Schon länger entwickelt sich Mobile Video rasant. Längst ist es kein Nischen-Phänomen mehr und Cisco sagt voraus, dass sich der Anteil des Video-Traffics am gesamten mobilen Datenaufkommen bis 2019 auf 73 Prozent erhöhen wird.
Dienste wie Youtube, Vine oder auch die verschiedenen Streaming-Anbieter wie Netflix, Watchever oder auch amazon sind hinlänglich bekannt und alle immer besser auch mit mobilen Geräten nutzbar. Bei den beiden großen Plattformen Youtube und Facebook zeigen sich mittlerweile deutliche Verschiebungen. Im November 2014 wurden auf Facebook bereits mehr Videos von Nutzern hoch geladen und geteilt als auf Youtube.
New Kids on the Block: Snapchat und Younow
Bei den Lösungen, mit denen Nutzer selbst Videos nicht nur aufzeichnen, sondern auch anreichern, bearbeiten und letztlich verteilen können, tut sich zurzeit viel. Snapchat hat sich von einer ganz lustigen Sexting-App zu einem Ernst zu nehmenden Player gemausert und verzeichnet mittlerweile täglich Uploads von 700 Millionen Fotos und Videos. Instagram übrigens „nur“ 70 Millionen täglich. Beide Formate haben bei Snapchat ein zeitliches „Verfallsdatum“ von maximal 24 Stunden. Bei den oftmals wirklich spannenden Videos, die dort hoch geladen werden, eigentlich recht schade. Aber Videos auf Snapchat werden heute schon von vielen, die auch auf anderen Plattformen präsent sind, intensiv genutzt.
Bis hierhin sehen wir immer Services, bei denen ich ein aufgezeichnetes Video, egal ob mit oder ohne Nachbearbeitung, hoch lade und es von dort aus in verschiedenen Kanälen verteile. Ein Live-Streaming kannten wir bisher zwar von den Google Hangouts, die man auch direkt und ohne Zeitverzögerung auf Youtube streamen kann.
Live Video Streaming: The Next Big Thing
Mit der App Younow wird heute nun fleissig in Kinder- und Jugendzimmern gefilmt und auf der Plattform gestreamt und mit den Freunden geteilt. Manchem mag bei dem Gedanken an den Missbrauch, der hier möglich sein könnte, fast das Herz stehen bleiben und natürlich müssen Kinder- und Jugendliche auf die Gefahren hin gewiesen werden. Doch letztlich geschieht auf Younow nicht viel anderes, als wir, die noch „Internet-frei“ aufgewachsen sind, unter Gleichaltrigen besprochen oder ausgetauscht haben. Allerdings ohne diese Form der Öffentlichkeit, aber das ist der Zeitgeist, den wir nicht wieder zurück in die Flasche bekommen werden. Dies ist aber eine ganz andere Diskussion und wäre einen eigenen Artikel wert, daher zurück zu den Video-Services.
In den vergangenen Tagen machte eine App viel von sich reden: Meerkat. Mit Meerkat kann man mit seinem Smartphone (zurzeit nur iOS, Android soll aber bald folgen) Bewegtbilder aufzeichnen und direkt auf Twitter streamen. Innerhalb von zwei Wochen konnte die App 120.000 Nutzer gewinnen.
Am 13.3.2015 bestätigte Twitter dann überraschend, dass sie den Meerkat-Konkurrenten Periscope gekauft hätten. Co-Founder Jack Dorsey twitterte darauf hin:
This changes everything! https://t.co/WaEJdMWV1V
— jack (@jack) March 13, 2015
Twitter sperrt Komfort-Funktion für Meerkat
Wie sehr das die Dinge ändern würde, insbesondere für Meerkat, stellte sich kurz darauf heraus. Denn Twitter sperrte eine Komfortfunktion seiner API für Meerkat mit dem Hinweis auf interne Regeln.
Meerkat setzt auf der Entwicklerplattform Fabric auf und konnte so die sozialen Verbindungen der Twitter-Nutzer auf seinen Dienst übertragen. Dies war für die Nutzer äusserst bequem, mussten sie so ihre Kontakte in Meerkat nicht erneut anlegen und pflegen. Darüber hinaus konnte Meerkat Hinweise auf Video-Streams von Twitter-Kontakten nutzen und an andere weiter leiten. Da diese Funktionen nun für Meerkat nicht mehr zur Verfügung stehen, wird es für die Nutzer schwieriger, über Live-Streams informiert zu werden.
Der Meerkat Co-Founder Ben Rubin beklagte die Entscheidung von Twitter, bezeichnete sie aber nur als „small bump“ in der Entwicklung von Meerkat.
Wie erbittert hier um den Markt gekämpft wird zeigt, wie groß er von den Beteiligten eingeschätzt wird. Doch das Live-Streamen, nun auch für jedermann vom mobilen Device aus, führt bei uns in Deutschland zu Schwierigkeiten. Zumindest für diejenigen, die über eine gewisse Reichweite verfügen.
Keine Live Übertragung ohne Sendelizenz
Für das Live-Übertragen von Bewegtbildern benötigt man ab einer bestimmten Anzahl von Zuschauern in Deutschland eine Sendelizenz von der jeweiligen Landesmedienanstalt. Da dies Landesrecht ist, gibt es hier keine verbindlichen maximalen Nutzerzahlen, denn jedes unserer Bundesländer kann selbst die Regeln festlegen.
Ich hatte bei meiner zuständigen Landesmedienanstalt auch einmal angefragt, denn so eine Lizenz ist leider nicht kostenfrei und liegt im vierstelligen Euro-Bereich. Wenn man keine Lizenz hat und dennoch sendet, drohen empfindliche Strafen. Die Antwort der für mich zuständigen Landesmedienanstalt war – sagen wir einmal – geschmeidig. Sie sagten mir, dass ich wohl nicht groß genug sei und mal ruhig machen solle. Schriftlich habe ich das allerdings nicht bekommen können.
Tempora mutantur, nos et mutamur in illis*
Die Mobile Revolution führt also auch hier dazu, dass wir uns nicht nur über unser Urheberrecht Gedanken machen, sondern auch über andere Vorschriften, die in einer Zeit, in der jede(r) publizieren kann schlicht überholt sind und angepasst oder abgeschafft werden müssen. Geschieht das – wie zu befürchten ist – nicht schnell, werden wir auch in diesem Bereich dem Rest der Welt hinter her schauen.
Und an noch etwas werden wir uns gewöhnen müssen. Diesen Diensten ist das Hochkant-Video gemeinsam. Ungewohnt und wie zum Beispiel von Carsten Drees nicht goutiert, wird es sich schneller verbreiten als manchem lieb ist. Doch auch daran werden wir uns gewöhnen (müssen).
*Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns in ihnen.
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