Informatiker kritisieren geplante Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet

Foto: pixabay, Sumanley xulx

Die Gesellschaft für Informatik unterzeichnet einen Brief, der die EU-Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte kritisiert: Die Terrorbekämpfung muss auf dem Boden geltenden Rechts und über die Stärkung der Strafverfolgungsbehörden erfolgen.

Eine geplante EU-Verordnung soll Anbieter von Hosting-Diensten dazu verpflichten, terroristische Inhalte zu entfernen und damit zusammenhängende Daten sechs Monate lang für Überprüfungsverfahren und Ermittlungszwecke aufzubewahren. Derzeit wird der Entwurf im verhandelt. Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) sieht in der Verordnung neben der Gefahr der Einschränkung von Meinungs- und Informationsfreiheit erhebliche Missbrauchsrisiken. Die GI zeichnet deshalb einen offenen Brief der netzpolitischen Organisation Digitale Gesellschaft e.V. an die deutschen Abgeordneten im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) mit, der vor einer massiven Gefahr für die Meinungslandschaft im Internet warnt.

Die GI unterstreicht, dass Terrorismus und andere Straftaten wie die Verbreitung rechtswidriger Inhalte mit allen Möglichkeiten des Rechtsstaates zu verfolgen und mit der ganzen Härte des Gesetzes zu bestrafen sind. Gleichwohl weist die GI darauf hin, dass automatisierte Identifizierung und Entfernung rechtswidriger Inhalte niemals fehlerfrei funktionieren kann. Neben dem Aufbau einer Filter-Infrastruktur, die einer Zensur nahe kommt, sieht die GI die Übertragung der Rechtsdurchsetzung an Private als äußerst problematisch an.

Prof. Dr. Hannes Federrath, äsident der Gesellschaft für Informatik: „Klar ist, dass im Internet immer zwischen der Freiheit und den Schutzinteressen des Einzelnen abgewogen werden muss. Der Aufbau von Zensurinfrastrukturen allerdings schwächt die demokratischen Strukturen in der EU. Zudem hebelt die Forderung nach einer sechsmonatigen Aufbewahrung die geltende datenschutzrechtliche Speicherbegrenzung aus. Es ist bekannt, dass die Speicherung von Daten auf Vorrat vom abgelehnt wurde. Die Bekämpfung terroristischer Inhalte muss auf dem Boden der geltenden Rechtsgrundlagen und über die Stärkung der Online- der Strafverfolgungsbehörden erfolgen. Anderenfalls beschädigen die zum Schutz des Gemeinwesens gedachten Regelungen eben dieses Gemeinwesen.“

Die Gesellschaft für Informatik ist der Ansicht, dass bei Bekämpfung der Online-Verbreitung terroristischer Inhalte kein Regelungs- sondern ein Vollzugsdefizit besteht, das durch Kompetenzaufbau und personelle Aufstockung der Strafverfolgungsbehörden entschärft werden kann.

Quelle: Daniel Krupka, Gesellschaft für Informatik e.V.

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