Was sich bei der App Entwicklung geändert hat

app entwicklung

Ich habe vor ein paar Wochen einen Artikel von Luka Abrus über App Entwicklung gefunden: „5 common mistakes clients make when using agencies to build mobile apps“.

Zunächst habe ich ihn gelesen, dann habe ich ihn gepostet und dann habe ich ihn übersetzt (immerhin 8 Seiten!) und wieder gepostet. Diesen Artikel sollte jeder lesen, der eine App in Auftrag geben will. Die Übersetzung des Artikels ist unten noch einmal verlinkt.

Warum? Das will ich mit ein paar Erfahrungen aus Projekten begründen, die wir in diesem Jahr umgesetzt haben.

Nichts Neues bei Smartphones

Seit 2007, mit Erscheinen des iPhones, haben sich Smartphones stetig weiterentwickelt. Laufend kamen neue Funktionen, neue Sensoren hinzu. Vor ca. zwei Jahren hat das aufgehört. Die bestehenden Funktionen und Sensoren werden verbessert, aber es kommt nichts Neues hinzu (auch Pokémon Go basiert auf einer seit 2009 existierenden Funktion). Wir können mit diesem Stand alles abbilden, was wir für den Massenmarkt brauchen. Was nicht eingebaut ist, können wir hinzukaufen und anstöpseln. Das ist meist aber eher „Nerd-Kram“.

Die Folge aus dem „Stillstand“ ist ganz interessant, denn auf einmal holen die Nutzer auf und fangen an, den Funktionsumfang ihres Smartphones zu verstehen. Sie sind nicht mehr mit der ständigen Erweiterung überfordert, sondern lernen, was inzwischen alles möglich ist.

Und jetzt kommt der entscheidende Punkt:

Die Nutzer fangen an, eine eigene Erwartungshaltung aufzubauen!

Sie sind inzwischen in der Lage, die Qualität von Apps zu unterscheiden. Und sie strafen schlechte Apps ab, indem sie diese einfach nicht herunterladen.

Entwicklungsprozess definieren

Doch wie definiert sich eine gute App? Eins ist mal sicher, über eine gute Technologie alleine auf jeden Fall nicht! Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass die Technologie eigentlich keine Rolle mehr spielen dürfte, da wir seit zwei Jahren alle Funktionen kennen. Aber zur Ehrenrettung der Entwickler sei gesagt, der Funktionsumfang und die Funktionskomplexität sind so groß, dass eine Spezialisierung eines Entwicklers durchaus Sinn macht. Aber hier darf man heute durchaus erwarten, dass fertige App-Module in den Schubladen der Entwickler bereitliegen.

Auch wir haben dafür gesorgt, einen entsprechenden „Baukasten“ für die App Entwicklung aufzubauen. Mindestens genauso wichtig ist es jedoch, einen klaren und mit dem Kunden vereinbarten Entwicklungsprozess aufzusetzen.

Wir definieren mit unseren Kunden einen solchen Entwicklungsprozess, der aus fünf Teilschritten besteht, die aufeinander aufbauen und daher auch nacheinander durchzuführen sind:

  1. Storytelling / Marketing
  2. Kommunikation
  3. Content-Development
  4. Design
  5. Technische Umsetzung

Wer mit uns ein Projekt durchführen will, muss sich diesem Prozess unterwerfen. Wir wollen keine erfolglosen Apps mehr entwickeln. Auch für uns als Entwickler ist es wichtig, Erfolge nachzuweisen. Wir wollen überregionale Projekte entwickeln und um die Aufträge zu bekommen, brauchen wir Apps, die wir als Beispiele ins Feld führen können. Erfolglose Apps helfen da wenig. Deshalb sind wir aber auch bereit, uns persönlich einzubringen und die Projekte emotional zu begleiten.

Ich will jetzt nicht alle Phasen intensiv beleuchten, aber ein paar Dinge will ich herausstellen.

Am Anfang steht der Workshop

Der Beginn eines Projekts ist enorm wichtig! An einem App-Projekt sind ganz verschiedene Personen beteiligt, die mal mehr, mal weniger freiwillig hinzugezogen werden und die im Regelfall nicht zur Erledigung ihrer neuen Aufgabe von ihren anderen Pflichten freigestellt werden. Übersetzt heißt das, dass sie mehr tun müssen als bisher.

Aus diesem Grund beginnen wir unsere Projekte immer mit einem Workshop, an dem alle Beteiligten teilnehmen müssen. Neben der Definition von Wünschen und Erwartungen, Zielinhalten und Zielgruppen, Story und Marketing ist eine der vordringlichsten Aufgaben, alle Beteiligten emotional abzuholen und sie an das Projekt zu binden. Sie müssen aus dem Workshop herauskommen und den Wunsch haben, an dem Projekt arbeiten zu wollen. Wenn man diesen Schritt nicht schafft, dann wird es im weiteren Ablauf des Projekts sehr schwierig.

Auch zum Thema Storytelling / Marketing will ich noch etwas sagen. Eine App, die im App-Store steht, wird noch lange nicht heruntergeladen. Dort stehen nämlich inzwischen 3,4 Mio. Apps. Die App-Stores funktionieren heute nicht mehr als Marketing-Plattform. Also müssen wir selbst dafür sorgen, dass die Menschen von unserer App erfahren. Wir müssen eine Geschichte entwickeln, die so interessant ist, dass der Nutzer das Gefühl hat, dass er ohne diese App in Zukunft nicht mehr leben kann. Ja, das ist jetzt etwas übertrieben, aber als Zieldefinition hilft es. Und die Geschichte muss so sein, dass ein Nutzer dem anderen davon erzählt. Und diese Geschichte lautet garantiert nicht: „Mit unserer App findest Du alle Einzelhändler in unserer Stadt!“. Das lockt heute keinen Nutzer mehr hinter dem Ofen vor.

Haben wir diese Geschichte, können wir mit den nächsten Phasen beginnen.

Intuitive App-Designs

Ganz kurz noch zum Thema Content-Development und Design. Die Aufmerksamkeitsspanne von Nutzern beträgt zwei Sekunden. Innerhalb dieser zwei Sekunden müssen wir den Nutzer davon überzeugen, dass er unsere App weiterverwenden will. Wir müssen also darauf achten, dass er innerhalb der ersten zwei Sekunden nach dem Öffnen der App die Aufgabe der App versteht und ihre Bedienung intuitiv begreift.

Zusätzlich müssen die Inhalte so geschaffen sein, dass sie dem Zweck, dem Konsum auf dem Smartphone, angepasst sind. Im Regelfall bedeutet das, kleinere Informationspakete mit Inhaltserweiterung (z.B. per Klick) anzuzeigen.

Viele Agenturen wollen dem Kunden immer noch erzählen, dass die alten App-Designs (z.B. mit der Menüleiste am unteren Bildrand) von den Nutzern erlernt sind und deshalb weiterhin verwendet werden sollten. Nein, das ist Unsinn! Das galt für eine Zeit, wo der Nutzer noch unerfahren war. Das ist er nicht mehr. Wir müssen intuitive App-Designs verwenden, bei denen der Prozess im Vordergrund steht. Die Ansicht in der App muss so eingängig sein, dass der Nutzer auf den ersten Blick sehen kann, was er als nächstes tun muss.

Stufenweise Beauftragung

Zum Schluss noch ein etwas schwierigeres Thema: die Kosten. Ich würde ja gerne immer vor Projektbeginn ein Pauschalangebot abgeben, wenn ich es könnte. Da vor Projektbeginn das Projekt aber in der Regel noch völlig unzureichend beschrieben ist, müsste ich einen Risikoaufschlag von mindestens 100% nehmen, da mir meine Erfahrung sagt, dass solche Projekte doppelt so lange dauern können, wie Projekte, die in Einzelschritten beauftragt werden.

Wir lassen uns deshalb in drei Stufen beauftragen:

  1. Workshop für Storytelling / Marketing
  2. Content-Development und Design
  3. Technische Umsetzung

Für den Kunden ergibt sich die Möglichkeit, an zwei Punkten das Projekt zu beenden, ohne einen hohen Verlust zu erleiden. Die geschaffenen Inhalte kann er mit einem anderen Anbieter problemlos weiterverwenden. Das Ergebnis aus dem Content-Development und dem Design wird gleichzeitig zum Pflichtenheft für den Entwickler. Und erst wenn das Pflichtenheft von allen Beteiligten abgesegnet ist, beginnt die technische Umsetzung. Das hört sich zunächst an, als würde dieser Ablauf den Gesamtprozess verlängern. Ganz im Gegenteil, es verkürzt ihn erheblich, weil die Grundlage für den jeweiligen Folgeprozess ausgereift ist und von allen Beteiligten anerkannt wurde.

Würde man sofort zu Beginn des Projekts mit der Entwicklung beginnen, dann müsste man damit rechnen, dass erhebliche Änderungsanforderungen während der Gesamtprozesses entstehen. Diese in der Entwicklung (Programmierung) nachzuarbeiten, kostet ein Vielfaches an Aufwand und damit Zeit und Geld, als wenn dies in der Design-Phase entsteht, wo in der Regel nur ein Bild per Photoshop angepasst werden muss.

Und jetzt viel Spaß beim Lesen des Artikels von Luka Abrus.

Über den Autor: Martin Adam programmiert schon seit 1985, seit 2003 mobile Anwendungen. Mit seiner Firma mCRUMBS entwickelt er Augmented Reality Erlebnisse und ortsbasierte Anwendungen. Zusätzlich begleitet er Unternehmen und Einrichtungen bei der Erstellung von Konzepten zur Umsetzung von mobilen Anwendungen.

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