Mobile Payment: In China herrscht Alipay, in Deutschland Nachholbedarf

Google Pay

Aktuell gibt es in Deutschland drei große Anbieter, die mit ihrer Lösung die Vorreiterrolle in Mobile Payment übernehmen wollen. Ohne Zweifel ist dabei Google Pay Googles Kampfansage an Apple. Seit dem 26. Juni 2018 steht der Dienst im deutschen Play-Store zum Download bereit. Seit 2015 ist er im Play-Store erhältlich, zunächst in den USA, dann Großbritannien und nach vielen europäischen Ländern auch bei uns in Deutschland. Google Pay vereint mehrere Payment Dienste von Google unter einer Software (Android Pay, Google Wallet, Kundenkarten etc.). In Supermärkten und Läden kann man so mittels Smartphone ab Android-Version 5.0 problemlos zahlen. Dafür benötigt man eine Master- oder Visa-Kreditkarte. Zudem muss man bei der richtigen Bank sein. Aktuell wird Google Pay von boon, comdirect, Commerzbank, N26 und BW-Bank unterstützt. Hat man alle Voraussetzungen erfüllt, kann man in ausgewählten Shops, die den Dienst akzeptieren, problemlos mit dem Smartphone zahlen. Bei Beträgen bis zu 25 Euro hält man das aktivierte Smartphone dazu einfach an das Lesegerät. Ein Aufleuchten des Bildschirms samt einem Häkchen signalisiert, dass die Zahlung erfolgt ist. Bei höheren Beträgen muss man sein Gerät zusätzlich entsperren oder einen Fingerabdrucksensor benutzen. Zudem ist auch eine PIN-Eingabe möglich, jedoch dank der anderen Optionen nicht zwingend notwendig. Sollte das Gerät verloren gehen, kann man es über Googles” Mein Gerät finden”-Funktion sofort sperren lassen. Kleine Beträge an Freunde und Kontakte soll man laut Google sogar mittels Sprachbefehl übersenden können.

Dank CDCVM-Verfahren ohne PIN unterwegs

Möglich wird das mobile Bezahlen bei Google Pay durch das sogenannte CDCVM-Verfahren. Erst dadurch kann die PIN-Eingabe bei Beiträgen, die ein Beitragslimit (Bei Google Pay 25 Euro) überschreiten, entfallen. Die Consumer Device Cardholder Verification Method beschreibt die Verifizierung über mobile Geräte mittels der Authentifizierung beispielsweise über Touch-ID oder Gesichtserkennung. Damit CDCVM jedoch funktionieren kann, muss auch das Kassenterminal dieses Verfahren unterstützen.

Apple Pay

Nach vier Jahren kommt Apple Pay für iPhone User auch in Deutschland an. CEO Tim Cook präsentierte auf einer Analystenkonferenz im August handfeste Daten, was bis Ende 2018 noch geschehen soll. Aktuell laufen die Spekulationen, welche Bank wann mit dabei sein wird. (Eine Übersicht findet sich hier: “Later this year!” – Apple Pay – die Analyse und Kommentar von Rudolf Linsenbarth, it-finanzmagazin.de, 06.08.18) Die Idee hinter Apple Pay unterscheidet sich nicht zu Google Pay. Geldbörse und Kreditkarten daheim lassen und alles mit dem Smartphone bezahlen. Wie bei Google muss man bei Apple Pay seine Kreditkartendaten in seinem Gerät hinterlegen; in dem Fall iPhone ab Version 6, iPad oder Apple Watch. Gerade letzteres scheint attraktiv, da man zum Zahlen schlicht das Handgelenk samt Watch an den Scanner hält und der Bezahlvorgang abgeschlossen ist. Alle Devices müssen einen NFC-Chip besitzen und der Händler ein kompatibles Kassensystem. Wie hoch die einzelnen Beitrags-Limits beim Bezahlen sind, ehe eine PIN bei größeren Geldsummen eingegeben werden muss, hängt in Europa von den regulatorischen Vorgaben ab. Danach kommt zudem noch die Vorgabe des Kartenschemas für das jeweilige Land und zuletzt auch noch die kartenherausgebende Bank, die das Risiko trägt. Wie bei Google Pay wird das Beitragslimit ohne PIN-Eingabe in Deutschland wohl auch bei 25 Euro liegen. Sicher ist, dass bei Apple Pay auch CDCVM zum Einsatz kommt. Mittels Fingerabdrucksensor, Face-ID (iPhone X) oder der PIN-Eingabe beim Anlegen der Apple Watch wird man so auch höhere Beiträge tätigen können. Genaueres werden wir jedoch erst wissen, wenn Apple Pay wirklich im Laufe dieses Jahres in Deutschland starten wird.

Aktuell herrscht in Bezug zu Apple zudem Unsicherheit aus einer ganz anderen Richtung. Das Unternehmen hat seine NFC-Schnittstelle nicht für andere Anbieter freigeben. Beispielsweise läuft die Sparkassen-App aktuell nur auf Android. Banken können bislang ihre Bezahldienste nicht mit Apples NFC-Chip betreiben lassen, da der Konzern alles auf Apple Pay beschränkt hat. Das riecht natürlich streng nach Missbrauch von Marktmacht, FDP-Politikern Nadja Hirsch fordert daher gar die EU-Kommission auf, den Fall zu prüfen.

Sparkassen App “Mobiles Bezahlen”

Am 30.07.2018 ist “Mobiles Bezahlen”, die Sparkassen Mobile Payment App, in über 300 Sparkassen gestartet. In seinem Test beschreibt unser Autor Rudolf Linsenbarth step-by-step, wie die Handhabung der App vonstatten geht. Neben einem Konto bei einer teilnehmenden Sparkasse, einer girocard, der App selbst sowie einem Android-Smartphone (Version ab 5.0) ist NFC-Support Voraussetzung. Die App wird mittels eines TAN-Verfahrens aktiviert. Bei seinem Review muss Linsenbarth leider feststellen, dass sich die Sparkassen in punkto Bedienkomfort nicht auf der Höhe des Wettbewerbs befinden. Demnach gibt es keine Transaktionshistorie mit Betrag, Datum und Uhrzeit. Zudem würde es keine eigene Push-Nachrichten-Funktion, die Auskunft über Geldeingang oder Abbuchung gibt. Stattdessen muss man den Kontowecker der Sparkassen-App benutzen, um über Aktivitäten auf dem Konto informiert zu werden. Diesen muss man allerdings selbst einstellen und anpassen. Die Meldungen kommen bei der Mastercard zudem um 10 Minuten verzögert und bei girocard-Zahlungen erst einen Tag später an. Das ist alles andere als ausgereift. Letztlich wird beim Bezahlvorgang allgemein auf Dauer die Limitierung auf einen bestimmten Betrag lästig, bis man auf einen PIN zurückgreifen muss. So liegt die Begrenzung bei Mastercard beispielsweise bei 25 Euro, mit VISA ist bei 50 Euro Schluss. Bei der Sparkassen-App liegt allerdings sowohl bei giro- oder Kreditkarte bei 25 Euro die Grenze. Alle Beträge, die darüber hinausgehen, müssen mit einer PIN autorisiert werden.

Fazit

Werde ich also im nächsten Jahr, wenn ich Neuschwanstein erneut besuchen sollte, neben dem Alipay Schild beim Juwelier auch einen entsprechenden Verweis auf Google und Apple Pay oder gar die Sparkassen-App vorfinden? Es bleibt nach aktuellen Stand der Dinge eher unwahrscheinlich. Fakt ist, in Deutschland bewegt sich was in Bezug zu Mobile Payment, doch scheint eine selbstverständliche Akzeptanz des mobilen Bezahlens wie bei Alipay, WeChat und Unionpay in China noch weit entfernt zu sein. Viele werden sich hierzulande solange dagegen sträuben, bis der Datenschutz nicht einheitlich geklärt ist. Weiterhin stehen aktuell das hohe Sicherheitsbedürfnis der Deutschen, kein einheitlicher Technikstandard, die Vorliebe der Deutschen für Bargeld sowie letztlich ein gut funktionierendes Giro- oder Kreditkartensystem als Hürden dem großen Durchbruch von Mobile Payment entgegen.

Quellen:

Alipay, WeChat & UnionPay – Chinas Big Three, Quelle: paymentandbanking.com, 09.05.18

Alipay expandiert: Wieso wir das nicht zulassen dürfen, t3n.de, 19.06.18

Breuninger startet mit Alipay und WeChat Pay – erfolgreiche Zusammenarbeit mit Wirecard, Wirecard, 29.06.18

Apple Pay: Diese deutschen Banken machen mit, t3n.de, 01.08.18

Google Pay, Sparkasse Play: Kommt jetzt die Bezahl-Revolution?, börse-online.de, 31.07.18

Mobiles Bezahlen: Sparkassen starten Mobile Payment App, connect.de, 31.07.18

Mobile Payment, Xovi – Handbuch

Smartphone trifft Kreditkarte, 22.07.16, heise.de

Google Pay jetzt auch in Deutschland – das ist mit dem Bezahldienst möglich, t3n.de, 26.06.18

Later this year!” – Apple Pay – die Analyse und Kommentar von Rudolf Linsenbarth, it-finanzmagazin.de, 06.08.18

Kein mobiles Bezahlen außer Apple Pay – Öffnung von iPhone-NFC gefordert, heise.de, 06.08.18

“Mobiles Bezahlen” der Sparkassen im Praxistest: So funktioniert das neue mobile Payment!, it-finanzmagazin, 30.07.18

Mit 29-Euro-Zahlterminal: So leicht kann man Kontaktlos-Karten abfischen, heise.de, 23.07.18

Bezahlen per Handy und NFC in Deutschland: So geht`s, netzwelt.de, 06.08.18

Apple Pay und die PIN-Abfrage, apfel.cash, 24.02.18

CDCVM (Consumer Device Cardholder Verification Method), nocash.blog, 25.03.18

Payback Pay: Mit dem Smartphone per QR-Code zahlen, giga.de, 03.01.17

Why QR codes trump NFC in China, technode.com, 16.03.18

Google Pay

Über Carsten Thomas 236 Artikel
Autor und Gamingnerd. Stets interessiert an Tech-Innovationen, Medienwandel und Technikutopien. Redakteur bei mobile zeitgeist.

1 Kommentar

  1. Die EU wirft einfachen Zahlungen von Kleinbeiträgen Knüppel zwischen die Beine. Während ich mit der Karte in einer Sekunde Einkäufe bis 25€, also z.B. Tickets, ohne jeden Nachweis meiner Person bezahlen kann, muss ich mich beim Smartphone wegen CDCVM auch bei kleinsten Beträgen am Smartphone authentifizieren. Damit dauert ein Vorgang bis zu einer Minute, wie ich eben mit der Sparkassen-App bei Rewe erlebt habe.
    Wer nutzt denn da noch ein Smartphone und nicht lieber die gute alte Karte?!

    Da schiebe ich doch dann lieber – wie früher schon einmal – die Girocard in meine Smartphonehülle, halte diese ans Terminal und muss nix eingeben oder entsperren. Daran sieht man, wie bescheuert diese Lösung ist.

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