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Mobile Payment: Von der Psychologie des Bezahlens

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Seit Jahren diskutieren wir nun, wie ein mobiles Bezahlverfahren ausgestaltet sein sollte und wann es denn endlich in Deutschland verfügbar sein wird. Meist wird dann schnell nur noch über Technologien geredet. Immer bis zu dem Punkt, an dem sich dann fast alle einig sind „Apple Pay wird das ganz große Ding und alles ändern“. Dies geschah gerade wieder, als Gerüchte aufkamen, Apple Pay würde noch in 2017 in Deutschland starten.

Auch unter uns Geekettes, Geeks und Payment-Nerds lassen wir uns allzu leicht verleiten, den Nutzer aus dem Blick zu verlieren. Verständlich, ist gerade der Deutsche doch so bockig und verweigert sich standhaft der schönen, neuen Bezahlwelt. Ist es wirklich die häufig kolportierte Technologie-Feindlichkeit der Deutschen?

Immer noch zahlen rund 33 Prozent der Deutschen bar – und zwar ausschließlich. Hingegen nur 17 Prozent zahlen überwiegend mit Karte. Warum ist das so? Es lohnt sich, einen Blick auf die Psychologie des Bezahlens zu werfen.

Bezahlen tut weh

Das Bezahlen an sich ist ein eher schmerzhafter Prozess, den wir nur ungern erleben. Doch trotz der eher unangenehmen Gefühle, lässt uns dieser Schmerz eben auch darauf achten, nicht zu viel auszugeben. Und aus diesem Aspekt resultiert unter anderem der Hang zum Bargeld. In dem Moment, in dem ich mein Geld aus dem Portemonnaie holen muss, es noch einmal fühlen darf, bevor ich es an jemand anders geben muss, lässt mich sehr deutlich spüren, dass ich gerade Geld ausgebe. Ich habe dann ein ausgeprägtes Gefühl der Kontrolle über meine Ausgaben. Unbare Zahlverfahren sind hier wesentlich „eleganter“, da sie das unangenehme Bezahlen abstrahieren.

Diesen Effekt beobachteten zwei Forscher des Massachusetts Institute of Technology’s Sloan School of Management, Drazen Prelec und George Loewenstein, schon 1998.

“There’s something schizophrenic about credit cards. On the one hand, people seem to feel better if they buy something with a credit card, but they feel much worse when they have to pay the bill. Credit cards really disconnect your mental accounting systems,” so Prelec.

Kreditkarten betäuben den Schmerz

Das Bezahlen insbesondere mit Kreditkarte trennt also den Kauf von dem dazugehörigen Bezahlen. Dies ist durchaus im Sinne von Kreditkartenunternehmen und Handel, denn wenn nur das positive Erlebnis des Kaufs übrig bleibt, kauft der Kunde ja vielleicht mehr. Wird also der Deutsche vom sparsamen Barzahler nur durch ein anderes Bezahlverfahren zum verschwenderischen Kartenzahler?

„Credit cards effectively anesthetize the pain of paying. You swipe the card and it doesn’t feel like you’re giving anything up to make the purchase, unlike paying cash where you have to hand over bills,“ führt Loewenstein aus.

Die Kreditkarte hat den weiteren Nachteil, dass ein Mal im Monat die Abbuchung der kumulierten Zahlungen ansteht. Dann sehen wir einen hohen Betrag und bei den meisten ist die erste Reaktion „Autsch, so viel kann das doch nicht gewesen sein.“ Dieser Schmerz ist groß und beeinträchtigt uns stark. Darüber hinaus bergen Kreditkarten dadurch, dass erst einmal das Kartenanbieter in Vorleistung geht, die Gefahr, dass sich Nutzer verschulden.

Besser sind hier die Debit-Karten, bei denen die getätigten Zahlung zeitnah von einem Konto ohne Überziehungsrahmen abgebucht werden. Wer also in Deutschland mit einem mobilen Bezahlverfahren punkten möchte, sollte eher die girocard oder auch andere Debitkarten hinterlegen und nicht auf Kreditkarten setzen.

Kartenzahler geben mehr aus?

2014 hat die Deutsche Bundesbank in einer Studie versucht heraus zu finden, ob das Geld bei Kartenzahlern wirklich lockerer sitzt als bei Barzahlern. In dem Experiment bekamen die Probanden jeweils zehn Euro geschenkt. Nun konnten sie würfeln und damit den Wert verdoppeln oder ihn ganz verlieren.

Die Ergebnisse beweisen natürlich nicht wirklich etwas, denn hier ging es um den Umgang mit geschenktem Geld. Der mag anders sein als mit dem eigenen. Auch der beschriebene, durch Kreditkarten hervor gerufene Aspekt, wurde in diesem Experiment nicht berücksichtigt.

Apple Pay wird keine Revolution auslösen

Apple Pay bietet die Möglichkeit, sowohl Kredit- als auch Debit-Karten zu hinter legen. Das sind gute Voraussetzungen, auch in Deutschland Nutzer zu überzeugen. Doch sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass Apple mit seinem Betriebssystem iOS in Deutschland gerade einmal auf einen Marktanteil von rund 14 Prozent kommt.

Der Start von Apple Pay wird sicherlich Aufmerksamkeit erzeugen, den Markt schlagartig revolutionieren wird es nicht. Doch die Bewegung, die bei allen Marktteilnehmern schon durch die bloße Ankündigung oder auch nur Gerüchte erzeugt wird hilft, dass sich der Markt für Mobile Payment entwickelt.

Bezahlen mit unserer Identität

Eine weitere grundlegende Veränderung bringt das Bezahlen mit dem Smartphone mit sich. Wir bezahlen nicht mehr mit Banknoten oder virtualisierten Banknoten. Wir bezahlen mit unserem täglichen Begleiter, unserem zentralen Gadget, zu dem wir eine durchaus emotionale Bindung haben. Es ist Dreh- und Angelpunkt unserer (digitalen) Identität, mit der wir dann bezahlen.

Dies kann sich einerseits dann viel „natürlicher“ anfühlen, denn ich „zahle mit meinem guten Namen“. Andererseits ist vielleicht auch genau dieser Aspekt das, was manche Menschen davon abhält, eben genau dieses Gerät für das unangenehme, Schmerz erfüllte Bezahlen zu verwenden.

Wir sollten uns jedenfalls noch mehr mit dem Nutzerverhalten beschäftigen um zu verstehen, was Nutzer bewegt und was nicht. Für sie zählt, dass sie einen Mehrwert erhalten. Dieser kann rational und messbar sein, aber auch gefühlt. Denn wenn es keinen Mehrwert hat, kann es weg.

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