Digitalisierung X.0

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Jede Gesellschaftsform hat ihre Zeit und Themen, mit denen sie sich auseinandersetzen muss und die sie dabei vor Herausforderungen stellen. Nicht immer haben wir die Möglichkeit selbst zu entscheiden, welche Herausforderungen wir annehmen und welchen Grad der Veränderung wir mitgehen möchten.

Wenn man nach dem zentralen Thema in der Berufswelt sucht, das schon fast sinnbildlich mit Erfolg aber auch Misserfolg in der selbigen verknüpft ist, so landet man ziemlich schnell bei dem Stichwort „Digitalisierung“.

Doch was verbirgt sich hinter diesem Begriff und welche Bedeutung hat er wirklich?

Was bedeutet Digitalisierung?

Digitalisierung ist kein Trend, sondern vielmehr eine technologische und gesellschaftliche Entwicklung. Google findet dazu mehr als 13 Millionen Einträge – zum Vergleich brachte es dahingegen Horst Seehofer mit seinen Tiraden gegen die Kanzlerin im Sommerloch nur auf magere 3 Millionen.

Beschäftigt man sich mit der Begrifflichkeit „digital“, so finden wir sie oft in der Verwendung als Gegenentwurf zum früheren „analog“, was gerne als „nicht-technisch“ oder auch als Repräsentant für „die Welt offline“ verwendet wird. „Analog“ kommt jedoch ursprünglich aus dem Bereich der Signalübertragung und beschreibt ein stufenloses Signal, das im Unterschied zum digitalen Signal unendlich viele Parameter transportieren kann. Die Digitalisierung sorgt dafür, dass wir fähig werden, zahllose Informationen zu komprimieren und nutzbarbar zu machen. Informationen2Go sozusagen – beliebig und ohne Qualitätsverlust reproduzierbar.

In 13 Jahren um die Welt

Die Digitalisierung lässt sich in vielen Punkten mit der Industrialisierung vergleichen. Allerdings mit dem großen Unterschied, dass sich das Entwicklungstempo drastisch erhöht hat. Die Anfänge der Industrialisierung benötigten noch 50 Jahre, um von ihrem Ursprung in England überhaupt nach Deutschland zu gelangen. Dagegen kostete es die kommerzialisierte Form des WorldWideWebs, die man durchaus als den Beginn der globalen Digitalisierung verstehen kann, nur noch 13 Jahre bis Facebook und Co. einen fundamentalen Wandel der Kommunikation weltweit einläuteten.

Was beide Entwicklungen gemeinsam haben, ist deren Unaufhaltsamkeit. Wir haben keine Wahl und vielleicht ist das auch gut so. Allerdings können wir den Grad und die Geschwindigkeit, in der die Digitalisierung Einzug in unsere Berufswelt und auch ins Private erhält, weitestgehend mitgestalten. Ein Blick in die Praxis zeigt, wie die Digitalisierung Unternehmen vor Herausforderungen stellt und vor allem wie sie garantiert zum Scheitern verurteilt ist

5 Punkte, wie Digitalisierung im Unternehmen garantiert scheitert

Unterschätzen Sie die Herausforderung

Je nachdem woher der Impuls für die Digitalisierung für bestimmte Bereiche kommt, steht oft auch eine gewisse Erwartungshaltung hinter dem Projekt und vor allem der Wunsch für ein bestimmtes Timing. Wann ist das Projekt abgeschlossen? Wie hoch sind die Kosten? Digitalisierung ist jedoch weit mehr als ein Projekt, das man einplanen und abschließen kann, es ist ein genereller Wandel. Und Wandel braucht die Energie derer, die ihn treiben und die Zeit von denen, die sich entwickeln sollen. Um ganz alltägliche Tätigkeiten, wie zum Beispiel das einfache Anziehen einer Jacke nicht mehr mit dem präfierten rechten sondern für immer mit dem linken Arm durchzuführen, benötigt der Mensch mindestens 6 Wochen Trainingszeit – bei 20-30 Übungen pro Tag. (Quelle Vera F. Birkenbihl, Birkenbihl on Management) Grundsätzliche Unternehmensprozesse neu zu strukturieren und sie mit Technologie zu untermauern wird um ein Vielfaches länger dauern.

Verausgaben Sie sich am Anfang

Herrmanns Hesses Zitat „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ („Stufen“) beschreibt treffend, wie es sich oft anfühlt, etwas Neues zu beginnen. Die Begeisterung ist groß, das Zeitfenster für den Projektstart ist reserviert, die Bereitschaft auch größere Anstrengungen  zu meistern ist hoch und noch dominiert die Motivation. Nach ein paar Wochen der näheren Beschäftigung mit der Materie beginnt sich das Projekt wie Kaugummi zu ziehen. Nach dem man beispielsweise entschieden hat, dass als erstes ein digitales Tool für das CRM zum Einsatz kommen soll, stellt man fest, dass die Kundendaten an unterschiedlichen Stellen abgelegt oder gar nicht entsprechend verwertbar sind. Das Projekt stockt und das Team ist beschäftigt,  die Quelle der Daten zu eruieren und entsprechend aufzubereiten. Teilen Sie sich somit Ihre Kräfte ein. Schaffen Sie Zwischenschritte die erreichbar sind. Und nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die Planung der entsprechenden Maßnahmen, bevor Sie in die Umsetzung gehen.

Wählen Sie Anwendungen und Software beliebig aus

Frei nach dem Motto „viel hilft viel“, kann man immer wieder beobachten, wie Unternehmen durch falsche oder überflüssige Anwendungen, die zudem noch absurde Kosten verursachen, ins Straucheln geraten. Dies ist der Fall, wenn man sich beispielsweise für eine überdimensionierte DMS-Lösung (Dokumentenmanagement Software) entscheidet, deren Verwaltung die Mitarbeiter überfordert und nicht den gewünschten Zweck erfüllt. Ebenso verhält es sich mit der breiten Auswahl an Analyse-Tools oder Anwendungen für die Firmenkommunikation. Testen Sie alle Anwendungen, die Sie im Nachgang einsetzen möchten, ausgiebig selbst! Am besten lassen Sie sich bei Ihrer Entscheidung von versierten Kollegen aus den Fachbereichen unterstützen. Denn nichts ist schlimmer, als ein vielleicht gut gemeinter Vorschlag, der am Ende sogar noch etablierte Prozesse stört oder blockiert.

Suchen Sie sich reichlich Nebenschauplätze

Jeder der im Bereich Projektorganisation oder Unternehmensführung tätig ist, kennt die Probleme vielfältiger Herausforderungen. Von Entscheidungsprozessen, über Kommunikationswege bis hin zum Verkaufsgespräch, haben auch kleinere Unternehmen zahlreiche Schauplätze, an denen die Digitalisierung Einzug erhalten kann. Entscheidend ist es, den richtigen Einstieg zu finden. Bevor man zum Beispiel seinen Verkaufsprozess mit entsprechender Präsentationssoftware für Unterlagen oder Broschüren ausstattet, sollte man zum einen sicherstellen, dass die Datenbasis bereits in einer zukunftssicheren Speicherplattform organisiert und verwaltet wird, und zum anderen kritisch prüfen, ob die generelle Darstellung der Unterlagen überhaupt noch zeitgemäß und ansprechend ist. Sollten Sie eine der beiden Punkte mit nein beantworten, ist der Vertriebsprozess noch gar nicht an der Reihe.

Versuchen Sie es alleine

Eine erfolgreiche Digitalisierung geht das ganze Unternehmen an – von der Chefetage bis zum Praktikumsplatz. Nur wenn sich ein allgemeiner Wandel durch alle Ebenen zieht, greifen die Vorteile der Digitalisierung wie ein Uhrwerk in einander. Solange es aber noch Bereiche oder Mitarbeiter gibt (zu denen manchmal sogar der Chef selbst gehört), die sich nicht auf die Reformen einlassen wollen, bleiben Nachhaltigkeit und auch der Erfolg aus. Daher lohnt es sich immer, nicht nur zu organisieren, sondern auch zu werben. Werben Sie für die Vorteile Ihrer Maßnahmen und machen Sie diese publik. Das ist vor allem ein sicherer Garant dafür, dass Sie sich selbst dieser Vorteile bewusst sind. Außerdem bestätigt es Ihnen, die richtigen Maßnahmen ausgewählt zu haben. Nicht jedes „aber“ oder jede Rückfrage der Kollegen stellen somit eine Kritik dar. Vielmehr helfen sie Ihnen Sinnhaftigkeit und Argumentation auf ein sicheres Fundament zu stellen.

Auch wenn es anfänglich viele Hürden oder Stolpersteine gibt, Digitalisierung ist kein Randthema. Man kann sie weder unter ferner liefen behandeln oder gar aussitzen kann. Digitalisierung  ist die Entwicklung, mit der Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erreichen und selbstbewusst in die Zukunft steuern können. Außerdem sorgt sie für Zufriedenheit, Effizienz und höheren Output – aber wahrscheinlich nicht gleich zu Beginn.

Aber im Gegensatz zu Carl Benz, der seine Erfindung anfänglich nur als „eine bloße Versuchskonstruktion ohne praktische Verwendungsmöglichkeit und ohne wirtschaftlichen Zukunftswert“ einschätzte, wissen wir bereits jetzt, dass es sich bei der verantwortungsvollen Digitalisierung, um den Weg in eine erfolgreiche Zukunft handelt.

In diesem Sinne, seien Sie mutig und gehen Sie’s an!

http://www.spiegel.de/einestages/bertha-benz-grosse-autofahrt-in-carl-benz-benz-patent-motorwagen-a-951209.html

https://www.digitalisierungsindex.de/studie/

 

Über Tanja Goldstein 20 Artikel
Seit vielen Jahren ist Tanja Goldstein mittlerweile Teil der digitalen Agenturszenen und unterstützt ihre Kunden als Beraterin oder Projektmanagerin. Nachhaltige Digitalisierung ist das Thema, mit dem sie sich leidenschaftlich beschäftigt und das sie sich zum Schwerpunkt gemacht hat. Als Anchor von mobile zeitgeist prägt sie die Ausrichtung des Online Magazins und schreibt selbst über Themen aus ihrem privaten und beruflichen Alltag. Die Vernetzung und der Austausch mit Gleichgesinnten gehören ebenso wie die Beschäftigung mit neuen Technologien und Trends zu Ihrem Alltag. In Wort und Schrift fühlt sie sich zu Hause und bereichert diese durch Ihre Expertise in Psychologie und klassischer Musik.

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