Was tun bei der nächsten Wirtschaftskrise? Eine Studie gibt Antworten

Quelle: Gerd Altmann, pixabay

Die nächste Wirtschaftskrise kommt bestimmt: Was tun die Beschäftigten? Neue Studie veröffentlicht

Wirtschaftskrisen stellen für viele Beschäftigte eine Belastungsprobe dar. Doch wie verändert sich in Krisen die Interessenwahrnehmung im betrieblichen Alltag? Wie verhalten sich Beschäftigte in schwierigen wirtschaftlichen Situationen? Zu diesen Fragen ist aktuell Felix Bluhms (Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen) Buch „Kollektives Handeln in der Krise“ erschienen. Die Studie zeigt, wie Beschäftigte mit ihrer Unzufriedenheit umgehen und ihre Interessen im betrieblichen Alltag durchsetzen.

Spätestens seit der Weltwirtschaftskrise der Jahre 2007ff. stehen Fragen nach dem Zusammenhang von wirtschaftlichen Krisenprozessen und kollektivem Handeln wieder auf der Tagesordnung. Entwickeln sich Potenziale für Aufbegehren, Proteste, Revolten und gesellschaftliche Veränderung? Und wie gehen Beschäftigte mit schwierigen wirtschaftlichen Situationen um? Was geschieht mit eigenen Ansprüchen und Interessen? Traut man sich noch, sich gegen Zumutungen im Betrieb zur Wehr zu setzen? Zahlreiche arbeitssoziologische Studien der letzten Jahrzehnte gelangten hinsichtlich dieser Thematik zu pessimistischen Antworten: Sie verweisen auf eine starke Bereitschaft zu Zugeständnissen bei Löhnen, Leistung und Arbeitsbedingungen. Außerdem werden Ausgrenzungsprozesse und die Zustimmung zur Abwälzung von Krisenlasten auf marginalisierte Gruppen wie migrantische Beschäftigte oder Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter beschrieben.

Bluhm kommt allerdings zu einem anderen Befund. Als Ergebnis einer methodologisch innovativen Untersuchung arbeitssoziologischer Materialien, schlussfolgert der Göttinger Soziologe: „Derartige Diagnosen bedürfen einer Relativierung. Meine Neuauswertung von Betriebsfallstudien verdeutlicht, dass auch in Krisenzeiten keineswegs von einer generellen Handlungsunfähigkeit der Beschäftigten auszugehen ist. Ebenso wenig kommt es automatisch dazu, dass sie ‚nach unten‘ treten.“

Bluhm konstatiert: „Zwischen verbalen Bekundungen der Beschäftigten und ihrer tatsächlichen Praxis besteht oft eine erhebliche Diskrepanz. Das ist in bisherigen Untersuchungen zu wenig berücksichtigt worden. Die Rekonstruktion verschiedener Formen kollektiven Handelns zeigt, dass auch Beschäftigte, die in Interviews eine erhebliche Konzessionsbereitschaft artikulieren und zu eher fatalistischen Statements neigen, in hohem Maße für ihre Interessen aktiv werden können. Die informellen Handlungsweisen mögen für Außenstehende wenig sichtbar sein. Für die Frage der konkreten Arbeitsbedingungen sind sie dennoch oft entscheidend.“

Felix Bluhms Studie, die neue Perspektiven auf betriebliche Konflikte eröffnet, leistet einen aktuellen Beitrag zur Debatte über Möglichkeiten der Interessenpolitik und der gewerkschaftlichen Erneuerung.

Quelle: Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


Ich bestätige, dass die hier von mir eingegebenen persönlichen Daten in der von mobile zeitgeist genutzten Datenbank bis auf Widerruf gespeichert werden dürfen.