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Amazon Fire Phone: sind Glühwürmchen die Zukunft des Commerce?

Amazon hat einen neuen Einkaufswagen geschaffen. „The Verge“ nennt ihn die ultimative Einkaufsmaschine. Er hört auf den Namen „Fire Phone“ und könnte das Einkaufen der Zukunft einfacher, schneller und besser machen.

Jeff Bezos hat Amazons erstes Telefon vorgestellt und es handelt sich um ein Smartphone wie auch andere aus dem oberen Android-Segment. Neu aber ist die „dynamische Perspektive“ (eine Art 3D Darstellung) und die sogenannte „Firefly“ Funktionalität. Diesen Multifunktions-Scanner und seine Commerce-Qualitäten möchte ich in diesem Artikel unter die Lupe nehmen.

Virtueller Einkaufsassistent Firefly

Der Firefly Knopf am Amazon Fire Phone

Firefly kann „sehen“ und „hören“ und macht dann Vorschläge, was als nächstes passieren könnte. Drückt man den dedizierten Knopf an der Seite des Smartphones – und das funktioniert auch bei gesperrtem Bildschirm – startet eine virtuelle Suchmaschine. Mittels der Kamera bzw. dem Mikrofon können Gegenstände, Produkte, Text, Bilder oder eben Musik gescannt werden. Nach der automatischen Erkennung liefert Firefly Vorschläge, z. B. das gescannte Buch bei Amazon zu kaufen, den Musiktitel runterzuladen oder auf Wikipedia die Historie des gescannten Eiffelturms nachzulesen. Auch die kleine emotionale Komponente fehlt nicht: beim Scannen fliegen glühende Mini-Würmchen schimmernd über den Bildschirm und machen sich auf den Weg der Bilderkennung bzw. in Richtung Erleuchtung und Erkenntnis (übrigens bedeutet Firefly zu deutsch Glühwürmchen). Das ist wie dieses kleine angenehme Geräusch, wenn Apples Mail Programm eine eMail losschickt. Schscht!

Online und Offline verschmelzen zum Omnichannel Commerce

Mit Firefly vereinfacht Amazon das Shoppen im Online-Geschäft von Offline entdeckten Artikeln. Es reduziert die Anzahl der Schritte und Eingaben, die man machen muss, um einen Artikel online zu finden und zu kaufen. Anstatt dass der Konsument sich selbst anstrengen muss, nimmt Amazon ihm die Arbeit ab und versucht dabei vorausschauend mitzudenken. Vor allem muss weniger getippt werden. Neudeutsch nennt sich dies „Convenience“.

Amazon treibt damit die Verschmelzung von Online und Offline voran, allerdings nicht in beide Richtungen. Es geht insbesondere darum die Offline-Welt in die Online-Welt zu holen. Wie auch schon die Funktionalität Flow in der Amazon App ermöglicht, ein Produkt im stationären Laden zu scannen und dann online bei Amazon zu bestellen. Auch die Preisvergleichs-Funktionalität ist von lokalen Händlern gefürchtet. Da überrascht es auch nicht, dass Amazon keinen Wert auf die Integration von BLE (Bluetooth Low Energy) in seinem Fire Phone gelegt hat. BLE ist vielmehr ein Werkzeug für stationäre Händler, um mit Kunden zu kommunizieren. Allerdings könnte Firefly mit seiner Fähigkeit QR-Codes, Produktcodes und Produkte zu scannen und erkennen, eine Konkurrenz für Beacons werden und den Druck auf den Omnichannel Einzelhandel erhöhen.

Das Ziel: Der Lock-In Effekt

Interessant an dem neuen Smartphone ist aber nicht das Telefon an sich. Es ist nur ein Puzzlestück in der Strategie von Amazon, Kunden immer stärker an ihren Kosmos zu binden. Das Share of Wallet von Amazon soll wachsen, in immer mehr Lebensbereichen soll Amazon als Alltagshelfer, Medienanbieter oder Assistent fungieren. Dabei werden die unterschiedlichen Services so miteinander verzahnt, dass eine reibungslose Kundenerfahrung optimiert wird:

Das Resultat ist Convenience. Digtial-affine Konsumenten von heute lieben das. Für manch andere Händler allerdings ist es eine Gefahr. Denn diese Verzahnung ist nicht einfach kopierbar. Amazon baut einen Vorsprung auf, der nur schwer einzuholen ist. Und kann damit immer mehr Kunden in eine Lock-In Situation bringen, da sie auf die Convenience nicht mehr verzichten möchten. Hauptsache der Kunde bleibt im Ökosystem. So machen es übrigens auch Apple, Google, Facebook und Co. Und auch UK-Lebensmitteleinzelhändler Tesco scheint ähnliches vorzuhaben. Nachdem sein eigenes Hudl Tablet im letzten Jahr zu den erfolgreichsten in UK zählte, soll nun ein hauseigenes Smartphone folgen.

Geräte sind in diesem Spiel nur ein Mittel zum Zweck. Und so ist auch das Fire Phone zu betrachten. Mobile ermöglicht erstmals die sinnvolle Verbindung zwischen Online und Offline, ist der Kitt in der neuen Omnichannel-Zukunft. Und ermöglicht es Kunden längerfristig zu binden. So betont auch Tesco CEO Philip Clarke, dass Tesco keine Gewinne mit seinem Smartphone oder Tablet erzielen will, sondern dass er hier eine Chance für den Multichannel-Handel sieht.

Fazit: Glühwürmchen sind ein Puzzleteil der Zukunft des Commerce

Amazon hat schon bewiesen, dass es zukunftsweisende Hardware mit intelligenten Cloud Services kombinieren kann. Und dabei eine reibungslose Kundenerfahrung sicher stellt. So kann auch das Fire Phone aufgenommene Fotos direkt in die amazon Cloud laden, Firefly kann Produkte, Musik sowie Videos erkennen und kaufen und das Second Screen Feature kann mit der Amazon TV-Box interagieren. Zudem gibt es noch Mayday, einen sofortigen Video Chat Services, der bei Fragen weiter hilft. Und für Entwickler soll es sehr programmierfreundlich sein. Convenience für alle.

Für Kunden die heute schon Amazon lieben und nutzen, kann das neue Telefon den Alltag einfacher, schneller und besser machen. Wie viele zusätzliche neue Kunden sich davon überzeugen lassen, ihre Smartphone Marke zu wechseln, bleibt abzuwarten. Die Vision zeigt allerdings klar und deutlich in die Richtung, wo die Zukunft des Commerce 3.0 zu finden ist.

Jeff Bezos bei der Vorstellung von Firefly:

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