Im ersten Teil unserer kleinen Serie über die Frage, ob man wirklich eine App für sein Unternehmen braucht, hatten wir uns die ersten drei Aspekte (Mehrwert, mobile Webseite, Komplexität und Kosten der Entwicklung) angesehen. Nun geht es um weitere vier Fragestellungen, die man bevor es an eine App-Entwicklung geht, beantworten sollte.
4. Es gibt bessere und günstigere Alternativen
Man sollte sich bewusst darüber sein, dass es Alternativen gibt, die vielleicht günstiger und besser sind als eine App. Wenn es darum geht, einfach nur die Benutzer von mobilen Geräten anzusprechen, sollte man sich im ersten Schritt Gedanken über eine mobile Website machen. Vor allem bei einfachen Präsentationen von lokalen Geschäften oder Firmen macht dies Sinn. Man sollte vorab aber analysieren, wie viele mobile Zugriffe man auf seiner Website überhaupt hat. Mit Tools wie Google Analytics lässt sich das wunderbar auswerten, und man sieht dann, wie wichtig eine mobile Website ist.
Der Vorteil ist, dass die Informationen, die man darstellen möchte, bereits auf der Website sind. Diese werden nur noch für mobile Geräte optimiert. Das spart zum einen Entwicklungskosten, und macht zum anderen auch die Wartung einfacher, da die Inhalte nur an einer Stelle gepflegt werden müssen. Zudem ist es bei diesem Anwendungsfall wesentlich wahrscheinlicher, dass man Kunden über den Browser findet, als dass sie sich die App herunter laden.
5. Eine App bringt kein Geld
Vielleicht plant man überhaupt nicht, direkt Geld mit der App einzunehmen, da es sich um ein Marketing-Vehikel handelt. Wenn man aber Umsätze generieren möchte, sollte es klar sein, dass dies alles andere als einfach ist.
Es gibt Millionen von Apps in den App Stores, und die meisten erwirtschaften nicht ihre Entwicklungskosten. Das liegt nicht daran, dass keine Qualität geliefert wird, sondern daran, dass die Konkurrenz extrem groß ist und die Zahlungsbereitschaft eher schlecht. Preise von mehr als einem Euro werden kaum akzeptiert. Zu den meisten Apps gibt es kostenlose Alternativen und das Freemium-Modell, welches die Monetarisierung eher schwieriger macht, ist inzwischen zum Standard geworden. Klar, wenn man es schafft, weltweit in den Top-Platzierungen zu landen, kann man Millionen einnehmen. Doch dazu braucht man entweder ein riesiges Marketingbudget oder sehr viel Glück.
Eine Lösung könnte es sein, In-App Verkäufe anzuschieben. Aber auch dazu braucht man ein überzeugendes Geschäftsmodell. Das ist in der digitalen Welt nicht anders als in der analogen. Wenn das einzige Argument ist, dass man jetzt eine tolle App hat, der Kunde aber keinen Mehrwert findet, wird der Enthusiasmus nicht lange anhalten.
6. Es gibt die App schon
Nochmals: es gibt Millionen von Apps in den App Stores. Wenn man also keine sehr spezifische Anwendung hat, dann ist es wahrscheinlich, dass es die neue App schon gibt. Vielleicht nicht in exakt derselben Form, aber mit vergleichbarer Funktion. Eine Google Recherche von 30 Minuten kann hier vieles klären. Das klingt banal, wird aber von vielen vergessen oder verdrängt.
Sollte es die App noch nicht geben, ist es wichtig sich zu überlegen, wie einfach das Konzept kopierbar ist und wie man das verhindern oder erschweren kann. Denn durch die große Konkurrenz finden sich schnell Nachahmer, vielleicht sogar größere Firmen mit finanzieller Schlagkraft. Dabei lassen sich Software-Konzepte kaum durch Patente schützen. Man muss also schnell sein, um die Kernidee auszubauen und eine kritische Nutzerzahl zu erreichen und dadurch schwerer angreifbar zu werden.
7. Die App hat keine Zielgruppe
Man sollte genau wissen, was die Zielgruppe ist, ob es diese überhaupt gibt und ob sie groß genug ist, um die App monetarisieren zu können. Oft wird die Zielgruppe entweder gar nicht richtig definiert oder deren Größe überschätzt. Bei Entwicklungskosten von mehreren 10.000 Euro muss man schon einiges an Umsatz erzielen, damit sich die App lohnt.
Im dritten und letzten Teil dieser Artikelserie beantworten wir die Frage, was man noch wissen sollte und schauen auf die Kosten, Cross-Plattform-Entwicklung und App Builder. Wer diesen Teil nicht verpassen will, abonniert am besten unseren kostenfreien Newsletter.
In dieser Serie bereits erschienen:
Über die Autoren: Moritz Biersack (Marketingleiter) und Dr. Ralf Wienken (technischer Redakteur) sind Mitarbeiter der X-info Wieland Sacher GmbH. Ein wichtiges Arbeitsgebiet dieser Firma ist die Erstellung von Auswertungssoftware für die produzierende Industrie. Ein weiterer Bereich ist die Entwicklung mobiler Anwendungen. Mit der erfolgreichen Realisierung einer Vielzahl von Enterprise-Apps haben sie sich auch in diesem Markt etabliert (www.xinfo.de).
Beitragsbild: Shutterstock
Der Gastautor outet sich jetzt leider endgültig als jemand, der wirklich nichts von Apps versteht, der den Unterschied zur mobilen Webseite überhaupt noch nicht erkannt hat. Es gibt hier kein Endweder-Oder, man braucht beides, App+Web, um seinen Content optimal auf die Smartphones zu bringen: Die Webseite informiert und ist immer erreichbar für den Interessenten. Eine App hingegen erzeugt zusätzlich die Bindung zueinander und über eine App ist plötzlich auch der Interessent erreichbar: per Pushnotification. Das kann eine Webseite gar nicht leisten, wird dort etwas geändert, z.B. ein Angebot eingestellt, dann merkt es ja niemand. Dann muss man die potenziellen Interessenten sogar noch über andere Kanäle (z.B. Anzeigen) motivieren die Webseite zu besuchen. Was für ein Umweg. Die App arbeitet viel direkter.
„Es gibt Millionen von Apps in den App Stores, und die meisten erwirtschaften nicht ihre Entwicklungskosten“ – Soweit, so gut, aber demgegenüber gibt es Milliarden Webseiten auf der Welt, und die meisten erwirtschaften nicht … ! Eine App ist nach wie vor für viele ein recht exklusives Tool.
„… dann ist es wahrscheinlich, dass es die neue App schon gibt“. Ja, richtig, es gibt hunderte von Wetter-Apps, aber wenn ich z.B. eine Discothek, eine Eisdiele, Einzelhandelsgeschäft oder auch nur ein Sportverein betreibe, dann bin ich unique, dann kann mich niemand nachmachen. Sonst brauche ich ja auch keine Webseite, weil es die ja schon gibt, so wie es tausende Wetter-Webseiten bereits gibt. Aber selbst bei den Wetter-Apps gilt: es gab mal ein Land und eine Zeit in der es nur ein Auto gab: Trabbi. Unser Autor hier wäre nie auf die Idee gekommen ein zweites, besseres Auto zu bauen, weil es ja schon eins gibt.
„Bei Entwicklungskosten von mehreren 10.000 Euro … “ – ach so, ich stelle fest: dieser Artikel stammt aus den Jahren 2008-2010. Was für ein altes Märchen.
Aber am besten ist: „Die App hat keine Zielgruppe“ – Wenn jemand keine Zielgruppe hat, dann hat er auch nichts mitzuteilen und bietet auch nichts was andere interessieren könnte. Und dann braucht er gar keine Publikation: auch keine Webseite! Nehmen wir mal einen Lokalpolitiker der Bürgermeister werden will, aber ohne Zielgruppe! Der meint vielleicht, dass er Webseite+App braucht. Wenn er aber selbst seine Zielgruppe nicht sieht, dann hat er auch noch nichts zu sagen und dann ist das alles sowieso überflüssig. Ein Ziel und somit eine Zielgruppe müssen generell vorliegen.
Wenn man den Artikel wirklich liest, und nicht nur die – bewusst provokant geschriebenen – Überschriften, würde man feststellen, dass wir die Sinnhaftigkeit einer App gar nicht anzweifeln. Gerade wegen unserer Erfahrung wissen wir aber, dass die aufgeführten Punkte übersehen oder falsch eingeschätzt werden.
Genau die Denkweise „eine App bietet Push-Notifications und damit wird alles super“ führt dazu, dass sich die Leute keine tieferen Gedanken über den Mehrwert machen. Benachrichtigungen können ein Argument für eine App sein aber ich muss mir immer noch überlegen, was ich dem Nutzer damit bieten will. Ansonsten ist dieser einfach nur genervt und die Funktion schnell deaktiviert (oder die App gelöscht).
„…es gab mal ein Land und eine Zeit…“: Nur ist es so, dass sowohl die DDR als auch die Zeiten einer einzigen Wetter-App Geschichte sind. Natürlich ist es möglich eine weitere Wetter-App zu machen aber dann muss man einen genialen USP haben, um zu überzeugen (oder ein großes Marketingbudget). Dass altbekannte Konzepte sehr erfolgreich funktionieren können, zeigen Beispiele wie Wunderlist oder Slack. Das sind aber alles keine Lösungen von der Stange, sondern Anwendungen in denen viel Gehirnschmalz und Geld stecken.
So viel auch zum Thema „10.000 Euro sind 2008“: Natürlich bekommt eine Baukasten App für Lau oder wenige Euro, genau so wie man bei 1&1 seine Website zusammen klicken kann (App-Baukästen werden übrigens in Teil 3 der Serie beschrieben). Aber eine individuell Entwickelte App kostet 10.000 Euro aufwärts. Punkt.
Für den Sportverein oder Lokalpolitiker ist es ja völlig legitim, dass er auf einen Baukasten zurückgreift. Es ist so gar viel sinnvoller. Aber zu dieser Erkenntnis müssen viele erst noch kommen. Mit einer Standard-Lösung kann ich (für wenig Geld) Standard-Anforderungen bedienen. Für spezifische Anforderungen brauch ich eine individuelle Lösung und die gibt es nicht umsonst. Das investierte Geld wird sich jedoch lohnen, wenn man die im Artikel aufgeworfenen Fragen beantwortet.
Wir kommen uns langsam näher :-), sogar in Sachen Standard-Lösungen. Hier gehe ich aber gerne noch einen Schritt weiter: wir leben in einer standardisierten Welt, und das macht vieles einfacher, sicherer und zudem bezahlbar: jeder nutzt Word, Exel, PPT … alles Software von der Stange bzw. Standard-Software. Warum machen wir das, warum lassen wir uns nicht ein individuelles Textprogramm erstellen wenn wir einen Brief schreiben wollen? Ganz einfach: Weil Standardsoftware stabil, robust, millionenfach erprobt und bezahlbar ist. Weil sie vom Hersteller permanent weiterentwickelt wird. Ich weiß also was ich bekomme und weiß, dass es funktioniert. Apple, Microsoft und & Co. – alles Hersteller von Standardsoftware. Genauso läuft das bei VW, Audi, BMW und & Co.: Standard-Produkte von der Stange, die ich sogar ein wenig individualisieren kann: Farbe, Ausstattung etc.
Wie ich dann aber mit einem Auto fahre oder was ich in eine Word-Datei oder auf meine Facebook-Seite schreibe, das ist ganz alleine meine Sache. So läuft das natürlich auch bei Apps. Ich brauche ein stabiles und erprobtes System, ein technisches Gerüst, ein Framework, eine Technik auf die ich mich verlassen kann, damit ich mich auf meinen Content konzentrieren kann. Das Gute daran: bei Software ist der Individualisierungsgrad bei weitem höher als bei einem Standard-PKW. Will nur sagen: an Standardsoftware geht doch überhaupt kein Weg vorbei. Ich lasse mir auch kein Auto individuell bauen, sozusagen vom leeren Blatt Papier entwickeln. Das geht natürlich, z.B. in der Formel 1, aber ich heiße nicht Sebastian Vettel und könnte so ein Auto auch nicht bezahlen. Und er wäre wohl auch nicht so robust wie ein VW Golf von der Stange.