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Warum man keine App braucht (1/3)

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Jede Firma für App-Entwicklung bekommt viele Anfragen und Ideen zu Apps. Dadurch entsteht ein Überblick darüber, was am Markt gefragt ist, und was für Erwartungen die Kunden haben. Es kommt dabei öfter vor, dass solche Erwartungen nicht realistisch sind, und einem Erfolg entgegenstehen. In dieser Artikelserie gehen wir den wichtigsten Fragen nach, die man sich vor der Umsetzung einer App-Idee stellen sollte.

Trend-Thema Apps

Softwareentwickler wissen, dass das Thema Applications für mobile Geräte nach wie vor einen Hype darstellt. Vor allem wenn mal wieder eine Nachricht durch die Medien geht, dass ein unbekannter Entwickler plötzlich sehr viel Geld mit seiner App verdient, steigt das Interesse stark an und die Zahl der Anfragen nimmt zu.

Für Apps gibt es gute und schlechte Konzepte, durchdachte und spontane Einfälle, große und kleine Budgets. Es ist gut, dass die Leute Ideen haben, und spannend, dies täglich zu beobachten. Wo sonst gibt es einen derart transparenten Markt, in dem man mit wenigen Klicks Millionen potenzieller Kunden ansprechen und bei Preisen von unter einem Euro dennoch viel Geld verdienen kann? Zugleich braucht es keine riesigen Entwickler-Teams, oftmals ist ein Programmierer schon ausreichend. Das macht den Reiz für viele aus. Auch Firmen sehen diese Chancen und haben mobile Apps längst als Marketingkanal oder für spezifische Lösungen entdeckt. Warum also nicht auch eine eigene App entwickeln (lassen)?

Weil es viele Gründe gibt, die dagegen sprechen. Und vor allem, weil die Entscheidung für eine App oft zu schnell und unüberlegt getroffen wird, wie bei jedem Trend-Thema. Wenn die Antworten auf die Frage, ob man eine App braucht, zufrieden stellend sind, ist das ein gutes Indiz dafür, dass die Idee tragfähig ist. Denn es gibt auf der anderen Seite auch genügend Argumente für eine App – wenn die Basis stimmt. Dann sollte man die Anwendung auch umsetzen.

1. Apps ohne Mehrwert sind keinen Cent wert

Dies ist der alles entscheidende Punkt. Eine App muss einen klaren Mehrwert bieten. Niemand nutzt eine App dauerhaft, die das nicht schafft. Die Frage ist also: Warum soll jemand eine weitere App auf dem Smartphone nutzen?

Ein Business-Modell sollte im Idealfall auf jeder Plattform funktionieren – egal ob auf Handy, Desktop oder Schiefertafel. Nur wenn die Vorteile von Mobile genutzt werden, macht eine App dafür Sinn. Vorteile sind z.B. Mobilität, Location Based Services, Hardware wie Kamera, Gyroskop, Touchscreen, NFC, etc. Ansonsten reicht auch eine Website oder eben die Schiefertafel.

Im Ernst, auch wenn damit kein Werkzeug aus Stein und Kreide gemeint ist, es gibt Aufgaben, die man wunderbar mit Stift und Papier lösen kann. Bei aller Liebe zum Digitalen – wenn man als Kunde ein Formular ausfüllen muss, dann macht man das vielleicht lieber mit der Hand auf Papier oder mit einer echten Tastatur, anstatt auf einem winzigen Display.

Letztendlich beschränkt sich dieser Punkt nicht nur auf Apps, sondern generell auf Produkte und Geschäftsmodelle. Jedoch wird es bei Apps durch den Hype sehr schnell vergessen. „Wir brauchen eine App“ heißt es dann, „der Rest (Nutzen, Mehrwert, Entwicklung, Zielgruppe, Monetarisierung) wird sich dann schon ergeben“. Nein, das ergibt sich meistens nicht.

Deshalb: man sollte sich des Nutzens und des Mehrwerts seiner App bewusst werden. Sobald man dem Nutzerkreis etwas bieten kann, das er braucht, wird er die App nutzen. Das kann eine völlig neue Lösung einer Problemstellung oder eine erhebliche Verbesserung gegenüber bisherigen Lösungen sein.

Was macht zum Beispiel die Facebook-App so erfolgreich? Ein bereits erfolgreiches Konzept wurde mit der App überall und zu jeder Zeit zugänglich. Man kann sie als Lückenfüller nutzen wenn man Zeit hat und es ist egal an welchen Ort man ist (im Zug, auf der Couch, im Wartezimmer). Der mobile Kanal ergänzt also das Konzept hervorragend.

Zudem sollte man sich beim Start einer neuen App auf die Kernfunktionen fokussieren. Zu oft wird der Fehler gemacht, jede Funktion bereits in die erste Version integrieren zu wollen. Das macht die Entwicklung teuer und sprengt jeden Zeitplan. Deshalb ist es besser, zunächst die Kernfunktionen umzusetzen, die App zu veröffentlichen und sich Feedback von den Nutzern zu holen – das ist der ultimative Test. Wenn die App einen Mehrwert bietet, wird sie auch mit wenigen Funktionen überzeugen und lässt sich später immer noch ausbauen.

2. Eine Website braucht man in jedem Fall, eine App nicht

Wenn man im Web nicht auffindbar ist, ist man nicht existent. Wenn man keine Email hat, lebt man in der Steinzeit. Wenn man keine App hat, ist das in den meisten Fällen kein Problem.

Das Web ist die Anlaufstelle für jegliche Information. Egal was man macht, es ist unerlässlich, dort auffindbar zu sein. Dies gilt für einen Kleinstadt-Laden wie für einen Online-Dienst. Email wiederum ist ein Standard-Kommunikationsweg, wie das Telefon.

Eine App jedoch muss einen konkreten Mehrwert bieten. Keiner wird im App Store nach dem Obstladen von Nebenan suchen. Und wenn dieser doch eine App hat, in der nur die Öffnungszeiten und ein paar nette Bildchen enthalten sind, wird der Nutzer diese maximal einmal öffnen und dann nie wieder. Ein echter Nutzen wäre es, wenn man über die App tägliche Angebote sieht, über das Eintreffen des Lieblingsobsts informiert wird oder Rabattpunkte sammeln kann.

Die Spiegelung der Website als App ist also meistens sinnlos. Dann lieber erst einmal den Webauftritt responsive gestalten und für mobile Geräte optimieren.

3. App Entwicklung ist teuer und kompliziert

Besonders durch die niedrigen Preise im App Store vergessen viele, dass es sich bei der Erstellung einer App um eine komplexe Softwareentwicklung handelt. Genauso wie es einfache HTML-Seiten und umfangreiche Web-Applikationen gibt, gibt es einfache und umfangreiche Apps. Ersteres kann ein einzelner Entwickler umsetzen, letzteres nicht. Abgesehen von sehr einfachen Anwendungen umfassen App-Projekte schnell mehrere Mann-Wochen oder -Monate. Bei Tagessätzen von 500 bis 1000 Euro kann sich jeder selbst ausrechnen, was das kostet. Es mag günstigere Alternativen im In- und Ausland geben, man geht dann aber ein Risiko ein, was die Qualität betrifft.

Weiterhin sollte man mindestens zwei Betriebssysteme in Betracht ziehen: Android und iOS. Wenn man für beide entwickeln will, kann man mit einem Faktor von 1,5 bis 2,0 rechnen. Eine Crossplattform-Entwicklung ist deshalb oft verlockend, aber damit handelt man sich gewichtige Nachteile ein. Vor allem ist die App dadurch in den meisten Fällen langsamer. Zudem ist die Programmierung komplizierter, was vielleicht in der ersten Version noch in Kauf genommen werden kann, sich spätestens bei möglichen Erweiterungen aber als kostentreibend erweist.

In den folgenden beiden Teilen betrachten wir die weiteren Aspekte, die gegen eine mobile App sprechen könnten, schauen auf die Kosten, die Cross-Plattform-Entwicklung und App Builder. Wer nichts verpassen will, abonniert am besten unseren kostenfreien Newsletter.

In dieser Serie erschienen:

Über die Autoren: Moritz Biersack (Marketingleiter) und Dr. Ralf Wienken (technischer Redakteur) sind Mitarbeiter der X-info Wieland Sacher GmbH. Ein wichtiges Arbeitsgebiet dieser Firma ist die Erstellung von Auswertungssoftware für die produzierende Industrie. Ein weiterer Bereich ist die Entwicklung mobiler Anwendungen. Mit der erfolgreichen Realisierung einer Vielzahl von Enterprise-Apps haben sie sich auch in diesem Markt etabliert (www.xinfo.de).

Beitragsbild: Shutterstock

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