Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen in beide Richtungen
Mehr als sechs Stunden ihrer Freizeit verbringen Beschäftigte in Deutschland pro Woche im Schnitt mit beruflichen Aktivitäten. Umgekehrt entfallen durchschnittlich mehr als vier Stunden der formellen Arbeitszeit auf private Erledigungen. Das geht aus einer repräsentativen Befragung im Rahmen der Studie „Arbeiten in Deutschland“ hervor, die das Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) gemeinsam mit dem Karrierenetzwerk XING durchführt.
Die Digitalisierung schafft einerseits neue Möglichkeiten, Arbeitszeiten flexibel an die jeweiligen Bedürfnisse anzupassen. Andererseits lösen sich dadurch die Grenzen von Arbeit und Freizeit immer weiter auf. Die Ergebnisse der IZA/XING-Studie zeigen: Nur noch bei jedem fünften Beschäftigten sind diese Lebensbereiche klar voneinander getrennt.
Rund 64 Prozent der 1.859 befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwischen 25 und 54 Jahren gaben an, in ihrer Freizeit Tätigkeiten nachzugehen, die eher ihrer regulären Arbeitszeit zuzurechnen sind. Dazu zählen beispielsweise das Beantworten dienstlicher E-Mails oder die Beschäftigung mit Fachliteratur. Vier von zehn Arbeitnehmern verbringen damit mehr als zwei Stunden pro Woche.
Umgekehrt gaben zwei Drittel der Befragten an, sich während ihrer Arbeitszeit teilweise mit nichtdienstlichen Aktivitäten wie Online-Einkäufen oder privaten E-Mails zu beschäftigen. Rund 36 Prozent verbringen mehr als zwei Stunden ihrer wöchentlichen Arbeitszeit mit privaten Erledigungen. Insgesamt halten sich bei knapp der Hälfte der Befragten berufliche Tätigkeiten in der Freizeit und private Aktivitäten im Job etwa die Waage.
Laut IZA/XING-Studie neigen männliche Arbeitnehmer vergleichsweise häufiger dazu, Arbeit nach Dienstschluss oder Privates am Arbeitsplatz zu erledigen. Der Unterschied zu weiblichen Beschäftigten beträgt in beiden Fällen sechs Prozentpunkte. Jüngere Arbeitnehmer unter 35 Jahren verbringen mit rund acht Stunden pro Woche knapp doppelt so viel Freizeit mit Beruflichem wie ältere Beschäftigte ab 45 Jahren.
IZA-Chef Hilmar Schneider, der die neuen Ergebnisse heute im Rahmen der XING-Veranstaltung „New Work Experience“ in Hamburg vorstellt, sieht durch die Vermischung von Arbeit und Freizeit auch die Definition und Erfassung von Überstunden erschwert. „In der digitalen Arbeitswelt geht der Trend zur Vertrauensarbeitszeit, aber auch zur Pauschalvergütung von Überstunden“, sagt Schneider. Unternehmen und Beschäftigte seien gefragt, mit der neu gewonnenen Flexibilität verantwortungsvoll umzugehen und bedarfsgerechte Lösungen zu finden, von denen beide Seiten profitieren.
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