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Mobile Payment mit PayPal – Nutzungsfälle im Fokus

Mobiles Bezahlen mit dem Smartphone – und damit meine ich echte Nutzer und viele Transaktionen in stationären Läden – sind in Deutschland noch eher selten. Unter Experten ist man zu dem Schluss gekommen, dass es Mehrwerte und sinnvolle Anwendungsfälle für die Konsumenten braucht, damit das besser wird. Einer der Anbieter, der hier schon auf konkrete Tests, Erkenntnisse und Lernkurven zurückblicken kann, heißt PayPal.

Auf der jüngsten Kongressmesse M-Days in Frankfurt habe ich mit Sven Kappel, Head of Mobile & Omnichannel bei PayPal, über seine Sicht der Dinge im Mobile Payment gesprochen. Meinen Kaffee zum Gespräch konnte ich übrigens per App bestellen und bezahlen, bevor er dann zu uns an den Tisch gebracht wurde. Somit musste ich nicht in der Warteschlange an der Bar stehen. Identifiziert wurde ich per Gesichtserkennung (d. h. nicht im eigentlichen Sinne, sondern über mein Foto aus der PayPal App). Mein Bild wurde mitsamt meiner mobilen Bestellung im Kassensystem der am Messestand aufgebauten Café-Bar angezeigt.

Kassenterminal von PayPal auf den M-Days

Damit sind wir auch schon mitten drin in einem der aktuell von PayPal favorisierten Nutzungsfälle, mit denen Mehrwerte für den Konsumenten geschaffen werden sollen. Sven Kappel beschreibt, warum Cafés und kleine Geschäfte derzeit im Vordergrund der Aktivitäten von PayPal rund um das mobile Bezahlen in der Offline Welt stehen. Am besten funktioniert Mobile Payment immer dort, wo Aktivitäten sich regelmäßig wiederholen, sagt der PayPal Manager. Da kann der Nutzer zuerst Vertrauen fassen und das neue Verhalten lernen, bevor er vollends von dem Mehrwert profitiert. So z. B. wenn man seinen Kaffee bereits vor dem Aufstehen vom Mittagstisch ordern kann und dieser auf dem Rückweg zum Büro ohne Wartezeit – aber natürlich frisch – abgeholt werden kann. Ein Vorteil für den Nutzer, aber auch für den Barista durch optimierte Abläufe und potentiell höheren Durchsatz. Das funktioniert heute bereits erfolgreich auf dem PayPal Campus in Berlin. Insgesamt gibt es bislang rund 10.000 Akzeptanzstellen in der Offline-Welt, die meisten allerdings eher in den USA im Silicon Valley.

Fokus auf Probleme, die es zu lösen gilt

Aber nicht nur die „Order Ahead“ Funktion, die auch an anderen Stellen der Schnellrestauration weltweit seit 2013 ihre Erfolge feiert, steht bei PayPal im Fokus. Das fehlende Kleingeld in der Tasche ist ein anderes Problem, für das Abhilfe geschaffen werden soll. So können z. B. Autofahrer in 25 deutschen Städten mit der EasyPark-App per Smartphone mit PayPal bezahlen. Handyparken nennt sich dies und kann sehr hilfreich sein, wenn man die nötigen Münzen im rechten Moment nicht dabei hat. Zumindest für Wiederholungstäter, denn das bestellen der zugehörigen Vignette lohnt sich wohl weniger für Gelegenheitsparker. Das gleiche Problem mit dem fehlenden Münzgeld löst der Snackautomat, der auch dem Messestand zu sehen war (bereits in einem vorhergehenden Artikel gezeigt).

Die Welt ist bunt

Sven Kappel hebt hervor, dass man sich auf die Anwendungsfälle und Nutzerprofile jeweils einstellen muss. Während Kunden in manchen Geschäften ihres Vertrauens, wo sie regelmäßig einkaufen, gerne automatisch mit einer App via BLE einchecken möchten, interessiert sie dies bei anderen Marken vielleicht gar nicht. Weitere Kunden bevorzugen generell den manuellen Check-In oder eine dritte Variante.

Sven Kappel, PayPal

Die Welt ist bunt. Auch auf der Händlerseite. Während die Gesichtserkennung (also die Anzeige des in der PayPal-App hinterlegten Nutzerfotos im Kassensystem) für ein kleines Café die bessere Lösung ist, wird ein größerer Supermarkt vielleicht einen Payment-Code bevorzugen. Dann kann der Kunde bereits in der Warteschlange einchecken, es wird ein QR-Code generiert und beim Bezahlen von der Kasse gescannt (laut PayPal ist das scannen des QR-Codes vom Handy schneller als der Scan eines QR-Codes durch den Kunden). Aber noch besser als Scannen sei eben eine Beacon-Lösung, dann braucht der Kunde nicht mehr mit dem Handy an der Kasse hantieren, wo man doch typischerweise eh nicht genügend freie Hände hat, da man mit Ein- und Auszupacken beschäftigt ist. Hier ist „Hands-free Payment“ im Vorteil.

 

Überraschungen im echten Leben

Auch über Enttäuschungen spricht Sven Kappel aus der positiven Perspektive. So hat der QR-Shopping Pilot in Oldenburg wichtige Erkenntnisse zu Tage befördert: Das Anwendungsbeispiel Window-Shopping, bei dem Menschen sonntags beim Flanieren durch die Fußgängerzone Artikel aus den Schaufenstern kaufen konnten, kam bei den Oldenburgern nicht so gut an wie erhofft. Auf der anderen Seite gab es aber auch überraschende Erfolge. So druckte das Hanseatische Wein- und Sekt-Kontor (Hawesko) QR-Codes auf die Rückseite von Weinflaschen. Damit konnten die Genießer noch bei der Leerung der letzten Flasche direkt Nachschub bestellen. Und das funktionierte gut.

Weinflaschen von Hawesko (Bildquelle: PayPal)

Der Massenmarkt für Mobile Payment

Wenn ein neues Shopping-Erlebnis überzeugend ist, dann werden die Kunden es auch nutzen und zusätzlich mehr Services wollen. Insbesondere im Gastgewerbe und bei sich wiederholenden Alltagstätigkeiten wird sich der Markt zuerst entwickeln, ist PayPal überzeugt. In 2015 sind dann mehr als die Early Adopter in der Nutzung dabei.

Allerdings sollte man die Innovation nicht über die Technologie entwerfen, sagt Sven Kappel. Die Konsumenten nutzen ihr Smartphone für immer mehr Zwecke, hier entstehen neue Anwendungsfälle auch für Mobile Payment. Mehrwerte müssen dort geschaffen werden, wo die Menschen mit ihren Smartphones bereits angekommen sind. Und zwar Cross-Kanal, da Online und Offline zusammen wachsen.

Fazit: Klasse statt Masse?

Auffällig ist bei der jetzigen Herangehensweise von PayPal der Fokus auf die Nutzungsfälle und somit vorerst auf Nischen. Vielleicht führt dies zu tatsächlicher Innovation anstatt des simplen „Replacement“ bestehender Zahlungsabläufe und ist somit nachhaltiger?

In 2011 noch lancierte PayPal in den USA eine Plastikkarte für Zahlungen in stationären Geschäften, um die Omnipräsenz schneller zu steigern. Diese wird nun leise wieder zurückgezogen. Denn vielleicht ist das Ziel der schnellen Omnipräsenz in der Offlinewelt nicht erstrebenswert und die Nischenanwendungen sind das Eintrittstor zu einer langfristigen Omnipräsenz? Im Zusammenhang mit Apple analysierte Karen Webster auf PYMNTS dazu: „Anyway, this little payment network math game is meant only to make one important point: you don’t have to be ubiquitous to be very valuable in payments, just everywhere your target audience expects you to be.“

Es ist also ganz einfach: um echte Nutzer mit vielen Transaktionen zu erhalten, muss man lediglich in die Welt eintauchen, in der die Zielkunden tagtäglich leben. Dann findet man die Nutzungsfälle, die zum Erfolg führen.

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