In Köln findet gerade die Photokina statt und so gibt es einige Meldungen dazu, wie die Smartphone-Nutzung die Digitalfotografie verändert (hat). So fotografieren bereits laut einer Befragung des Bitkom 69 Prozent der Bundesbürger über 14 Jahre mit ihren Smartphones. Von den Smartphone-Nutzern tun dies alle (98%).
35 Prozent nutzen noch einfache Kompaktkameras, 15 Prozent Systemkameras mit Wechselobjektiven und ebenfalls 15 Prozent hochwertige, digitale Spiegelreflex-Kameras. Die Erkenntnis, dass sich die Kompaktkameras langsam aber sicher aus dem Markt verabschieden ist ja nicht wirklich neu. Schon im Mai 2015 hab ich einen Vortrag über das sich verändernde Fotografierverhalten gehalten und bin bei der Vorbereitung auf interessante Zahlen gestoßen.
Kompaktkameras vor dem Aus
Der Rückgang der Kompaktkameras begann laut der Camera & Imaging Products Association (CIPA) bereits 2012 und hat sich in den Folgejahren beschleunigt. Spiegelreflex und Mirrorless blieben noch relativ stabil. Auf der Photokina erklärte der Photoindustrie-Verband (PIV), dass der Absatz von Digitalkameras in Deutschland in diesem Jahr um 13 Prozent auf ca. 3,5 Millionen Stück zurück gehen wird. Besonders stark betroffen seien hierbei die Kompaktkameras.
Nun gab und gibt es Experten, die den Grund für den Niedergang der Kompaktkameras nicht in der Erfolgsgeschichte der Smartphones sehen. Fügt man der Grafik die Verkaufszahlen der Smartphones hinzu, drängt sich diese Erkenntnis jedoch geradezu auf. Ich musste die Grafik leider um 90 Grad drehen, sonst müsstet Ihr jetzt ziemlich lange scrollen.
Multi-Milliarden Fotos
Das Smartphone hat also das Nutzerverhalten massiv verändert und so die Kompaktkameras überflüssig gemacht. 2015 wurden 900 Milliarden Fotos in Netz hoch geladen und auf den Smartphones der Menschen schlummern noch weitere hunderte Milliarden. 65 Prozent der Deutschen speichern ihre Fotos online. Bei solchen Mengen fragt man sich, was genau knipsen die Deutschen eigentlich mit dem Smartphone? [Quelle: Bitkom]
- 92% spontane Schnappschüsse
- 71% bei Familienfeiern
- 70% beim Ausgehen
- 65% Urlaubsfotos
- 62% Landschaftsaufnahmen
- 65% machen Selfies, 16% davon häufig
Selfies überall
Schaut man sich den großen Block der Selfies an stellt man fest, dass 92 Prozent der 18-24-jährigen und 75 Prozent der 25-34-jährigen Selfies machen, um Erinnerungen festzuhalten. 46 Prozent nehmen dabei Freunde auf, 40 Prozent die Familie und 15 Prozent nur sich, um ein Foto von sich selbst zu haben. In dieser Befragung von YouGov wurde leider nicht detailliert nach der Motivation gefragt. Die zunehmende Nutzung von Social Media Plattformen, insbesondere Bild-lastiger wie Facebook, Instagram oder Snapchat und der hiermit verbundenen Selbstdarstellung wird hier eine wichtige Stellung einnehmen.
Gefragt wurde aber nach der Meinung über Selfies und die fällt durchgehend nicht unbedingt positiv aus, wobei Menschen ab 45 Jahre besonders ablehnend sind. YouGov konnte über alle Befragten feststellen, dass
- 57% sie nervig finden,
- 76% finden, es werden zu viele veröffentlicht,
- 87% sie Selfies „manchmal peinlich“ finden,
- 31% Selfies von anderen für interessant halten.
Teilen ist der Abzug von heute
Ein dieses Phänomen begleitender Aspekt ist die Tatsache, dass Fotografie heute in Echtzeit stattfindet. Früher mussten wir erst noch den Film voll knipsen, ihn dann in ein Fachgeschäft tragen, mehrere Tage warten, dann wieder in den Laden gehen, um die Abzüge durchzusehen, verunglückte auszusortieren und dann endlich zu bezahlen und die Bilder mit nach Hause zu nehmen, wo sie dann in der Schublade lagen. Diesen Prozess durchliefen wir dann immer noch einmal, wenn Familie und Freunde Abzüge haben wollten.
Heute werden über 1,8 Milliarden Fotos täglich hochgeladen und geteilt. Wahrscheinlich sehr viel mehr, da diese Zahl von 2014 ist.
Wiedergänger Sofortbildkamera
In diesem Jahr stehen auf der Photokina neue Geräte im Fokus: Actioncams, Drohnen, Bodycams, 360-Grad-Aufnamegeräte, Datenbrillen und – man staunt – Sofortbildkameras. Ja, diese alten Kameras, die gleich ein Papierbild ausspucken, mit dem man dann geduldig wedeln muss, bis das Bild erscheint.
Gerade bei jungen Leuten sind diese Kameras beliebt und verschiedene Hersteller bieten diese wieder an. Bei allen ist es jedoch ein teures Vergnügen, denn die Filme lassen sich die Hersteller recht üppig bezahlen. Es ist hier ein wenig so wie mit Tintenstrahldruckern und den Patronen. Die Geräte sind günstig, das Verbrauchsmaterial dafür umso teurer.
Ob sich Sofortbildkameras mit ihrem analogen, unvernetzten Angebot dauerhaft halten werden, bleibt abzuwarten.
Meinen Vortrag, mit vielen weiteren Infos zum Einfluss von Smartphones auf die Fotobranche gibt es natürlich auf meinem Slideshare-Account.
Ich finde die Kamera in den neuen Smartphones einfach genial. Im neuen iPhone 7 Plus sind sogar zwei Kameras auf der Rückseite eingebaut. Ich fotografiere auch viel mit Spiegelreflexkameras und mittlerweile werden die Qualitätsunterschiede zwischen den Fotos so gering, dass es mir häufig echt nicht wert ist, meine schwere DSLR mit mir rumzutragen. Leider habe ich noch keinen guten Mobilen Internettarif und eine Cloudlösung gefunden, wo ich meine Datenmengen an Fotos und Videos zentral lagern kann. Das ganze Syncronisieren per Kabel nervt noch ziemlich.