Ständige Erreichbarkeit, Maschinen, die miteinander kommunizieren und Software, die Arbeitsaufgaben vereinfacht oder gar übernimmt: Die Digitalisierung hat in den Arbeitsalltag der meisten Menschen Einzug gehalten. Ein Forschungsteam der Universität Hohenheim in Stuttgart und des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) untersucht, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf einzelne Aspekte der Arbeitswelt hat. Im Interview mit mobile zeitgeist erklärt Christopher Zirnig, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Universität Hohenheim, Fachgebiet Soziologie, unter anderem welche Herausforderungen die digitale Transformation mit sich bringen wird.
mz: Digitalisierung am Arbeitsplatz. Was sind für Sie die entscheidenden Wandlungspunkte, welche die Arbeitswelt verändern werden?
Christopher Zirnig: Die Digitalisierung ist schon heute an nahezu allen Arbeitsplätzen angekommen. In der Montage beispielsweise gehören SPS-Programmierung, cnc-Programmierung oder PPS-Systeme zum Alltag und die Facharbeiter*innen beherrschen das auch. Da ist man für die Zukunft schon sehr gut aufgestellt. Es ist dabei wichtig, dieses vorhandene Wissen einzusetzen und auszubauen.
In anderen Bereichen wird – und auch das hat jetzt schon begonnen – der vermehrte Einsatz von Daten Geschäftsmodelle und Tätigkeiten verändern. Es geht dabei vor allem darum Mitarbeiter*innen auszubilden, die Daten als Teil der Wertschöpfungskette anerkennen und Ideen entwickeln können diese sinnvoll einzusetzen.
An dieser Stelle entstehen eventuell neue Berufsbilder, die fach-spezifische Aspekte (das kann sein Vertrieb, Marketing oder auch Bereiche wie Journalismus etc.) und die Daten zusammenbringen, weil der/die beste Datenanalyst*in kann nichts ausrichten, wenn er oder sie nicht einen Bezug zum jeweils fachlichen Thema hat. Das heißt IT oder allgemein datenbezogene Themen ziehen sich heute durch alle Unternehmensbereiche, von der HR bis zur Produktion. Vom Wirtschaftswissenschaftler über den Informatiker bis zum Ingenieur verschwimmen die Berufsbilder dabei immer mehr und die digitale Kompetenz wird auch immer mehr zu einer Kommunikationskompetenz, weil übergreifendes Wissen vermittelt werden muss.
Eine Herausforderung wird die Aus- und Weiterbildung sein
Wo sehen sie aktuelle Hürden, welche die digitale Transformation behindern und die es zu bewältigen gilt?
Christopher Zirnig: Ich würde es zwar nicht als Hürde beschreiben, aber eine Herausforderung, die für viele – wenn auch nicht alle – Bereiche zur zentralen Herausforderung werden wird ist die Aus- und Weiterbildung. Gerade der vermehrte Einsatz von Daten führt dazu, dass entsprechende Kenntnisse in Bereichen vonnöten sein werden, in denen sie bislang traditionell fachfremd sind. Die dabei benötigten Fähigkeiten enden aber nicht bei der Handhabung von Daten, sondern beziehen sich durchaus auch auf die Kommunikation von Ergebnissen innerhalb des Unternehmens und darüber hinaus. Das heißt, dass eine Mischung aus Fähigkeiten relevant sein wird, die sowohl aus technischem Know-How, als auch aus kommunikativen Soft Skills besteht, was es sehr kompliziert macht ein entsprechenden Curriculum zu entwickeln. Vor allem weil auch das jeweilige Fachwissen benötigt wird. Das heißt in einigen Bereichen wird es Kooperationen mit Computerwissenschaften, Statistik, Mathematik und Informatik brauchen. Abhängig davon wie fremd diese Fächer dem jeweiligen Bereich sind, kann es zu Schwierigkeiten kommen diese Kooperationen aufzubauen.
Ein zweiter Aspekt ist die Führung, die dieses Thema verstehen und als wichtig anerkennen muss, um es erfolgreich umsetzen zu können. Das bedeutet, dass auch hier eventuell Weiterbildungen nötig sein werden um den Einsatz von Daten sowohl wirtschaftlich als auch technisch sinnvoll gestalten zu können.
Worin sind Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gefordert, um die Arbeitswelt der Zukunft nicht nur zu ermöglichen, sondern so zu gestalten, dass alle Beteiligten von ihr profitieren werden?
Christopher Zirnig: Vor allen Dingen muss der Transformationsprozess selbstbewusst und verantwortungsvoll begleitet werden. Es ist dabei wichtig für globale Themen regionale Verantwortung zu übernehmen und nicht der Abwärtsspirale was Wissen, Ausbildung, aber auch Löhne betrifft durch die Globalisierung nachgeben. Das wird auf Dauer nicht nachhaltig sein. Facharbeiter*innen müssen dabei in den Transformationsprozess eingebunden und weiterhin entsprechend aus- oder weitergebildet werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass wertvolles Produktionswissen nicht verloren geht und in den Produktentwicklungsprozess eingebunden werden kann.
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