Der nächste Einkauf ist fällig. Es gilt sich durch 11.300 m2 mit 100 Gängen und über 55.000 Produkte auf zwei Etagen zu kämpfen. Wie soll ich da als Kunde meine gewünschten Produkte auf die Schnelle finden? Durch meinen Kopf schwirren Hypermarkt-Alpträume, verloren zwischen endlosen Regalen, hoffnungslos auf der Suche nach dem letzten fehlenden Produkt, ohne irgendeinen hilfebringenden Verkäufer weit und breit in Sicht. Zu oft habe ich es schon erlebt.
Die Shopping Vorbereitung
Ich lade mir also die „C-Oú“-App (bedeutet zu deutsch „wo ist es“) auf mein Smartphone. Dort kann ich die Angebote der Woche studieren und auf meinen Einkaufszettel setzen. Auch scanne ich alle Produkte in meiner Küche, die nachgekauft werden müssen (mithilfe des Strichcode-Scanners in der App). Dabei ist auch eine Packung Reis. Was könnte man damit eigentlich mal wieder Neues kochen? Ich klicke auf die Rezeptvorschläge für mein Reis-Produkt und finde mein Glück. Die fehlenden Zutaten klicke ich auch gleich auf meinen Einkaufszettel.
Der Shopping Trip mit Navi-Begleiter
Jetzt wird es kompliziert. Ich muss den riesen Einkaufswagen steuern, dafür brauche ich beide Hände. Gleichzeitig will ich aber mein Handy anschauen, um den Weg zu finden. Also versuche ich den Wagen mit einer Hand und einem Ellenboden zu steuern. Angekommen bei meinem Produkt, einem Sechserpack große Wasserflaschen, brauche ich wieder beide Hände. Wo lege ich jetzt mein Handy hin, um das Wasser in den Wagen zu heben? Man hört immer wieder von Diebstählen, aber wenn ich es in die Tasche stecke, sperrt es sich. Hhm.
Weiter geht’s. Ich finde auch die merkwürdigsten Produkte. Die wieder aufladbaren Batterien hätte ich sonst nie entdeckt. Und Verkäufer sind rar gesät, aber die wissen oft eh nicht mehr als man selber.
Ab zur Kasse und mobil bezahlen
An der Kasse kann man zwar mobil bezahlen (wenn man denn eine NFC-fähige Mobile Payment Lösung besitzt), aber nicht mehr mithilfe der App. Ich zahle dieses Mal kontaktlos per Sticker, das funktioniert ohne irgendwelche Probleme sehr reibungslos.
FAZIT: die Stärken und die Schwächen
Insgesamt war ich positiv beeindruckt von meiner Kundenerfahrung. Als erstes einmal: Es hat funktioniert!! So mancher Praxistest hat mich schon anderes gelehrt (übrigens auch bei Carrefour): ein gutes Konzept wird durch eine halbherzige Umsetzung quasi nutzlos und entwickelt sich zum Flop. Wen wundert’s ;-)
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Die Einkaufsliste wird entsprechend dem optimalen Weg sortiert, das ist praktisch. Macht so mancher ja bisher manuell beim aufschreiben der Produkte in unterschiedliche Ecken eines Zettels. So wundert es auch nicht, dass die Einkaufsliste nach 2 Monaten in der Praxis die meistgenutzte Funktion in der App ist. Ganz nebenbei kann die App übrigens auch die Wege der Kunden durch den Laden erfassen, eine wichtige Datenbasis zur Analyse für Carrefour. - +++
Auch kann man die Liste immer wieder verwenden und einfach nur anpassen von einer Woche zur nächsten. - +++
Die App kann den Standort eines Produktes anzeigen. Denn selbst in seinem üblichen Supermarkt in der Nachbarschaft kommt es manchmal vor, dass man verzweifelt nach Schattenmorellen sucht (weil man vielleicht gar nicht weiß, was das ist?). - +++
Die neue App wird im Store kommuniziert: von großflächigen Postern bis zum Hinweis auf dem Kassendisplay wir die App promoted. Nicht nur dass die Kunden darauf aufmerksam werden, auch die Angestellten setzten sich damit auseinander und sind nicht überrascht. Gibt ja auch keinen Grund zum Verstecken.
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Die größte Herausforderung war das gleichzeitige Schieben des Einkaufswagens beim Halten des Handys. Da fehlte einfach eine Hand. Man kann den Kleinkindsitz des Wagens als Ablage benutzen, aber das Risiko von Diebstahl und Herunterfallen ist hoch. - – – –
Es fehlt die Cloud-Fähigkeit der Einkaufsliste. Erstens kann man z. B. am Schreibtisch nicht kurzerhand per Laptop einen Artikel hinzufügen. Und wenn mehrere Personen einen Einkaufszettel befüllen, dann muss immer das Handy des tatsächlichen Einkäufers her (Handy nehmen, entsperren, App öffnen, Produkt scannen oder tippen – hier lässt sich die Einfachheit der Nutzung sicher noch optimieren. Zu denken wäre hier an DASH, den neuen Einkaufs-Zauberstab von amazon.)
In diesem Praxistest steht die App C-Où mit ihren Funktionalitäten im Vordergrund. Aber ebenso zu erwähnen sind die zahlreichen anderen digitalen Formate in dem neuen „connected supermarket“ u. a. :
- Digitale Anzeigetafeln und Poster
- Interaktive Kiosksysteme für Fragen, Rezepte, Weinauswahl, usw.
- Eine Shopping Wall für nicht im Store verfügbare Geräte wie Kühlschranke oder Waschmaschinen
- Ein „Mobile Mirror“ mit Augmented Reality, der die Anprobe von Kleidung ersetzen soll
- Aushilfsbatterien zum Notladen von Smartphones
Bei Carrefour in Villeneuve-la-Garenne geht es somit nicht nur um eine Instore Navigation entlang dem Einkaufszettel. Es geht vielmehr um die Digitalisierung eines stationären Geschäfts, um den mobil-digitalen Konsumenten zu zeigen: „wir kommunizieren und interagieren auf den selben Kanälen wie Du!“. Die Hilfsmittel, Geräte und Suchwerkzeuge aus dem Alltag des mobil-digitalen Konsumenten halten Einzug in den Supermarkt. Der Kunde muss nicht aus seiner inzwischen alltäglichen digitalen Welt in eine alte Welt zurückkehren, wenn er einkaufen geht. Man kann es auch einen überfälligen Schritt in die Zukunft des OmniCommerce nennen.