Soft SIM – Albtraum für Carrier

sim karte
SIM via Shutterstock

Schon 2010 wurde in den Medien darüber spekuliert, ob Apple Soft SIMs mit seinen Geräten ausliefern wird. Hierbei würde eine SIM Karte mit dem Device ausgeliefert werden und könnte erst später via Software-Update einem bestimmten Carrier zugewiesen werden. Ein Kartenvertrag wäre also zum Beispiel über iTunes bestellbar.

Als dann Apple 2011 ein entsprechendes Patent anmeldete, gingen viele Experten davon aus, dass Apple nun bald diesen Vorstoß wagen würde. Doch bis heute ist hier nichts passiert. Dies hat verschiedene Gründe, nicht zuletzt die fehlende gesetzliche Grundlage in fast allen Ländern, solche Soft SIM einzusetzen.

Niederlande ändern Gesetzeslage

Das hat sich nun im März 2014 geändert. Die Niederlande haben ihre Gesetze dahin gehend angepasst, dass nun Soft SIM eingesetzt werden können. Ein für die Telekommunikationsmärkte begrüßenswerter Schritt, eröffnet diese Lockerung doch viele Möglichkeiten und Raum für Innovationen. Es ist zu hoffen, dass weitere Ländern diesem Beispiel folgen werden.

Marken & Hersteller: Unabhängigkeit und neue Geschäftsmodelle

Jede Marke, jeder Hersteller könnte eigene SIM Karten heraus geben und damit einen größeren Anteil der Kundenbeziehung auf sich verlagern. Der Mobilfunkvertrag würde dem eigenen Kunden gleich mitgeliefert, was den Hersteller ein größeres Maß an Kontrolle über die Wertschöpfung gäbe.

Gleichzeitig würde die Abhängigkeit von den Carriern und ihren Konditionen gesenkt. Jedes Unternehmen könnte bei mehreren Carriern Kontingente einkaufen und diese Konditionen an seine Kunden weiter geben.

Der Markt der Machine-To-Machine (M2M) Kommunikation könnte sich schneller entwickeln. So könnte zum Beispiel jeder Autobauer, der in seinen Fahrzeugen SIM Karten einsetzt, seinen Kunden alles sozusagen schlüsselfertig übergeben.

Smartphone- und Tablet-Hersteller hätten voll funktionsfähige Geräte anbieten und sich aus der Umklammerung der Carrier im Handel befreien. Ob hier der Markt bereits so weit ist, bleibt abzuwarten. Google scheiterte deutlich mit seinem Versuch, die eigenen Endgeräte nur direkt zu vermarkten. Die Carrier sind gerade in diesem Segment immer noch die wichtigsten Distributions- und Service-Partner für die Hersteller.

Nutzer: Flexibel und günstig

Nutzer könnten jederzeit völlig unkompliziert ihren Provider wechseln, je nach Angebot oder auch Netzverfügbarkeit. Selbst im Ausland wäre man nicht mehr als Gast in einem fremden Mobilfunknetz, sondern direkter Kunde zu entsprechenden Konditionen.

Dadurch, dass Marken oder Hersteller gute Konditionen verhandeln können, wenn sie Kontingente von den Carriern einkaufen, könnten die Nutzer von niedrigeren Preisen profitieren.

Carrier: Albtraum „Dump Pipe“

Schon seit Jahren geistert das Schreckgespenst umher, die Mobilfunkanbieter würden zu reinen Infrastruktur-Anbietern, ohne eigenes Markenbild und direkte Kundenbeziehung. Der Trend in diese Richtung ist heute zwar sichtbar, aber (noch) nicht bedrohlich. Soft SIM könnten das entscheidend ändern.

Die Carrier würden die Kundenbeziehung an Marken oder Hersteller abgeben und lediglich die Netze anbieten. In den Augen der Nutzer wären sie beliebig austauschbar, denn Mobilfunk ist und bleibt ein unemotionales Unterfangen. Nutzer bauen zu ihrem Provider kaum eine positiv emotionale Beziehung auf und die Soft SIM würde die Markenposition der Carrier weiter schwächen.

Auf der anderen Seite eröffnen die stark wachsenden M2M-Märkte und das Internet of Things den Telkos enorme Umsatzmöglichkeiten.

Heute sind die Carrier immer noch die Gate Keeper zum Kunden. Die Soft SIM könnte diese Marktstruktur gehörig durcheinander bringen.

Bildquelle: SIM / Shutterstock

Über Heike Scholz 429 Artikel
Nach über zehn Jahren als Strategieberaterin für internationale Unternehmen gründete die Diplom-Kauffrau 2006 mobile zeitgeist und machte es zum führenden Online-Magazin über das Mobile Business im deutschsprachigen Raum. Heute ist sie ein anerkannter und geschätzter Speaker und gehört zu den Köpfen der deutschen Internet-Szene. Weiterhin ist sie Beiratsmitglied für die Studiengänge Angewandte Informatik und Mobile Computing an der Hoschschule Worms. Als Co-Founder von ZUKUNFT DES EINKAUFENS, begleitet sie die Digitale Transformation im stationären Einzelhandel. Sie berät und trainiert Unternehmen, die sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen und fördert mit ihrem Engagement die Entwicklung verschiedener Branchen und Märkte.

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