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Apple´s Doppelschlag gegen NFC bei Mobile Payment

Vor den Augen vieler Analysten und Brancheninsider baut Apple seine Handlungsoptionen und Geschäftsmöglichkeiten weiter aus. Das gilt gleichermaßen für Mobile Payment wie auch für das Internet der Dinge. Die seit langem erwartete Integration von NFC in das iPhone ist wieder einmal ausgeblieben.

Es riecht förmlich nach einer Wette der Silicon-Valley-Giganten Google einerseits sowie Apple und Paypal andererseits, bei der es scheinbar um die richtige Wahl der Basistechnologie und der erforderlichen Geschäfts- und Plattformstrategie beim Zahlungsverkehr der nächsten Generation geht.

Ist jetzt NFC – NearFieldCommunication – oder etwa BLE (Bluetooth Low Energy) zusammen mit iBeacons der richtige Ansatz? Wie es auch immer ausgehen wird: Apple geht unbeeindruckt seinen Weg. Auch im Thema Mobile Payment. Dabei verliert das Unternehmen nicht die eigenen Vorteile für sich aus dem Blick. Doch nun der Reihe nach.

Apple´s Mobile POS-Lösung – bald mit Fingerprint?

Unbemerkt von vielen nutzt das Unternehmen aktuell eine mobile Zahlungsmöglichkeit in seinen eigenen Shops, die dem Segment „Mobile POS“ zuzuordnen ist. Ich hatte das Vergnügen dies im Juli 2013 während meines USA-Urlaubs in einem Apple-Store selbst zu erleben.

Ich hatte mein Synchronisationskabel dummerweise vergessen und betrat den Apple-Store. Ein Verkäufer fragte mich, ob er mir helfen kann. Nachdem ich ihm kurz meinen Wunsch erklärt hatte, steuerte er schnurstracks auf eine Wand mit dem gewünschten Kabel zu. Auf sein „anything else“ entgegnete ich „Nein, nur noch bezahlen.“

Es folgte dann ein Prozess, den meine Frau mit „unglaublich und beängstigend“ beschrieb. Er nahm sein iPhone und las den Barcode mit den Artikeldaten aus. „Wie wollen Sie zahlen?“ Ich reichte ihm meine Kreditkarte. Er zog sie ebenfalls durch einen am iPhone angebrachten Kartenleser. „Wollen Sie die Rechnung an ihre E-Mail-Adresse oder sollen wir sie nach Hause schicken? Ich habe diese E-Mail-Adresse.“ Er sollte sie an meine E-Mail-Adresse schicken. Er bedankte sich für meinen Einkauf und verabschiedete mich und meine Frau. 2 Minuten hatte das Ganze gedauert. Ein durchgängiger, konsequenter In-Store-Mobile-Payment-Prozess und absolut angenehmes Erlebnis, wenn man weiß, wie sie es machen.

Nutzt man noch zur Autorisierung das neue Fingerprint-Feature „Touch-ID“ sinken die potentiellen Fraud-Raten dramatisch. Dies dürfte die Geschäftsergebnisse kurzfristig beeinflussen.

Entscheidung für BLE (Smart Bluetooth) – Revolution im Handel?

In der vergangenen Woche wurde das neue iPhone 5S vorgestellt, wobei „Touch-ID (Fingerprintverfahren, Patent aus dem Jahr 2008)“ im Vordergrund stand, während BLE und die „iBeacons“ bislang verschwiegen wurden. Dabei sind es gerade diese beiden Features, die es als Weichenstellung Apples im Mobile Payment-Segment in sich haben.

Es ist eine Entscheidung wie auch bei aktuell genutzten Mobile POS-Service gegen NFC.

Quelle: JailbreakModo.com

Worum geht es? Die Kombination von BLE-basierten Services im Zusammenhang mit iBeacons und Touch-ID kann eine Revolution im stationären Handel auslösen und sich als eine bevorzugte Möglichkeit gegen das „Showrooming“ (Ansicht von Produkten im Laden und preisgünstiges Kaufen über andere Kanäle) erweisen.

Wie kann es funktionieren? Im  Laden werden „Leuchtfeuer“ (iBeacons) verteilt. Diese senden relevante Informationen wie z.B. Coupons oder personalisierte Angebote aus, weisen Kunden den Weg innerhalb des Ladens zu den gewünschten Produkten („Indoor-Maps“) und ermöglichen am Ende sogar das Bezahlen.

Die Daten zwischen iBeacons (kleine drahtlose Sensoren) und empfangsbereiten Smartphones (iPhones) werden über BLE (Bluetooth Low Energy) ausgetauscht. Diese Technik, auch Smart-Bluetooth genannt, überträgt nur geringe Datenmengen. Im Vergleich zu NFC hat BLE in Kombination mit iBeacons jedoch verschiedene Vorteile. Sie ist günstiger als NFC-Tags und kann eine Reichweite von bis zu 50 Metern erzielen. Darüber hinaus ist jedes Endgerät Bluetooth-fähig, während NFC-fähige Endgeräte weltweit erst eine Verbreitung von 15% erreichen.

Die BLE-Technologie erlaubt vergleichbar mit der NFC-Technik einen sogenannten sicheren Proximity (Nah)-Datenaustausch und damit ein Bezahlen. Ein „Tap- oder Swipe and go“ wie bei NFC-Zahlungen (Smartcards oder Smartphones) an der Kasse ist nicht mehr erforderlich. Der Kunde meldet sich im Laden an („gibt sich über BLE dem Händler zu erkennen“) und kann dann über die Technik mittels einer Wallet automatisch zahlen (hier sind Akzeptanz-Probleme zu erwarten) oder aber die Bezahlung über eine PIN bestätigen. Fertig.

Sollten sich BLE und die iBeacons im stationären Handel durchsetzen, hätte dies unmittelbare Konsequenzen auf Geschäftsmodelle und Services beim Mobile Payment. Das Eco-System ist deutlich weniger komplex, die Services können sofort entwickelt, umgesetzt und vor allem von den Händlern und Kunden genutzt werden.

Es bleibt abzuwarten, ob diese Technik alle Anforderungen erfüllt. Die sofortige Umsetzbarkeit, der Preis, die Verfügbarkeit von Technik und Endgeräten haben es jedenfalls in sich.

Übrigens, ist die NFC-Option für Apple immer noch offen.

 

Der Autor: Thomas Lerner ist Management Berater, Autor, Trainer und Speaker bei Mobile Marketing, Banking, Payment und Enterprise Services. Im Dezember 2013 wird sein Buch „Mobile Payment“ in englischer Sprache erscheinen.
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