oberen Preisbereich zu etablieren. Obwohl CM gerade auch dafür bekannt ist, ältere Android-Geräte an unwilligen Herstellern vorbei mit aktuellen Android-Versionen zu versorgen kommt mit dem OPPO N1 also heute Abend vermutlich erst einmal ein CM-Gerät im Highend-Bereich.

Neben Fragen der Zielgruppen-Auswahl und der Notwendigkeit einer möglichst einfachen Installation dürfte CyanogenMod Inc. aber auch die zunehmende Konkurrenz im Markt mobiler Betriebssysteme beschäftigen: Neben den bereits genannten Firefox OS und Sailfish OS wildert vor allem die mobile Ubuntu-Version im gleichen Fahrwasser technisch versierter Smartphone-Nutzer wie CM und soll bereits am 17. Oktober 2013 in Version 1.0 veröffentlicht werden.

Der dritte Platz im OS-Markt – was bedeutet das?

Wirft man jetzt einmal einen Blick auf den Markt mobiler Betriebssysteme im zweiten Quartal 2013 wird deutlich, wohin Steve Kondik und Co. mit CM wollen. Laut Gartner wurden im zweiten Quartal insgesamt 225 Millionen Geräte an Endkunden verkauft, darunter knapp 180 Millionen Android-, etwa 30 Millionen iOS- und gut 7 Millionen Windows Phone-Geräte. Um hier den dritten Platz einzunehmen müsste CM also auf deutlich mehr als 7 Millionen Neuinstallationen bzw. verkaufte CM-Geräte kommen. Eher 9 bis 10 Millionen Installationen/Geräte bräuchte CM, wenn man Zahlen von IDC und Strategy Analytics zugrunde legt, die auf Auslieferungen an den Handel basieren.

Überblick über den Markt mobiler Betriebssysteme im 2. Quartal 2013. Quelle: Gartner, IDC, Strategy Analytics

Und das auch nur, wenn man wohlwollend Verkaufs- und nicht Nutzungszahlen betrachtet. Um gemessen an allen genutzten Smartphone-Betriebssystemen auf den dritten Platz zu kommen, müsste CM schließlich erst all die Millionen Smartphones aufholen, die in den vergangenen Monaten und Jahren mit Android, iOS, Windows Phone und wohl auch Symbian etc. verkauft wurden.

Aktuell knapp acht Millionen CyanogenMod-Installationen

Wie weit ist CM von diesem Ziel entfernt? Der Zähler auf stats.cyanogenmod.com zeigt derzeit 7,7 Millionen CM-Installationen an. Selbst wenn CM damit derzeit auf 7,7 Millionen Geräten laufen würde ist man damit noch ein gutes Stück vom dritten Platz entfernt – zumal die 7,7 Millionen Installation nicht alle im zweiten Quartal erfolgt sind. CM wird weiter Open Source bleiben, und so dürften viele aktuelle CM-Nutzer lieber weiter eine von der Community betriebene Version nutzen als die bald von CyanogenMod Inc. in irgendeiner Art kommerziell vertriebene. Man traut sich also einiges zu mit der Ansage, bald drittgrößtes mobiles Betriebssystem zu sein. Realistisch zu erreichen ist dieses Ziel in naher Zukunft nicht.

Noch ist wie gesagt noch gar nicht klar, wie CyanogenMod Inc. abseits von Finanzierungsrunden dauerhaft ein tragfähiges Geschäftsmodell aufbauen will und wird. Wenn aber ein Geschäftsmodell angedacht ist – und nicht etwa ein Stiftungsmodell wie beispielsweise bei Mozilla – dann ist der schnelle Zuwachs neuer CM-Nutzer kritisch für den finanziellen Erfolg. Und genau so muss die Ansage auch verstanden werden: Anders als bei einem Community-Projekt geht es CyanogenMod Inc. jetzt um möglichst viele Nutzer, ganz egal ob man dabei den siebten oder fünften oder vielleicht auch irgendwann den dritten Platz im OS-Ranking einnimmt. Entscheidend ist das Wachstum.

Über Wolfgang Dietl 6 Artikel
Wolfgang Dietl arbeitet als IT-Redakteur in München und schreibt in seiner Freizeit hier und auf mobile-studien.de über den Mobile-Markt. Mehr Infos gibt es auch auf Xing.

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