Beacons gehören nun seit vielen Monaten zu den beliebten Themen in den Medien, doch hat man oftmals den Eindruck, es würde sehr viel mehr darüber geschrieben, was man denn damit tun könnte als dass es wirklich getan wird. Deutschland mal wieder Entwicklungsland, wenn es um innovative Konzepte und Technologien geht? Vielleicht.
Schauen wir also einmal mehr in die USA, wo das Frauenmagazin Elle eine interessante Kampagne durchgeführt hat und verschiedene Medien aus dem Jubeln gar nicht mehr heraus kommen.
Die Kampagne
Anlässlich des 30-jährigen Bestehens von Elle sollte die Kampagne „Shop Now“ durchgeführt werden, die zwei Ziele verfolgte: Steigerung des Verkaufs des Heftes und Steigerung der Verkäufe der vorgestellten und von der Redaktion kuratierten Mode, „Editors Pick“ genannt, aus dem Heft.
Diese Idee, dass ein Frauen- oder Modemagazin die Brücke zum stationären Handel schlägt, ist nicht neu. Schon 2008 trat Gruner + Jahr mit dem „GALAstyle Locator“ an, genau dies zu realisieren. Damals war man offensichtlich zu früh dran, denn aus dem Locator wurde leider nichts.
Elle arbeitete im August/September 2015 mit zwei etablierten Anbietern von Shopping-Apps, Shopadvisors und RetailMeNot (Coupons) zusammen und konnte so auf eine theoretische Reichweite von insgesamt 25 Millionen mobilen Nutzern zugreifen.
Warum „theoretische Reichweite“? Verschiedene Parameter schränken diese Reichweite erheblich ein.
- Die Zahl der tatsächlich aktiven Nutzer ist erheblich geringer als die der Downloads
- (Aktive) Nutzer befinden sich regional nicht immer dort, wo die Kampagne ausgerollt wird
- Mit einer Push-basierten Kampagne erreicht man nur diejenigen, die das Opt-In durchlaufen haben, Push-Nachrichten also akzeptieren
- Um diese Nutzer per Push ansprechen zu können, müssen diese entweder eine App installiert haben und/oder die Bluetooth-Funktion für die Kommunikation mit den Beacons eingeschaltet haben
Unter Berücksichtigung all dieser Einschränkungen schmilzt die tatsächliche Reichweite oftmals stark zusammen, wie wir schon beim Beacons-Pilotprojekt von Gettings in Düsseldorf zeigen konnten.
Im Rahmen der Kampagne wurden Nutzer, die sich in der Nähe (rund eine Meile) eines der mit Beacons ausgestatteten Geschäfte befanden, mit einer Push-Nachricht angesprochen. Hierin wurden sie auf die von Elle kuratierten Produkte und die September-Ausgabe der Elle in den Geschäften hingewiesen. Zum Einsatz kam hierfür die Geofencing-Plattform von Gimbal.
Die potenziellen Kunden, die die Push-Nachricht öffneten und daraufhin eines der Geschäfte besuchten, erhielten im Geschäft eine weitere Push-Nachricht mit dem Coupon des jeweiligen Partners. Dies erfolgte über die Beacon-Installationen vor Ort, die vom Beacon-Anbieter Swirl kamen.
“Beacon marketing allows publishers to bring their editorial content to life in a whole new way,” sagte Rob Murphy, Vizepräsident Marketing von Swirl. “For Elle, this means surfacing highly relevant style recommendations at the moment when they are most useful, while the consumer is shopping in a store. It’s a win for retailers, brand advertisers and consumers.
While mobile technology provides publishers with a channel that allows them to deliver content to on-the-go consumers, beacons are the key to identifying the precise location and time when that content is most relevant,” so Murphy. “Beacons provide publishers with real-world context for their content, so that it can be delivered and accessed at the time and place it is most useful.”
Murphy beschreibt sehr klar, dass für eine Kaufentscheidung neben dem Kontext (Ort, Zeit, Endgerät) auch die Absicht (Suche, abgerufener Inhalt, Interaktion) eine herausragende Rolle spielt. Im richtigen Moment der Entscheidung, mit der richtigen Botschaft oder dem richtigen Service beim Kunden zu sein, ist der entscheidende Wettbewerbsvorteil.
Die Ergebnisse
Alle Beteiligten sind mit dem Erfolg der Kampagne vollauf zufrieden. In den ersten fünf Wochen wurden 500.000 Kunden an den Point-of-Sale (POS) geführt, also 100.000 pro Woche. Die Öffnungsrate (CTR) der Push-Nachrichten wurde mit einem Gesamtwert von 12 Prozent angegeben.
Leider wurde nicht differenziert, wie hoch bei zwei Push-Nachrichten die jeweiligen Öffnungsraten waren. Wir können davon ausgehen, dass die zweite Push-Nachricht erheblich häufiger geöffnet wurde, denn zu diesem Zeitpunkt befand sich der Kunde bereits am POS.
Deloitte hat ermittelt, dass bei Beacon-Projekten die Öffnungsraten im Jahresdurchschnitt bei ca. einem Prozent liegen. Von diesen gingen wiederum 20 Prozent auch in das Geschäft. Legen wir diese Zahlen auch für die Kampagne von Elle zugrunde, dann müssten am POS rund 23 Prozent die zweite Push-Nachricht geöffnet haben. Es können aber auch zwei zu 22 Prozent oder etwas andere Werte sein, uns liegen keine konkreten Daten vor und wir können nur spekulieren.
Um in einer Woche 100.000 Kunden bei einer Öffnungsrate von einem Prozent mit einer Push-Nachricht an den POS zu bringen, mussten (rein rechnerisch) 50 Millionen Push-Nachrichten (erste Nachricht per Geo-Fencing) ausgeliefert werden. Insgesamt, in den fünf Wochen, demnach 250 Millionen Push-Nachrichten. Dies führt zu 500.000 Click Throughs in einer Woche. Hiervon rund 20 Prozent, also 100.000 Kunden pro Woche, haben den POS dann auch betreten und haben eine weitere Push-Nachricht erhalten.
Ob diese Kunden dann am POS auch etwas gekauft haben, geht aus den Darstellungen der beteiligten Unternehmen leider nicht hervor, ist aber anzunehmen.
Fazit
Der Erfolg einer flächendeckenden Geofencing- oder Beacon-Kampagne steht und fällt mit der initialen Reichweite, die man nutzen kann. Auch bei diesem Projekt ist bei der Betrachtung und Bewertung der Zahlen viel Spekulation dabei. Denn bei einer theoretischen Reichweite von 25 Millionen App-Nutzern und 50 Millionen Push-Nachrichten pro Woche, erhielte jeder Nutzer bereits zwei Nachrichten in der Woche.
Die 25 Millionen werden aber nicht die tatsächlich erreichbare Nutzerschaft gewesen sein. Diese Zahl wird wegen der oben beschriebenen Einschränkungen erheblich darunter gelegen haben, was die Frequenz, in der Push-Nachrichten an den einzelnen Kunden ausgeliefert werden, drastisch steigert.
Dem begegnet man meist mit einem Fequency Capping, bei dem die maximale Anzahl von Push-Nachrichten pro Empfänger in einem definierten Zeitraum beschränkt wird. Das Risiko, dass die Kunden entweder ihr Opt-In widerrufen, also keine Push-Nachrichten mehr erhalten oder schlimmstenfalls die App ganz deinstallieren, wird zwar verkleinert, dies geschieht aber wiederum auf Kosten der Reichweite.
Als Instrument zur Neukunden-Gewinnung eignen sich flächendeckende Beacon-basierte Kampagnen also nur für die Unternehmen, die wie im hier beschriebenen Projekt auf große Reichweiten Dritter setzen können, d.h. ausreichend Budget in ihre Kampagne stecken können.
In den meisten Fällen ist die eigene Reichweite aber zu klein und/oder regional sehr begrenzt, um flächendeckend erfolgreich zu sein. Hier sollten Beacons vielmehr für das Bestandskundenmanagement (CRM) genutzt werden, den treuen Kunden relevante, zusätzliche Services liefern und so die Kundenbindung stärken.
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