VDZ Expertenforum: Mobile Publishing in Japan

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Am 20. und 21. April findet in Berlin das VDZ Expertenforum „Get in Touch with Mobile Media!“ statt. Wir hatten mit dem Eintrag in unseren Eventkalender ja schon darauf hingewiesen. Um nun auf die Veranstaltung etwas Appetit zu machen, veröffentlichen wir hier mit freundlicher Unterstützung des VDZ einen Fachbeitrag von Marco Koeder, Geschäftsführer Cybermedia, Tokyo, „Mobile Publishing in Japan„. Marco ist unseren Leserinnen und Lesern ja schon aus unserem Podcast bekannt und wird als einer der namhaften Experten auf dem VDZ Expertenforum mobile Erfolgsgeschichten aus Asien vorstellen.

Das VDZ Expertenforum richtet sich an Verantwortliche und Praktiker aus Publikums- und Fachverlagen sowie Zeitungshäusern und Medienunternehmen, Verlagsleiter, Chefredakteure, Online-Redakteure, Online-Verantwortliche, Konzepter, Verantwortliche für Marketing und Online- Technik, Kaufmännische Leiter, Leiter und leitende Mitarbeiter der Online-Abteilungen.

Themenschwerpunkte

Erfahren Sie in diesem Expertenforum u.a.:

  • Wie Sie sich mit der richtigen Strategie in der Wertschöpfung des mobilen Internets positionieren
  • Wie Sie strategische Partnerschaften auf der Wertschöpfungsebene eingehen
  • Wie Sie zukünftige Informations- und Unterhaltungsangebote erfolgreich für Ihr Unternehmen einsetzen können
  • Wie Sie Ihren Content über den mobilen Kanal gewinnbringend vermarkten
  • Wie Sie Fallstricke in Ihrer mobilen Strategie frühzeitig vermeiden
  • Wie Sie Inhalte und Dienste optimal auf die „Unterwegs-Situation“ abstimmen
  • Wie Sie Mobile als Werbemedium geschickt in crossmediale Kampagnen einbetten
  • Wie die Geschäftsmodelle der erfolgreichsten Mobile-Internet-Märkte Europas und Asiens funktionieren

Das vollständige Programm gibt es hier zum Download.

Ich freue mich, in Berlin dabei zu sein, möglichst viele unserer Leserinnen und Leser dort zu treffen und auf die sicherlich inspirierenden Gespräche. cu @ Berlin.

Mobile Publishing in Japan
von Marco Koeder

bacfebWäre man vor 10 Jahren in eine U-Bahn in Japan gestiegen, so hätte man als Verleger seine helle Freude gehabt: Fast zwei Drittel der Insassen hatten entweder ein Buch, eine Zeitung oder eine Zeitschrift in der Hand und konsumierten wissensbegierig ein Erzeugnis „Gutenbergscher Druckart“. Heute, 10 Jahre später ist das Bild gänzlich anders. Zeitungen und Zeitschriften sind in der U-Bahn zur Randerscheinung geworden. Anstatt dessen haben mehr als die Hälfte der Mitfahrer ihr Mobiltelefon in der Hand.

Der Makrokosmos U-Bahn steht für die allgemeine Entwicklung in Japan. 2007 haben Japaner das allererste Mal mehr Zeit online verbracht als mit dem Konsum von Magazinen und Zeitungen. Für ein Land mit dem höchsten pro Kopf Konsum an gedruckten Erzeugnissen, ein wahrer Schock. Haben doch 70% aller Haushalte in Japan mindestens ein Zeitungsabonnement und Zeitungen wie die Yomirui Shinbun erzielen täglich Auflagen von über 10 Millionen Exemplaren.

Dem gegenüber stehen 86 Millionen mobile Internet-User, fast alle ausgestattet mit Hochgeschwindigkeits-Handys, mit denen man fast genauso schnell „surfen“ kann wie über eine DSL Festnetzleitung in Deutschland. Ein Grossteil dieser Nutzer muss sich keine Sorgen um anfallende Datenkosten machen da sie für knapp 30 Euro im Monat unbegrenzt auf das mobile Internet zugreifen können.

Nachrichten und Informationen halten sich seit Jahren unangefochten in den Top 10 der beliebtesten mobilen Inhalte. (Gleich hinter Inhalten wie Musik-Downloads, Handy-Spielen und Customizing-Angeboten.) Einige japanische Verlage begannen schon gleich nach dem Start des mobilen Internets vor 10 Jaren, eigene mobile Angebote auf den Markt zu bringen.

Yomiuri Shibun, Japans größte Zeitung, bot zum Beispiel schon sehr früh kostenpflichtige News und Sportinformationen an. Die monatlichen Kosten belaufen sich je nach Angebot zwischen 70 Cent und 3 Euro. Der Verlag betreibt unter anderem auch einen mobilen Musikdownloadservice.

Asahi Shinbun, die zweitgrößte Zeitung nach Yomiuri, bieten ebenfalls seit längerem eine mobile Version ihrer Zeitung auf dem Handy an. Die Kosten betragen knapp 3 Euro pro Monat. Hinzu kommen spezielle Infoportale zu Themen wie Lifestyle, Baseball, Pro-Wrestling und Sport allgemein. Asahi verfügt darüber hinaus über Dienste wie mobile e-Books, mobile Comics und Klingeltöne.

E-books allgemein sind ein sehr spannendes Thema in Japan. Der japanische Markt für mobile Inhalte beläuft sich auf ungefähr 3,6 Milliarden Euro jährlich. Mobile e-Books machen hierbei 5% des Gesamtmarktes aus. Im Anbetracht des Umfanges und der Bandbreite der Angebote an mobilen Inhalten im Land, eine sehr beachtliche Größe.

In Japan liest man aber nicht nur Bücher auf dem Mobiltelefon sondern man schreibt sie auch auf diesem. ‘Maho no Island‘, eine spezielle SNS-Plattform für mobile Bücher, verfügt über eine virtuelle Bibliothek aus über 1 Millionen, von Nutzern auf dem Handy geschriebenen, Romanen. In den vergangenen Jahren haben bereits mehrere dieser Bücher ihren Weg in die Regale der klassischen Buchläden gefunden und sich dort zu Bestsellern entwickelt:

In den Jahren 2007/2008 hatten knapp die Hälfte der 10 meistverkauftesten Bücher in den traditionellen Buchverkaufslisten Ihren Ursprung auf dem Mobiltelefon.

Man nimmt an, dass knapp ein Drittel aller Jugendlichen regelmäßig mobile e-Books konsumieren. Die meisten mobilen e-Books sind aber nicht Bücher im eigentlichen Sinn, sondern mobile Comics. Sie machen 60% des Gesamtkonsums und 81% des Gesamtumsatzes an e-Books aus. In fast jedem japanischen Mobiltelefon ist bereits eine spezielle Lesesoftware für mobile Comics integriert.

Klassiche Printverlage wie Kodansha spezialisieren sich fast ausschließlich auf Mobile „Mangas“ (wie man Comics in Japan nennt) in Ihrer Mobilstrategie und motivieren ihre Leser sogar dazu, selbst Comics zu zeichnen und diese dann über das mobile Portal anzubieten.

In Japan haben es einige Verlage bereits seit längerem verstanden, das mobile Internet für sich zu gewinnen, formatgerechte, kostenpflichtige Dienste anzubieten und darüber hinaus sogar nutzergenerierte Inhalte erfolgreich zu Monetarisieren.

Eine Inspiration für Deutschland oder ein Japan spezifisches Phänomen?

Japan ist uns näher als Sie vielleicht vermuten!

Über Heike Scholz 429 Artikel
Nach über zehn Jahren als Strategieberaterin für internationale Unternehmen gründete die Diplom-Kauffrau 2006 mobile zeitgeist und machte es zum führenden Online-Magazin über das Mobile Business im deutschsprachigen Raum. Heute ist sie ein anerkannter und geschätzter Speaker und gehört zu den Köpfen der deutschen Internet-Szene. Weiterhin ist sie Beiratsmitglied für die Studiengänge Angewandte Informatik und Mobile Computing an der Hoschschule Worms. Als Co-Founder von ZUKUNFT DES EINKAUFENS, begleitet sie die Digitale Transformation im stationären Einzelhandel. Sie berät und trainiert Unternehmen, die sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen und fördert mit ihrem Engagement die Entwicklung verschiedener Branchen und Märkte.

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