Worin liegt die Motivation von Dienstleistern, online Rabatt zu geben? Zentrale Argumente der ersten Couponing-Phase wie „Reichweite“ und „Neukunden“ haben ausgespielt. Die Couponing-Welt steht vor einer neuen Phase. Und wer im Couponing langfristig als Dienst für Dienstleister überleben möchte, muss neue Argumente finden. Das grundsätzliche Problem im Couponing ist bislang die Transformation von „Schnäppchenjäger“ in „Neukunden“. Eher ein Versprecher als ein Versprechen. Im Zeitalter der Big-Data-Lösungen wird der Endkunde bis ins Detail gescreent, bevor ihn ein Algorithmus als „perfekten“ Kunden zu einem Dienstleister schickt. Doch der Kampf um die Daten ist aufwendig und komplex. Wie „perfekt“ der „perfekte“ Kunde ist, wird sich noch zeigen. Ist der pragmatische Coupon als Rabattgeschäft am Ende der gigantischen Datenanalyse überlegen?
Mobile Couponing muss sich neu erfinden
Alle Couponing-Plattformen haben einen gemeinsamen Nenner: Ihre Communities bestehen aus äußerst preissensitiven Personen. Schnäppchenjäger halt. Schnäppchenjäger können alles Mögliche sein – kulinarische Genießer, Fußballfans, Rockmusiker – aber für nur wenige Dienstleister sind sie der „perfekte“ Kunde. Mobile Couponing muss sich für die Phase „Couponing reloaded“ neu erfinden.
Nachhaltig sind Couponing-Plattformen nur, wenn sie die Zielsetzung ihrer Dienstleister erfüllen. Wer als Dienstleister nur „bekannter“ werden wollte, ist mit herkömmlichen Portalen teilweise sehr gut gefahren. Wer sich das Ziel gesetzt hat, „Neukunden“ durch Couponing zu gewinnen, mag als Dienstleister von gängigen Rabatt-Portalen enttäuscht sein. Für diesen Zweck war (und ist) es schlichtweg (noch) nicht das richtige Mittel. Die Conversion Rate ist zu schlecht: Zu wenige Schnäppchenjäger kommen wieder zurück und zahlen den vollen Preis.
Neuer Mehrwert – Faktor X
Wer in Zukunft im Mobile Couponing überleben möchte, muss den Zweck seines eigenen Dienstes überdenken. Neukunden? Werbung? Das wird im Vertrieb immer schwieriger, glaubhaft zu erläutern. Der ein oder andere Neukunde wird zwar kommen, aber das reicht nicht. Das kann Big Data besser – zumindest für große Dienstleister. Mobile Couponing hat andere Vorteile. Entscheidend für die Zukunft ist ein neuer Mehrwert jenseits der Neukundengewinnung – der Faktor X. Die dafür wichtigste technologische Voraussetzung ist geschaffen: Das Lokalisieren der Smartphone-Besitzer. Jetzt gilt es, erforderliche technologische Features rasch zu integrieren und gerade im Vertrieb neuen Mehrwert für Dienstleister klar zu definieren und zu kommunizieren. Je nach strategischer Ausrichtung besteht der Faktor X aus mehreren der folgenden Punkte:
Orientierungsfunktion: Dienstleister in Nebenstraßen sparen zwar Miete, dafür gibt es keine Passanten, die zwischendurch hineinschneien. Gerade Dienstleister, die unweit von Haupteinkaufsstraßen liegen, können durch die Präsenz auf Smartphone-Applikationen Kunden in ihrer Nähe auf sich aufmerksam machen. Dazu muss der Rabatt nicht unbedingt wer weiß wie hoch sein – vorausgesetzt Qualität und Service des Dienstleisters sind ohnehin schon sehr gut.
Soziale Funktion: Qualitativ hochwertige eigene Facebook-Likes sind teuer. Dienstleister können Viralität gezielt über Portale erreichen, bei denen Angebote geliked und geshared werden. Dafür erforderlich sind natürlich ausgefallene Angebote – sei es zum Beispiel durch Geschenkaktionen, eine Promi-Aktion oder durch sehr exklusive Veranstaltungen. Aus einem sehr einfachen Grund eignen sich Couponing-Portale für solche Aktionen besser als die eigene Facebook-Fanseite: Es ist schwierig genug, „Schnäppchenjäger“ in „Neukunden“ zu transformieren – nicht auch noch die eigene „Stammkundschaft“ in „Schnäppchenjäger“ verwandeln.
Qualitätsmanagement: Viele Couponing-Portale ermöglichen ein yelp-ähnliches Feedback über Bewertungen und Kommentare. Der Dienstleister erfährt, wie er sich weiter verbessern kann. Aber Achtung: Ein solches Feedback ist für Dienstleister zwar unheimlich wertvoll, im Vertrieb muss dieses Argument aber nicht unbedingt der beste Joker sein…
Neukundenbindung: Es gibt Features, über die Dienstleister anfangs preissensitive Schnäppchenjäger binden können. Zum Beispiel, wenn User ihre Dienstleister favorisieren können. Sobald der Dienstleister einen neuen Deal online hat, wird der User informiert. Dadurch entstehen innerhalb der jeweiligen „Couponing-Community“ weitere „mikro-Communities“. Unterstützt werden kann dies durch gezielte Kommunikations-Tools. Beispielsweise kann der Dienstleister Gewinnspiele für ihn favorisierende User organisieren, diese User können dieses dann kommentieren und weitere Gäste einladen.
Auslastungsmanagement: Der klarste und im Vertrieb am einfachsten zu kommunizierende Mehrwert. Die Lokalisierung von Smartphone-Besitzern ermöglicht, Angebot und Nachfrage kurzfristig zu matchen. Dienstleister stellen nach dieser Logik keine Angebote mehr online, um in erster Linie Neukunden zu gewinnen, sondern insbesondere um freie Kapazitäten zu nutzen, die andernfalls komplett verfallen: Kunden immer dann, wenn zu wenige Kunden da sind. Umsatz, wenn andernfalls gar kein Umsatz gemacht wird. Gerade in Kombination mit zuvor beschriebenen Funktionen kann dann sogar die Anbindung der bereits bestehenden Kundschaft an die Couponing-Community betriebswirtschaftlich sinnvoll sein. Zum Beispiel, wenn Dienstleister wie Kosmetikstudios kurzfristig auf Terminabsagen reagieren möchten – dann wird dieser freie Termin einfach spontan als Deal angeboten.
Herausforderung = Einfachheit
Die größte Herausforderung beim „Faktor X“ besteht in der Einfachheit – sowohl auf User als auch auf Dienstleisterseite. Werden die Dienstleister selbst in die Verwaltung ihrer Angebote eingebunden, hat Einfachheit oberste Priorität – ansonsten sind Dienstleister überfordert und es passiert gar nichts. Werden Dienstleister persönlich durch den Couponing-Anbieter betreut, übersteigen bei zu hoher Komplexität die für die Kundenbindung erforderlichen Ressourcen schnell die vorhandenen Mittel.
Wer dafür den Spagat zwischen Einfachheit auf der einen und dem „Faktor x“ – also einem klar zu kommunizierenden Mehrwert für Dienstleister – auf der anderen Seite schafft, der wird erfolgreich in der Phase „Couponing Reloaded“ durchstarten.
Über den Autor:
Till Förster beschäftigt sich seit fünf Jahren gedanklich mit dem kurzfristigen Matching von Angebot und Nachfrage durch eine flexible Preisgestaltung. Als Geschäftführer der LmD Lastminute-Dealz GmbH treibt er seit Anfang des Jahres die Branchen übergreifende und kurzfristige Vermittlung freier Kapazitäten voran.
Kommentar hinterlassen