Darum ist soziale Anerkennung wichtig bei der Berufswahl

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Warum Berufe nicht gewählt werden – BIBB- betont Bedeutung sozialen Anerkennung

Selbst wenn ein Beruf ihren Tätigkeitsinteressen entspricht, neigen viele dazu, ihn bei ihrer Berufswahl fallenzulassen, wenn er ihnen nicht genügend soziale Anerkennung zu vermitteln scheint. Darüber hinaus können ungünstige Rahmenbedingungen während Ausbildung oder ungünstige Arbeitsbedingungen weitere Gründe dafür sein, einen als interessant wahrgenommenen Beruf gleichwohl auszuschließen. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie, die im Forschungsprojekt „Bildungsorientierungen“ des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) entstand.

Die Ergebnisse beruhen auf einer schriftlichen Befragung von Schülerinnen und Schülern neunter und zehnter Klassen allgemeinbildender Schulen in Nordrhein-Westfalen.

Anlass für die war das Problem vieler junger Menschen, am Ende des Jahres ohne Ausbildungsplatz dazustehen, obwohl die Zahl unbesetzt bleibenden Ausbildungsplätze von Jahr zu Jahr steigt. Berufsorientierung, die auf eine Ausweitung des Berufswahlspektrums zielen, waren bisher nur bedingt erfolgreich. Viele klammern Berufe mit Besetzungsproblemen einfach aus, zum Beispiel in der Gastronomie und in Teilen des Handwerks oder in der Pflege.

Daher fragt die BIBB- weniger danach, was motiviert, einen bestimmten Beruf zu ergreifen (sogenannte „Attraktionsfaktoren“). Vielmehr interessiert, warum Berufe nicht gewählt werden. Dabei deutet sich an, dass die Nichtwahl von Berufen offenbar anderen Logiken als die Wahl eines Berufes folgt. Als besonders relevanter Faktor, den Ausschluss eines Berufs aus dem Feld möglicher Berufsoptionen bewirkt („Aversionsfaktor“), erweist sich die Erwartung einer mangelnden sozialen Passung: Wenn meinen, in ihrem sozialen Umfeld, insbesondere bei ihren Eltern und im Freundeskreis, mit einem bestimmten Beruf nicht gut anzukommen, beziehen sie diesen Beruf nicht mehr in ihre Berufswahl ein – und zwar auch dann, wenn die Tätigkeiten des Berufes mit ihren eigenen beruflichen Interessen übereinstimmen.

Neben fehlender sozialer Passung und als ungünstig wahrgenommenen Rahmenbedingungen während Ausbildung und Arbeit – darunter Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten – gibt es noch weitere Gründe dafür, dass Berufe links liegen lassen: wenn etwa mit Schwierigkeiten gerechnet wird, einen Ausbildungsplatz zu finden; oder wenn es an der Sicherheit fehlt, wirklich gut einschätzen zu können, was einen in einem Beruf erwartet.

Daher gilt es, so eine zentrale Schlussfolgerung BIBB-Studie, in Angeboten der Berufsorientierung Ansehen und soziale Wertschätzung von Berufen mit jungen Berufswählern konsequent zu reflektieren und dabei gerade solche Faktoren in den Blick zu nehmen, die zu einem Ausschluss von Berufen führen können – und nicht nur solche, die Berufe attraktiv machen.

Mit Blick auf die Ergebnisse folgert BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser für den Berufsfindungsprozess und die Wahl von Berufen mit Besetzungsproblemen: „Die BIBB- macht deutlich, dass es bei Berufsorientierung nicht ausreicht, über die Tätigkeiten in den verschiedenen Berufen aufzuklären und ihnen dadurch nahe zu bringen, wie interessant die Arbeit in diesen Berufen sein kann. Denn Jugendliche wollen mehr! Sie nutzen Berufe als Visitenkarte in ihrem sozialen Umfeld und wollen mit ihrem Beruf Anerkennung finden. Wenn Berufe dies aus Sicht der Jugendlichen nicht leisten, ist das ein Alarmsignal, das uns alle herausfordert. Wollen wir in Zukunft mehr Jugendliche für Berufe mit Besetzungsproblemen gewinnen, müssen wir die Rahmenbedingungen und Perspektiven dieser Berufe verbessern.“ Gleichzeitig gelte es, in der Berufsorientierung die Ausbildungsmarktkompetenz von Jugendlichen zu stärken: Auf diese Weise ließen sich Fehler bei der Einschätzung der eigenen Ausbildungsplatzchancen vermeiden, so der BIBB-Präsident abschließend.

Weitere Informationen zu von Stephanie Matthes als Promotionsschrift verfassten Studie: Stephanie Matthes: „Warum werden Berufe nicht gewählt? Die Relevanz von Attraktions- und Aversionsfaktoren in der Berufsfindung“, 2019

Quelle: Warum Berufe nicht gewählt werden – BIBB-Studie betont Bedeutung der sozialen Anerkennung

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