Akzeptanz von Virtual Reality: Deutschland auf dem letzten Platz

virtual reality

Wir kommunizieren bald mit „intelligenten“ (Chat-)Bots, fast wie mit einem anderen Menschen. Dank Virtual Reality müssen wir bestimmte Orte gar nicht mehr selbst besuchen, um sie zu erleben. Unseren Arzt konsultieren wir online und mit Oma und Opa sprechen wir via Skype.

Für viele sind dies schreckliche Vorstellungen, andere freuen sich geradezu auf die Möglichkeiten, die uns die Digitalisierung bietet.

Die GfK hat im Sommer 2015 mehr als 27.000 Konsumenten ab 15 Jahren in 22 Ländern online befragt, ob sie denken, dass virtuelle Interaktionen mit Menschen und Orten genau so gut sein können wie reale. Die Ergebnisse sind wenig überraschend.

Weltweit betrachten 23 Prozent der Befragten eine virtuelle Interaktion als ebenso gut wie eine reale. Die größte Zustimmung konnte bei den 20-29- und 30-39-Jährigen beobachtet werden. Mit zunehmendem Alter sinkt auch die Zustimmung.

Brasilien, die Türkei, Mexiko, China und Russland sind die am positivsten gestimmten Länder, Deutschland ist das negativste, gefolgt von Schweden, Tschechien, Belgien, den Niederlanden und Groß Britannien.

Wir Deutschen führen also auch bei Virtual Reality die Liste der Bedenkenträger einmal mehr an. 32 Prozent lehnen virtuelle Interaktionen ab, nur 13 Prozent halten sie für genau so gut wie reale Interaktionen. Frauen zeigen hier eine größere Skepsis als Männer (35 zu 28%).

In allen Altersgruppen sind die Bedenken größer als die Zustimmung. Je älter die Deutschen sind, um so größer wird die Differenz und findet bei den 50-59-Jährigen, also den Baby Boomern, ihre stärkste Ausprägung (8 vs. 40%).

Technophobe Deutsche

Wir waren schon immer in Bezug auf neue Technologien ein eher skeptisches Volk und brauchen immer ein wenig länger, Neues anzunehmen. Auch ist in Deutschland die Ansicht sehr weit verbreitet, dass alles Analoge gut, hingegen alles Digitale eher schlecht sei. Ich hatte dazu schon mehrfach geschrieben, u.a. hier.

Ich bin nicht der Meinung, dass wir bei jeder Innovation in Jubel ausbrechen sollten und dem bedingungslosen und im Silicon Valley verbreiteten Glauben daran, dass man jedes Problem mit einem passenden Algorithmus lösen kann, blind folgen sollten. Doch die Technophobie nimmt nach meinen Beobachtungen bei uns zu und das können und sollten wir uns nicht leisten.

Offensichtlich schaffen wir Digitalos, die digitale Bohème, es nicht, die Normalos mit zu nehmen. Wir erklären offenbar nicht genug, was es ist, welche Chancen es hat und hören nicht genug zu, welche Ängste es bei anderen hervor ruft. Wir nehmen die Menschen nicht mit und so verpassen wir ein ums andere Mal die Gelegenheit, Menschen heran zu führen, ihre Bedenken Ernst zu nehmen und Produkte oder Angebote anzupassen, auch wenn wir dann vielleicht nicht alle tollen, neuen Features realisieren können. Aber so könnten Produkte und Lösungen entstehen, die auf eine breitere Akzeptanz stoßen.

Nutzer zentrierte Lösungen

Die Befragung der GfK zeigt jedenfalls anschaulich, wie zurückhaltend die Betrachtung von Virtual Reality bei einem Großteil der deutschen Bevölkerung ist. Wer in diesem Segment über alle Altersgruppen erfolgreich sein will, muss viel Aufklärungsarbeit leisten.

Ein Beispiel: Virtual Reality wird zurzeit gerade im Tourismus, also als Lösung für z.B. Reisebüros hoch gehandelt. Kunden können schon einmal einen 3D-Rundgang auf dem Kreuzfahrtschiff machen, ihr Hotel und das eigene Zimmer schon einmal „betreten“ und sich die ersten Eindrücke verschaffen. Hört sich eingängig an.

Doch wie sieht die Entwicklung in den Reisebüros aus? Buchen dort die Early Adopter von virtuellen Systemen? Wohl eher nicht. Jüngere Menschen buchen eher online, ohne je ein Reisebüro von innen zu sehen. Dort gehen tendenziell eher ältere oder wenig technikaffine Menschen hin, um sich persönlich beraten zu lassen. Genau diese treffen nun auf VR-Brillen und sind sicherlich zunächst eher verunsichert. Jede(r) die/der schon einmal eine VR-Brille genutzt hat, wird das nachvollziehen können.

Nun muss also die/der MitarbeiterIn im Reisebüro nicht nur die Reise verkaufen, sondern auch noch die Nutzung eines VR-Systems. Am Ende steht meist Begeisterung auf Seiten des Nutzers, doch wird ein Reisebüro mehr oder teurere Reisen damit verkaufen können? Werden die Reisebüros wirklich für jüngere Menschen dadurch attraktiver? Ich habe da meine Zweifel.

Was ich zeigen möchte ist, dass moderne Technologien manchmal auf Einsatzgebiete treffen, wo eben genau nicht die „einfache“ weil technikaffine Zielgruppe erreicht werden kann. Oftmals ist es genau das Gegenteil. Und dies erfordert eine andere Herangehensweise, anders ausgeprägte Lösungen und ausreichend umfangreiche Begleitung in Form von Erklärung und Hilfestellung, eben schlicht Nutzer zentrierte Lösungen. Und da soll es tatsächlich schon einmal vorkommen, dass weniger mehr ist. Zumindest für den Moment.

Das Slidedeck kann bei der GfK kostenfrei angefordert werden.

Über Heike Scholz 429 Artikel
Nach über zehn Jahren als Strategieberaterin für internationale Unternehmen gründete die Diplom-Kauffrau 2006 mobile zeitgeist und machte es zum führenden Online-Magazin über das Mobile Business im deutschsprachigen Raum. Heute ist sie ein anerkannter und geschätzter Speaker und gehört zu den Köpfen der deutschen Internet-Szene. Weiterhin ist sie Beiratsmitglied für die Studiengänge Angewandte Informatik und Mobile Computing an der Hoschschule Worms. Als Co-Founder von ZUKUNFT DES EINKAUFENS, begleitet sie die Digitale Transformation im stationären Einzelhandel. Sie berät und trainiert Unternehmen, die sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen und fördert mit ihrem Engagement die Entwicklung verschiedener Branchen und Märkte.

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