Produktentwicklung 2.0 – Design Thinking als Chance für Unternehmen

make a thon

Anfang Juli fand in München der erste deutsche Make-a-thon der Design- und Innovationsberatung IDEO statt. Designer, Macher und Denker verschiedenster Nationalitäten trafen sich für ein ganzes Wochenende um aus Spaß Produktideen zu entwickeln. Was sich nach einer Party anhört war viel mehr als das. Es war harte Arbeit aber mit dem ständigen Gefühl auf einer Party zu sein. Produktentwicklung 2.0.

Design Thinking als Grundlage für erfolgreiche Produktideen

Die Arbeitsweise von IDEO und auch Grundlage des Make-A-Thon basiert auf Design Thinking. Design Thinking ist eine Methode zur Entwicklung kreativer Ideen und Lösungen, die sich am Nutzer orientieren und dessen Bedürfnisse befriedigen.

Chance für Unternehmen

Design Thinking ist eine von vielen Methoden zur Identifikation von Kundenbedürfnissen und Problemlösungen. Die Stärke dieser Methode liegt in der 100%igen Fokussierung auf die Kundenbedürfnisse. Die Bedürfnisse der Zielgruppe bilden das Leitmotiv des gesamten Prozesses. Schnelles Prototyping hilft die generierten Ideen direkt an der Zielgruppe zu testen. Das gewonnene Feedback wird weiterverarbeitet und mit immer neuen Prototypen verifiziert. Am Ende steht ein zu 100% auf die Kundenbedürfnisse abgestimmte Produktidee, die dann final umgesetzt werden kann.

In diesem Prozess wird sich nicht um Hürden gekümmert. Es geht einzig und alleine um die Probleme und Bedürfnisse der Kunden. Und das unterscheidet Design Thinking von so vielen anderen Herangehensweisen.

Gerade etablierte Unternehmen können mit Design Thinking professionell arbeiten, aber mit der Agilität eines Startups. Während Startups auf der einen Seite weniger „verkopft“ an Problemlösungen gehen, tun sich etablierte Unternehmen oftmals extrem schwer wirklich innovativ zu sein.

Der deutsche Bankenmarkt ist dafür ein wunderbares Beispiel. Mit wenigen Ausnahmen hat es in den letzten Jahren in Deutschland keine der Banken geschafft eine wirkliche Innovation auf den Markt zu bringen. Ein kostenloses Giro-Konto ist nicht sonderlich Innovativ und das Einführen eines neuen TAN-Verfahren schon mal gar nicht. Und so wundern sich dieser Tage viele Banken, wie Startups Nischenmärkte besetzen, die morgen schon keine Nische mehr sind. „Wir haben das schon immer so gemacht“ heißt es seitens der Banken. Übrigens der Lieblingssatz ausgestorbener Hochkulturen.

Schaut man sich die Produktentwicklung der letzten Jahre an, gibt es in der Regel einen oder mehrere Produktmanager, die sich mehr oder weniger gut auskennen und Produkte nach besten Wissen und Gewissen (oft am Kunden vorbei) entwickeln. Meist gibt es einen Betatest an den oft vorhandenen Bestandskunden, die über Jahre an eine bestimmte Produktphilosophie gewohnt wurden.

Im Endeffekt handelt es sich bei dieser Art von Produktentwicklung um nichts anderes als um Bestandskundenpflege oder Individualentwicklung.

Schleichend in die Belanglosigkeit

Die oben beschriebene Herangehensweise führt dazu, das man schleichend immer mehr in die Belanglosigkeit fällt. Die Bestandskunden bleiben oft über einen langen Zeitraum erhalten was dazu führt, dass man neue, disruptive Entwicklungen gänzlich ignoriert. Alles nur Hype quasi. Gerade bei Marktführer kann man diese Einstellung immer wieder beobachten. Mit Scheuklappen auf sieht man die Angreifer nicht, die von hinten  an einem vorbei ziehen. Bis es zu spät ist.

Die Lösung kann so einfach sein

Die Lösung ist einfach, man muss es nur auch wollen und umsetzen. Das Schwierigste ist es die alten Gewohnheiten abzulegen und neue Ideen zuzulassen. Design Thinking ist eine wunderbare, kreative Methode um sich auf die Bedürfnisse des Kunden zu konzentrieren. Und das Beste ist: sie macht auch noch großen Spaß.

Design Thinking ist kein Hexenwerk, keine Esoterik sondern eine einfache und itarative Methode. Im Prinzip ist der Kunde König, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Zielgruppe und deren Bedürfnisse stehen im Vordergrund.

Wie kann Design Thinking helfen?

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Im ersten Schritt beschäftigt man sich mit der Zielgruppe und deren Bedürfnisse bei einer bestimmten Tätigkeit. Nehmen wir das Beispiel aus der Bankenwelt, dann müsste sich die Bank zunächst einmal damit beschäftigen, wie der Tagesablauf der Zielgruppe im Detail aussieht. Wie erledigen Menschen heute ihre Bankgeschäfte? Was funktioniert gut, was nicht. Vorzugsweise beobachtet man die Zielgruppe und versucht die Handlungen zu verstehen und das alles nicht unter Laborbedinungen oder mit Hilfe einer Umfrage. Man redet mit den Menschen, besucht sie zu Hause und versucht zu verstehen.

Im nächsten Schritt versucht man Gemeinsamkeiten der beobachteten Personen zu clustern. Welche Verhaltensweisen sind immer wieder aufgekommen, gibt es ungewöhnliche oder aussergewöhnliche Verhaltensweisen.

Danach generiert man Ideen. Verrückte Ideen. Noch viel verrücktere Ideen. Alle haben den Zweck eine zuvor herausgefunden Verhaltensweise zu optimieren oder ein Problem besser zu lösen.

Diese Ideen setzt man schnell um in Form von Prototypen. Das können Strichzeichnungen sein. Je schneller desto besser. Lieber Lo-Fi als Hi-Fi. Wichtig ist nur: Die Idee muss verständlich vermittelt werden. Damit geht man zur Zielgruppe und lässt sich unter Umständen den Kopf waschen, was egal ist, denn man macht weiter mit dem nächsten Prototypen. So lange, bis man sich sicher sein kann auf dem richtigen Weg zu sein und die Zielgruppe die Idee positiv annimmt.

Natürlich ist Design Thinking umfangreicher als hier dargestellt, aber die Grundaussage bleibt die gleiche. Design Thinking ist kein Allheilmittel, kein Garant für Erfolg. Die Wahrscheinlichkeit, mit einer auf den Kunden fokussierten Methode eine gute und erfolgreiche Lösung zu entwickeln, ist aber ungleich höher. Einige Unternehmen haben das erkannt. BMW, SAP oder Google. Auch bei den Banken gibt es Bewegung. Cortal Consors setzt auf Design Thinking um deren neues Produkt, die „Hello bank!“ an die Bedürfnisse der Kunden auszurichten.

Weitergehende Infos und Literatur

Wer sich mit Design Thinking mehr im Detail beschäftigen möchte dem stehen eine Vielzahl von Büchern zur Verfügung. Zu empfehlen sind folgende Bücher:

Auch der Blog von Tim Brown ist eine gute Anlaufstelle. Es gibt immer wieder Seminare zum Thema, die sich als Einstieg sehr gut eignen um die Methode kennenzulernen.

Über Maik Klotz 23 Artikel
Maik Klotz ist Head of New Business bei einem der größten Software Anbieter in Deutschland mit Schwerpunkt auf mobile Apps im Bereich Finanzen. Seine Stationen sind vielfältig: Produktmanager, Business Development Manager, Design Strategist und CEO. Maik Klotz ist ein Produktmensch, mit Fokus auf den Anwender.