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Interview zum ECC-Forum: Was wünscht der Cross-Channel-Konsument?

Eine große Herausforderung für den Handel ist die Verschmelzung von Offline und Online. Und zwar in beide Richtungen. Man kann auch von „Multi- oder Cross-Channel“ sprechen. „Everywhere Commerce“ ist ebenso ein beliebter Begriff. In ihren Kernpunkten mögen sich diese Ansätze unterscheiden, aber der Trend bleibt derselbe: Die Kanäle wachsen stärker zusammen. Und Mobile spielt dabei eine Hauptrolle.

Als neue Treiber unterstützen mobile Endgeräte das Cross-Channel-Verhalten der Konsumenten und schlagen eine folgenreiche Brücke zwischen den einzelnen Kanälen: Die Möglichkeit, jederzeit und überall Informationen zu gewinnen, ein Produkt zu kaufen und zu bezahlen. Dieser Bedarf des Kunden kann nicht ignoriert werden, will ein Händler sich zukunftsorientiert aufstellen.

Vor diesem Hintergrund veranstaltet das E-Commerce-Center Handel am 9. April das 23. ECC-Forum „Cross-Channel-Trends – So revolutionieren Smartphones den Handel“ in Köln. Wir haben vorab mit Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer am IFH Köln gesprochen.

Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer am IFH Köln

mobile zeitgeist: Sie werden auf dem ECC-Forum eine Studie mit dem Titel „Von Multi-Channel zu Cross-Channel: Konsumentenverhalten im Wandel“ präsentieren. Wo liegt aus Ihrer Sicht der Unterschied zwischen Multi-Channel und Cross-Channel? Wie haben sich die Bedarfe der Konsumenten in den letzten Jahren verändert?

Kai Hudetz: In der Praxis werden die Begriffe „Multi-Channel“ und „Cross-Channel“  häufig synonym verwendet, wir sehen jedoch einen essentiellen Unterschied, der die aktuelle Situation im Handel gut widerspiegelt. Unter einem Multi-Channel-Händler verstehen wir einen Händler, der schlicht mehrere Vertriebskanäle wie Ladengeschäft, Katalogversand oder Online-Shop nutzt. Bei einem Cross-Channel-Händler sind diese Kanäle kundenorientiert verknüpft und bieten dem Kunden durch diese Verknüpfung der Kanäle Mehrwerte, bspw. indem Waren in Filialen online reserviert werden können oder online bestellte Ware wieder in einer Filiale retourniert werden kann.

Die meisten stationären Händler in Deutschland mit Online-Shop stehen unserer Meinung nach an der Schwelle von Multi-Channel-Händlern zu Cross-Channel-Händlern, bieten Kunden zunehmend kanalübergreifende Services an. Sie reagieren damit auf das dramatisch geänderte Konsumentenverhalten: Konsumenten nutzen die Möglichkeiten, die Ihnen das Internet bietet, immer intensiver für die Kaufvorbereitung, aber auch den eigentlichen Kauf aus.

Immer mehr Umsätze wandern ins Netz, aber auch wenn der Kauf doch noch im stationären Handel erfolgt, hat das Internet großen Einfluss: Kunden sind immer besser informiert, auch was den Preis angeht. Vielfach finden Käufe auch nach erfolgter Beratung vor Ort im Internet statt, weil dort zumeist ein niedrigeres Preisniveau vorherrscht.

mz: Welche Nutzungsszenarien seitens der Verbraucher erwarten Sie in den nächsten Jahren? Und welche Rolle spielen dabei das Smartphone und vielleicht andere mobile Endgeräte?

KH: Das Internet als Informationsquelle Nummer eins ist mit mobilen Endgeräten immer und überall verfügbar. Wir bezeichnen das Smartphone als Kit zwischen den Kanälen. Zunehmend fällt die Kaufentscheidung zwischen online und offline situativ und hängt von vielen Fragen ab: Wo befinde ich mich? Wie viel Zeit habe ich? Wie dringend benötige ich das Produkt? Wie leicht kann ich es transportieren? Konsumenten sind besser informiert denn je und haben mehr Kaufoptionen denn je, das werden sie zukünftig noch stärker nutzen. Das Smartphone spielt dabei eine zentrale Rolle – vor allem bei der Kaufanbahnung.

Das Smartphone in Zentrum des Cross-Channel-Ansatzes

mz: Bislang haben wir über den Blickwinkel des Konsumenten gesprochen. Wie sieht das Thema aus Perspektive des Handels aus? Stehen die Erwartungen der heutigen Smartphonenutzer weit über den Fähigkeiten der Händler und wie groß ist die klaffende Lücke? 

KH: In der Tat werden die Kunden immer anspruchsvoller und stellen den Handel vor eine große Herausforderung. Dies zeigt sich in zumindest drei Dimensionen.

Mz: Wenn ein Händler die ideale Customer Experience gestalten will, worauf muss er besonders achten und wo liegen die größten Herausforderungen? Wird die Verschmelzung von Offline und Online bald Realität sein?

KH: Die Verschmelzung der Kanäle ist aus Kundensicht ja bereits jetzt Realität, denn nichts anderes ist es ja, wenn Kunden mit dem Smartphone aus Ladengeschäften heraus Online-Käufe tätigen. Dieses Verhalten wird in den nächsten Jahren zur Normalität werden. Aktuell ist der Kanalwechsel aber sehr häufig mit einem Wechsel des Anbieters verbunden, denn online sind andere Anbieter erfolgreich als offline.

Für stationäre Händler bedeutet dies zum einen, dass sie auch online Kanalexzellenz bieten müssen, sonst werden sie Amazon und Co. nicht Paroli bieten können. Zum anderen müssen sie kanalübergreifende Mehrwerte bieten und ein einheitliches Kauferlebnis auf allen Kanälen bieten. Dies gilt für das „Look and Feel“ genauso wie für die Sortiments- und Preisgestaltung.

Mz: Was würden Sie Unternehmen mit auf den Weg geben wollen, die sich Cross-Channel-Excellence auf die Fahnen schreiben möchten.

KH: Zunächst: Cross-Channel-Excellence bedingt Excellence in den zu verknüpfenden Kanälen. Nur wenn ich sowohl im Ladengeschäft als auch online exzellent bin, kann ich auch Cross-Channel-Excellence anstreben. Das stellt ein gewaltiges Ziel dar, das erheblichen Aufwand und Veränderungen innerhalb der Organisation erfordert und deswegen von ganz oben aktiv unterstützt werden muss.

Bei der konkreten Formulierung eines Konzepts gilt es, genau zu differenzieren, welche Cross-Channel-Services dem Kunden einen echten Mehrwert bieten und welche Services letztlich nur den Aufwand für das Unternehmen erhöhen. Das ist die Gretchenfrage im Cross-Channel-Management, die leider nur unternehmensindividuell beantwortet werden kann, es gibt keine Blaupause.

Mz: Herr Hudetz, vielen Dank für das Gespräch.

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